Nicht mit Gründen versehenes Urteil wegen grober Begründungsmängel
Gesetze: FGO § 105 Abs. 2 Nr. 5
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die für die Streitjahre 1992 bis 1995 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Gegen sie wurde wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommensteuer 1997 bis 2002 vom Finanzamt für Fahndung und Strafsachen X (FA FuSt) ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das FA FuSt führte eine Fahndungsprüfung durch und stellte im Rahmen einer Durchsuchung der Wohnräume der Kläger Konto- und Buchführungsunterlagen für die Jahre 1993 bis 2002 sicher. Hierbei gelangte das FA FuSt und ihm folgend das beklagte Finanzamt (FA) zu der Erkenntnis, dass die Kläger in ihren die Streitjahre betreffenden Steuererklärungen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und die Einkünfte aus Kapitalvermögen jeweils in zu geringer Höhe angegeben hätten. Das FA setzte daher in nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheiden diese Einkünfte mit höheren Beträgen an. Hierbei ging das FA davon aus, dass für die Einkommensteuer der Streitjahre die Festsetzungsfrist nicht abgelaufen war, weil die Kläger mit Hinterziehungsvorsatz gehandelt hätten.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage machten die Kläger geltend, die angesetzten Betriebseinnahmen 1994 seien um 23 000 DM zu kürzen. Hierbei handle es sich lediglich um eine Umschichtung zwischen verschiedenen Konten des Klägers. Unterlagen von der Bank könnten nicht mehr vorgelegt werden, weil deren Aufbewahrungsfrist abgelaufen sei. Das FA FuSt habe aber im Rahmen seiner umfangreichen Ermittlung keine Anhaltspunkte finden können, dass es Betriebseinnahmen seien. Für das Jahr 1995 seien die Betriebseinnahmen um Scheckgutschriften über 5 750 DM und 8 734 DM zu vermindern. Insoweit handle es sich nicht um Einnahmen, sondern um Darlehensrückzahlungen. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen seien nicht in der zutreffenden Höhe angesetzt worden. Insbesondere seien die Zinseinnahmen aus dem Konto . nicht dem Kläger, sondern dessen im Ausland lebenden Bruder zuzurechnen. Der Kläger habe für ihn das Geld angelegt und treuhänderisch verwaltet.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Hiergegen haben die Kläger Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision eingelegt. In ihrer Beschwerdebegründung führen die Kläger aus, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt. Es habe im Wesentlichen lediglich die Ausführungen des FA FuSt übernommen. Damit habe das FG zugleich das rechtliche Gehör verletzt. Die Urteilsbegründung sei, soweit sie sich auf die streitigen Betriebseinnahmen und auf die Zinsen aus dem Konto . beziehe, willkürlich. Die Ausführungen des FG zum Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) seien völlig konfus. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, dass man den aus dem Ausland stammenden Klägern Kenntnis der steuerlichen Beurteilung von Treuhandverhältnissen unterstelle und deshalb von einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung ausgehe.
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung eines Zulassungsgrunds i.S. des § 115 Abs. 2 FGO.
1. Die Kläger haben nicht in schlüssiger Weise das Vorliegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) aufgezeigt.
a) Wird geltend gemacht, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt, dann setzt eine schlüssige Rüge dieses Verstoßes voraus, dass die Tatsachen angegeben werden müssen, die den gerügten Mangel ergeben. So ist vorzutragen, welche Tatsachen hätten aufgeklärt und welche Beweise hätten erhoben werden müssen, aus welchen Gründen sich die Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen und welche Tatsachen, die ausgehend vom Rechtsstandpunkt des FG erheblich waren, sich hierbei voraussichtlich ergeben hätten (, BFHE 161, 191, BStBl II 1990, 1095, und , BFH/NV 2003, 1437).
Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. In dieser wird lediglich vorgetragen, in Bezug auf die im Streit stehenden Betriebseinnahmen seien keine Sachaufklärungshandlungen des FG erkennbar. Welche Maßnahmen des FG zur Sachaufklärung nach Ansicht der Kläger geboten waren, wird nicht dargelegt.
b) Auch die Rüge, das FG habe das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—) verletzt, ist nicht schlüssig dargelegt.
Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt, dass das Gericht grundsätzlich die Pflicht hat, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2007, 1094). Die schlüssige Rüge eines solchen Verfahrensverstoßes setzt voraus, dass konkret unter Angabe der Fundstelle benannt wird, welches Vorbringen das FG (angeblich) unberücksichtigt gelassen hat. Auch muss aufgezeigt werden, aus welchen Gründen dem Urteil entnommen werden kann, dass das Gericht das Vorbringen nicht in Erwägung gezogen hat. Denn im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass das Gericht dem Anspruch auf rechtliches Gehör entspricht, zumal es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich in den Gründen seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen.
Die Kläger haben lediglich vorgetragen, hinsichtlich der Zinsen aus dem Konto . habe das FG das rechtliche Gehör verweigert. Es habe den vom FA FuSt behaupteten und unzutreffenden Sachverhalt ohne erkennbare richterliche Tätigkeit lediglich übernommen. Diese Ausführungen zeigen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht in schlüssiger Weise auf.
c) Auch soweit die Kläger mit ihrem Vortrag, die Ausführungen des FG zum Vorliegen des Tatbestands des § 370 AO seien völlig konfus, geltend machen wollen, das Urteil sei teilweise nicht mit Gründen versehen, ist ein solcher Verfahrensverstoß nicht in der gebotenen Weise aufgezeigt worden. Denn hierzu muss dargelegt werden, dass grobe Begründungsmängel in einem Ausmaß vorliegen, dass die vom FG fixierten Entscheidungsgründe zum Nachweis der Rechtmäßigkeit des Urteilsspruchs schlechterdings ungeeignet sind. Denn nur unter den vorstehend genannten Voraussetzungen ist der Verfahrensverstoß gegeben (Senatsbeschluss vom X B 138/07, BFH/NV 2008, 1516).
2. Die Kläger haben auch nicht schlüssig dargelegt, die Revision sei gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen, weil das angefochtene Urteil greifbar gesetzeswidrig sei. Sie haben lediglich die Behauptung aufgestellt, die Begründung des Urteils auf S. 11 und zu den Zinsen aus dem Konto . sei willkürlich. Dies ist nicht ausreichend. Sie haben nicht dargelegt, dass die Entscheidung des FG in einem solchen Maß fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wiederhergestellt werden könnte. Dies kann z.B. dann vorliegen, wenn das Urteil jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Grundlage beruht (, BFH/NV 2006, 1116). Unterhalb dieser Grenze liegende Rechtsfehler reichen nicht aus, um eine greifbare Gesetzeswidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung anzunehmen (, BFH/NV 2005, 2031).
Klarstellend weist der angerufene Senat darauf hin, dass das FG mit eingehender und nachvollziehbarer Begründung dargelegt hat, weshalb die streitigen Betriebseinnahmen zu Recht berücksichtigt worden sind und aus welchen Gründen hinsichtlich des vorstehend genannten Kontos nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger dieses Konto nur treuhänderisch verwaltet hat. Da das FG eingehend begründet hat, weshalb dieses Konto Eigenvermögen des Klägers und kein Treuhandvermögen darstellte, ist auch der Vorwurf der Kläger unberechtigt, das FG habe zu Unrecht unterstellt, den Klägern sei bekannt gewesen, unter welchen Voraussetzungen ein Treuhandverhältnis anzuerkennen und weshalb bei ihnen Hinterziehungsvorsatz gegeben gewesen sei. Soweit die Kläger schließlich beanstanden, das FG habe zu Unrecht im Abschnitt I.3.b der Entscheidungsgründe angenommen, dass Zinseinnahmen in geschätzter Höhe anzusetzen seien, obwohl die Einnahmezuflüsse nicht nachgewiesen seien, berücksichtigen sie nicht, dass das FG im Abschnitt I.3.a dargelegt hat, aus welchen Gründen es davon überzeugt ist, dass der Kläger den aufgrund der Barabhebung erlangten Betrag von 100 000 DM zur Erzielung von Einkünften verwendet hat. Steht aber zur Überzeugung des Gerichts fest, dass Einkünfte erzielt worden sind, dann kann deren Höhe geschätzt werden, wenn sich deren tatsächliche Höhe nicht ermitteln lässt.
Fundstelle(n):
YAAAD-13527