Erfolgsneutrale Bildung organschaftlicher aktiver Ausgleichsposten
Leitsatz
Organschaftliche Ausgleichsposten sind lediglich bilanztechnische Erinnerungsposten, die aus organschaftlichen Besonderheiten resultieren und außerhalb der Steuerbilanz des Organträgers festzuhalten sind. Ihre Bildung wirkt sich weder gewinnerhöhend noch gewinnmindernd aus. Aktive Ausgleichsposten sind auch dann erfolgsneutral zu bilden, wenn sie als steuerbilanzielle Korrekturposten zum Wert der Beteiligung zu beurteilen und in die Steuerbilanz aufzunehmen sind. Die sich hieraus ergebende Gewinnerhöhung ist außerhalb der Bilanz durch entsprechende Abrechnungen zu neutralisieren.
Gesetze: KStG § 14, KStG § 17, KStG § 47
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, war im Streitjahr 1992 Organträgerin der . GmbH (T). Sie hat seit dem Streitjahr 1992 ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. Oktober bis 30. September. Nach einer Betriebsprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) davon aus, dass zum ein aktiver steuerlicher Ausgleichsposten in Höhe von 743 817 DM zu bilden sei. Bei einer nachfolgenden Betriebsprüfung für die Jahre 1993 bis 1996 wurde dieser Posten unter Berücksichtigung von Mehr- und Minderabführungen fortgeführt.
Die Klägerin reichte für das Streitjahr 1992 geänderte Steuererklärungen ein und machte geltend, die Berichtigung der Bilanzansätze zum durch die Betriebsprüfung führe zu einer Änderung der Anfangsbilanz des Jahres 1992, weshalb die Veranlagung 1992 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) zu korrigieren sei (vgl. , BFHE 190, 5, BStBl II 2000, 18; vom IV R 11/04, BFHE 210, 196, BStBl II 2005, 809). Das FA erließ daraufhin einen geänderten Bescheid über Körperschaftsteuer und Feststellungen nach § 47 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1991) für das Jahr 1992 sowie einen geänderten Bescheid zum über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG 1991. Darin ging es abweichend von der Klägerin von einem um 986 317 DM erhöhten Endvermögen zum aus. Dieses Endvermögen resultiert aus dem bereits zum gebildeten aktiven Ausgleichsposten in Höhe von 743 817 DM zzgl. einer der Höhe nach nicht streitigen Minderabführung in Höhe von 242 500 DM. Den zuletzt genannten Betrag zog das FA gemäß R 59 Abs. 1 Satz 3 der Körperschaftsteuer-Richtlinien (KStR 1990) außerhalb der Steuerbilanz wieder vom Einkommen der Klägerin ab.
Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, die Minderabführungen des Jahres 1992 in Höhe von 242 500 DM könnten nicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO gewinnerhöhend berücksichtigt werden. Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg wies die Klage mit Urteil vom 6 K 431/04, veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 17, ab.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und unter Änderung der angefochtenen Bescheide ein negatives Einkommen von 1 288 679 DM festzustellen.
II. Die Revision ist unbegründet. Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die angefochtenen Steuerbescheide des Streitjahres rechtmäßig sind.
1. Zwischen der Klägerin und der T bestand im Streitjahr ein Organschaftsverhältnis. Gemäß § 14 i.V.m. § 17 KStG 1991 war der Klägerin daher das Einkommen der T zuzurechnen. Da die Organgesellschaft nur verpflichtet ist, ihren handelsrechtlichen Gewinn an den Organträger abzuführen (§ 291 Abs. 1 des Aktiengesetzes —AktG—), und der Organträger nur den handelsrechtlich erlittenen Verlust der Organgesellschaft ausgleichen muss (§ 302 Abs. 1 AktG), können steuerlich zugerechnetes Einkommen und tatsächlich abgeführtes Einkommen differieren. Die hieraus resultierenden sog. Mehr- und Minderabführungen werden beim Organträger durch aktive oder passive Ausgleichsposten berücksichtigt. Eine Minderabführung liegt vor, wenn der handelsbilanzielle Gewinn der Organgesellschaft geringer ist als der steuerbilanzielle Gewinn.
2. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass es im Streitjahr zu einer Minderabführung in Höhe von 242 500 DM gekommen ist, so dass in Höhe dieses Betrages bei der Klägerin ein aktiver Ausgleichsposten zu bilden war.
a) Die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft gemäß § 14 KStG 1991 und die Einkommensermittlung beim Organträger nach allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen sollen nicht zu einer Doppelbesteuerung des Organeinkommens führen (, BFHE 181, 53, BStBl II 1996, 614; vom I R 5/05, BFHE 216, 530, BStBl II 2007, 796). Zu einer solchen doppelten Besteuerung des Organeinkommens könnte es ohne Bildung eines aktiven Ausgleichspostens bei Minderabführungen dann kommen, wenn die Beteiligung an der Organgesellschaft veräußert wird. Soweit das dem Organträger zuzurechnende steuerbilanzielle Einkommen den handelsrechtlich abzuführenden Betrag überstiegen hat, ist es bei der Organgesellschaft verblieben, da insoweit handelsrechtlich keine Verpflichtung zur Abführung bestand. Wird die Beteiligung an der Organgesellschaft veräußert, wird der Erwerber —jedenfalls bei typisierender Betrachtung— auch den Teil des Eigenkapitals der Organgesellschaft entgelten, der infolge der Minderabführungen bei der Organgesellschaft verblieben ist. Da die Organträgerin diesen Betrag bereits versteuert hat, würde derselbe Betrag im Rahmen des Veräußerungsgewinns nochmals besteuert. Dies zu verhindern, ist Zweck der Bildung aktiver Ausgleichsposten.
b) Ein aktiver Ausgleichsposten ist steuerneutral zu bilden.
Dies folgt schon daraus, dass nach Auffassung des Senats organschaftliche Ausgleichsposten lediglich bilanztechnische Erinnerungsposten sind, die aus organschaftlichen Besonderheiten resultieren und außerhalb der Steuerbilanz des Organträgers festzuhalten sind (vgl. Senatsurteile in BFHE 181, 53, BStBl II 1996, 614; in BFHE 216, 530, BStBl II 2007, 796, m.w.N. zu der Rechtslage vor Inkrafttreten des § 14 Abs. 4 KStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008 vom , BGBl I 2007, 3150, BStBl I 2008, 218). Ihre Bildung wirkt sich weder gewinnerhöhend noch gewinnmindernd aus.
Nach anderer Auffassung sind aktive Ausgleichsposten als steuerbilanzielle Korrekturposten zum Wert der Beteiligung zu beurteilen und in die Steuerbilanz aufzunehmen (s. Nachweise im Senatsurteil in BFHE 216, 530, BStBl II 2007, 796; vgl. auch Reiß, Der Konzern 2008, 9; Bareis, Deutsches Steuerrecht 2008, 335); die sich hieraus ergebende Gewinnerhöhung ist jedoch außerhalb der Bilanz durch entsprechende Abrechnungen zu neutralisieren (R 59 Abs. 1 Satz 3 KStR 1990, jetzt: R 63 Abs. 1 Satz 3 KStR 2004; vgl. auch Dötsch/Pung, Der Betrieb 2007, 2669, 2674; Neumann in Gosch, KStG, § 14 Rz 445, 457; Kußmaul/ Richter, Betriebs-Berater 2007, 1257; Frotscher in Frotscher/ Maas, KStG/UmwStG, § 14 KStG Rz 311a).
3. Die Klägerin hat mit den geänderten Steuererklärungen für das Streitjahr auch eine geänderte Steuerbilanz zum beim FA eingereicht, in der sie den zum durch die Betriebsprüfung gebildeten aktiven Ausgleichsposten in Höhe von 743 817 DM gewinnmindernd ausgebucht hatte. Das FA ging demgegenüber von einem um 242 500 DM erhöhten aktiven Ausgleichsposten von 986 317 DM zum aus. Die sich hieraus ergebende Betriebsvermögensmehrung gegenüber dem Vermögen zum in Höhe von 242 500 DM hat es durch eine entsprechende Minderung außerhalb der Bilanz gemäß R 59 Abs. 1 Satz 3 KStR 1990 neutralisiert. Dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Ein aktiver Ausgleichsposten ist zwar nach Auffassung des Senats nur ein bilanztechnischer Erinnerungsposten außerhalb der Steuerbilanz, so dass der Gewinn der Klägerin um die Minderabführungen des Streitjahres in Höhe von 242 500 DM zu mindern ist. Gleichzeitig ist jedoch die Einkommensminderung gemäß R 59 Abs. 1 Satz 3 KStR 1990 rückgängig zu machen, da der Grund für eine außerbilanzielle Einkommensminderung entfallen ist. Im Ergebnis ist daher die Steuerfestsetzung rechtmäßig.
Etwas Abweichendes folgt auch nicht daraus, dass in die der Veranlagung zu Grunde liegende Steuerbilanz zum zu Unrecht der bereits zum gebildete aktive Ausgleichsposten in Höhe von 743 817 DM aufgenommen wurde. Denn die Steuerbilanz ist insoweit wegen der bestandskräftigen Veranlagung des Jahres 1991 erfolgsneutral im Streitjahr zu korrigieren. Hat sich der fehlerhafte Bilanzansatz (hier die Aufnahme eines aktiven Ausgleichspostens) in den Vorjahren steuerlich nicht ausgewirkt, so ist unter Durchbrechung des formellen Bilanzenzusammenhangs in der Anfangsbilanz der fehlerhafte Bilanzansatz durch den richtigen zu ersetzen (, BFH/NV 1999, 162; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 1009). So verhält es sich hier. Die Bildung des aktiven Ausgleichspostens im Jahr 1991 hat zwar den Steuerbilanzgewinn der Klägerin erhöht, diese Erhöhung zeitigte jedoch keine steuerlichen Folgen, da das FA das Einkommen der Klägerin um diesen Betrag wiederum gemäß R 59 Abs. 1 Satz 3 KStR 1990 gemindert hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 790 Nr. 5
NWB-Eilnachricht Nr. 12/2009 S. 828
StuB-Bilanzreport Nr. 7/2009 S. 277
UAAAD-13926