Oberfinanzdirektion Karlsruhe - S 7100

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Überlassung von Fahrzeugen (Werbemobile) an soziale Institutionen, Sportvereine und Kommunen

Werbefirmen erfüllen ihre Aufträge gegenüber ihren Kunden häufig durch das Anbringen von Werbeflächen auf Kraftfahrzeugen.

Hierfür wird verschiedenen Institutionen (soziale Einrichtungen, Vereine, Verbände, Kommunen, Interessenverbände, Golfclubs usw.) ein entsprechend mit Werbeflächen versehenes Fahrzeug – je nach Bedarf Kleinbus, Kombi oder Golfcar – überlassen (sog. Werbemobil).

Bisher sind folgende Sachverhalte bekannt geworden:

  1. Die Werbefirma übergibt das Fahrzeug der Institution zur Nutzung, behält jedoch den Fahrzeugbrief bis zum Ende der Vertragslaufzeit, die der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer entspricht, zurück. Nach Vertragsende wird das Eigentum an dem Werbemobil auf die Institution übertragen.

  2. Die Werbefirma übergibt das Fahrzeug der Institution zur Nutzung, behält jedoch den Fahrzeugbrief bis zum Ende der Vertragslaufzeit zurück. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist länger als die Vertragslaufzeit. Nach Vertragsende wird das Eigentum an dem Werbemobil auf die Institution übertragen.

  3. Die Werbefirma übergibt das Fahrzeug der Institution zur Nutzung, behält jedoch den Fahrzeugbrief zurück. Nach Vertragsende wird das Fahrzeug an die Webefirma zurück gegeben.

Die Institution verpflichtet sich im Gegenzug, das Fahrzeug bis zum Vertragsende möglichst werbewirksam und häufig zu nutzen sowie die Werbung zu dulden. Für die Gebrauchsüberlassung sind keine Zahlungen an die Werbefirma zu leisten.

1. Umsatzsteuerrechtliche Würdigung der durch die Werbefirma erbrachten Leistungen

1.1 Steuerbarkeit

Bei Sachverhalt a) erbringt die Werbefirma mit Übergabe des Fahrzeugs eine Lieferung (§ 3 Abs. 1 UStG), da schon zu Beginn des vereinbarten Nutzungszeitraums das wirtschaftliche Eigentum an dem Fahrzeug auf die Institution übergeht.

Die Institution hat bereits zu diesem Zeitpunkt die Verfügungsmacht an dem Fahrzeug erlangt, da der Vertrag bei vertragsgemäßer Erfüllung während der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Fahrzeugs nicht gekündigt werden kann und das bürgerlichrechtliche Eigentum mit Ablauf des vereinbarten Nutzungszeitraums auf die Institution übergeht. Eine vorgeschaltete sonstige Leistung (Fahrzeugüberlassung) ist daher nicht gegeben. Die für das Leasing entwickelten Grundsätze sind hier entsprechend anzuwenden (vgl. Abschn. 25 Abs. 4 UStR sowie Anhang 21 EStH).

Die Entscheidung, ob die Fahrzeugüberlassung bei den Sachverhalten b) und c) eine Lieferung oder eine sonstige Leistung ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls. Eine Lieferung des Fahrzeugs liegt insbesondere dann vor, wenn sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Gegenstands und die Grundmietzeit annähernd decken oder die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zwar erheblich länger als die Grundmietzeit ist, jedoch dem Nutzenden ein Recht auf Mietverlängerung oder Kauf zusteht und bei Ausübung der Option nur ein geringer Mietzins oder Kaufpreis zu entrichten ist (, BStBl 2008 II S. 909).

Die Lieferung bzw. die sonstigen Leistungen erfolgen im Rahmen von tauschähnlichen Umsätzen, da das Entgelt in der Werbeleistung besteht, die die Institution mit der Duldung der Anbringung der Werbeflächen und dem werbewirksamen Einsatz des Fahrzeugs an die Werbefirma erbringt (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG).

1.2 Bemessungsgrundlage und Entstehung der Steuer

Bemessungsgrundlage für die Lieferung bzw. die sonstigen Leistungen ist der gemeine Wert der Werbeleistung der Institution (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG). Der als Entgelt anzusetzende subjektive Wert, den die Werbeleistung hat, bestimmt sich nach dem Betrag, den der leistende Unternehmer hierfür aufgewendet hat. Das sind die ungekürzten Anschaffungskosten des Fahrzeugs ohne die Kosten für die Anbringung der Werbung.

Die Umsatzsteuer für die Lieferung in Sachverhalt a) entsteht bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Werbemobil an die Institution übergeben wurde (Vertragsbeginn), vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG. Dies gilt auch für die Sachverhalte b) und c), wenn das Fahrzeug nach den Leasinggrundsätzen ertragsteuerlich der Institution zuzurechnen ist.

Ist das Fahrzeug bei den Sachverhalten b) und c) nach den Leasinggrundsätzen ertragsteuerlich der Werbefirma zuzurechnen, entsteht die Umsatzsteuer für die Fahrzeugüberlassung mit Ablauf der vertraglich vereinbarten Nutzungsdauer (Abschn. 177 Abs. 3 UStR), wenn keine Teilleistungen vereinbart sind.

2. Umsatzsteuerrechtliche Würdigung der durch die Institution erbrachten Leistungen

2.1 Steuerbarkeit

Die Werbeleistung der nutzenden Institution begründet unter den im (BStBl 1998 I S. 212)bezeichneten Voraussetzungen bei einem Verein einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (allgemeiner Steuersatz gem. § 12 Abs. 1 UStG).

Dies ist dann der Fall, wenn die steuerbegünstigte Körperschaft aktiv an der Werbemaßnahme mitwirkt (z. B. bei vertraglicher Verpflichtung, das Fahrzeug über den zu eigenen Zwecken notwendigen Umfang hinaus einzusetzen oder es werbewirksam abzustellen, Pressekonferenzen zu veranstalten und Kontakte zwischen potentiellen Werbeträgern und dem Werbeunternehmen herzustellen).

Auch wenn der Verein nicht aktiv an der Werbemaßnahme mitwirkt und somit ertragsteuerlich kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb anzunehmen ist, liegt umsatzsteuerlich dennoch ein steuerbarer Leistungsaustausch vor. (Vermögensverwaltung, ermäßigter Steuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG).

Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) kann ein Betrieb gewerblicher Art (BgA) begründet werden, wenn diese aktiv an der Werbemaßnahme mitwirken und somit eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung der Einnahmen ausüben (§ 2 Abs. 3 UStG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 KStG).

Der Betrieb des Werbemobils führt jedoch nur dann zu einem BgA, wenn diese Tätigkeit sich innerhalb der Gesamtbetätigung der jPdöR wirtschaftlich heraushebt und von einigem Gewicht ist (R 6 Abs. 5 KStR).

Für die Beurteilung der Umsatzgrenzen nach R 6 Abs. 4 und 5 KStR ist das einmalig empfangene Entgelt (Wert des Fahrzeugs) auf die Laufzeit der Werbeleistung zu verteilen, da die wirtschaftliche Tätigkeit „Werbeleistung” über die gesamte Laufzeit erbracht wird.

Wirkt die jPdöR nicht aktiv an der Werbemaßnahme mit, liegt ertragsteuerlich und umsatzsteuerlich nichtsteuerbare Vermögensverwaltung vor.

2.2 Bemessungsgrundlage und Entstehung der Steuer

Bemessungsgrundlage für die Werbeleistung ist der gemeine Wert des Fahrzeugs (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG). Aus Vereinfachungsgründen bestehen keine Bedenken, den Einkaufspreis des Fahrzeugs zu Grunde zu legen.

Die sonstige Leistung der Institution wird erst im Zeitpunkt ihrer Vollendung, also mit Ablauf der Nutzungsdauer des Werbemobils erbracht (Teilleistungen liegen nur vor, wenn gesonderte Entgeltsvereinbarungen für bestimmte Teile der Leistung getroffen wurden).

Die Institution erhält im Sachverhalt a) die Gegenleistung im Rahmen des tauschähnlichen Umsatzes, nämlich die Lieferung des Fahrzeugs jedoch bereits zu Beginn des Vertrages. Dies führt im Rahmen der Sollbesteuerung zur sofortigen Anzahlungsbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG (vgl. Abschn. 181 Abs. 1 und 2 UStR). Dies gilt auch für die Sachverhalte b) und c), wenn das Fahrzeug der Institution zuzurechnen ist.

Ist das Fahrzeug bei den Sachverhalten b) und c) der Werbefirma zuzurechnen, entsteht die Umsatzsteuer für die Werbeleistung mit Ablauf der vertraglich vereinbarten Nutzungsdauer (Abschn. 177 Abs. 3 UStR), wenn keine Teilleistungen vereinbart sind.

Bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 UStG) entsteht die Umsatzsteuer ohnehin mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums der Entgeltsvereinnahmung (Fahrzeuglieferung).

2.3 Vorsteuerabzug

Sofern die Institution über den Bezug des Werbemobils eine ordnungsgemäße Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erhalten hat, kommt ein Vorsteuerabzug unter den Voraussetzungen des § 15 UStG grundsätzlich in Betracht, wenn die Institution das Fahrzeug zulässigerweise ihrem unternehmerischen Bereich zuordnet. Voraussetzung ist, dass die unternehmerische Nutzung des Fahrzeugs mindestens 10 % beträgt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Führt die Institution zusätzliche Werbefahrten durch, ist unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG eine Zuordnung des Fahrzeugs zum Unternehmensvermögen zulässig.

Führt die Institution keine zusätzlichen Werbefahrten durch, gilt Folgendes:

  1. Die Institution verwendet das Fahrzeug unmittelbar nur für ideelle Vereinszwecke bzw. bei jPdöR für hoheitliche Zwecke oder im Rahmen der Vermögensverwaltung (nicht unternehmerische Zwecke). Eine Zuordnung des Fahrzeugs zum unternehmerischen Bereich kommt nicht in Betracht.

  2. Die Institution verwendet das Fahrzeug unmittelbar auch für unternehmerische Zwecke. In diesem Fall kann die Institution das Fahrzeug ihrem Unternehmensvermögen zuordnen. Die Verwendung für nicht unternehmerische Zwecke unterliegt als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer.

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Fundstelle(n):
EAAAD-15466