BFH Beschluss v. - VIII B 7/07

Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung als Voraussetzung für ein häusliches Arbeitszimmer; keine Nachprüfung der tatrichterlichen Überzeugungsbildung, Tatsachen- bzw. Sachverhaltswürdigung und Schlussfolgerungen tatsächlicher Art des FG durch den BFH

Gesetze: EStG § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6b, FGO § 118 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

Der Senat kann offenlassen, ob die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der FGO entspricht, denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.

a) Soweit mit der Beschwerdeschrift eine fehlerhafte Subsumtion und fehlerhafte Sachverhaltsanalyse des Finanzgerichts (FG) gerügt werden, ist die Beschwerde unzulässig (vgl. zu den Darlegungsanforderungen Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 25 ff. und § 115 Rz 23 ff., jeweils m.w.N.). Einwendungen, die sich gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des FG sowie gegen die vom FG gezogenen Schlussfolgerungen richten, d.h. gegen die materielle Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils, führen grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VIII B 260/02, BFH/NV 2003, 1336; vom IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289). Denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten.

b) Entgegen der Auffassung der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist auch keine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Die von den Klägern in diesem Zusammenhang aufgeworfene Rechtsfrage, „ob die Rechtsprechung des BFH zur indizierenden Wirkung einer Hauptbeschäftigung zur Bestimmung des Tätigkeitsmittelpunkts auch beim Vorliegen notwendigen, umfangreichen Betriebsvermögens im Zusammenhang mit einer weiteren Hauptbeschäftigung greift”, ist weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig.

aa) Zum einen ist die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seinem Beruf teilweise im Arbeitszimmer und teilweise außer Haus nachgeht, den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Buchst. b Satz 3 Halbsatz 2 des EinkommensteuergesetzesEStG—), höchstrichterlich durch eine umfangreiche Rechtsprechung des BFH geklärt (vgl. BFH-Beschlüsse vom VI B 62/05, BFH/NV 2006, 737, und vom VI B 112/05, BFH/NV 2006, 2071, jeweils m.w.N.). Danach bestimmt sich der Mittelpunkt der Berufstätigkeit nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen. Diese Rechtsprechung ist auf alle Berufsgruppen anzuwenden (vgl. , BFH/NV 2006, 2045) und damit auch auf Hochschullehrer, die neben ihrer Tätigkeit als Hochschulprofessor auch noch einer Ingenieurtätigkeit nachgehen (vgl. auch , BFH/NV 2008, 47).

Zum anderen verkennen die Kläger in diesem Zusammenhang, dass sich der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers nach den (bindenden) Feststellungen des FG nicht in den häuslichen Arbeitsräumen, sondern in der Universität befindet. Die tatrichterliche Überzeugungsbildung sowie die Tatsachen- bzw. Sachverhaltswürdigung und die Schlussfolgerungen tatsächlicher Art des FG sind jedoch einer Nachprüfung durch den BFH weitgehend entzogen und haben für die Revisionsinstanz Bindungswirkung (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Sie sind nur insoweit revisibel, als Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegen (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2006, 530, m.w.N.). Solche Verstöße sind im Streitfall nicht erkennbar. Überdies haben die Kläger zulässige und begründete Verfahrensrügen gegen die Feststellungen des FG nicht erhoben.

bb) Im Übrigen fehlt es an der Klärungsfähigkeit der von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfrage. Die Kläger gehen bei ihrer Rechtsfrage von „Zwei Haupttätigkeiten” aus und stellen in diesem Zusammenhang eine Verknüpfung mit notwendigem Betriebsvermögen her. Damit legen sie einen anderen als den vom FG festgestellten Sachverhalt zugrunde. Das FG ist in seiner Entscheidung nämlich davon ausgegangen, dass der Kläger als ordentlicher Professor eine Haupttätigkeit im öffentlichen Dienst ausübt und daneben als Ingenieur noch eine freiberufliche (Neben-)Tätigkeit. Demzufolge ist das FG nach Gesamtbewertung der konkreten vom Kläger wahrgenommenen Tätigkeiten zu dem Schluss gekommen, der Tätigkeitsmittelpunkt liege nicht in den häuslichen Arbeitsräumen, sondern in der Universität. Diese Feststellungen sind mit den in der Beschwerdeschrift angenommenen „Zwei Haupttätigkeiten” des Klägers nicht vereinbar.

Ferner hat sich das FG mit der Problematik, ob es sich bei den häuslichen Arbeitsräumen des Klägers um notwendiges bzw. gewillkürtes Betriebsvermögen der Ingenieurtätigkeit oder um notwendiges Privatvermögen handelt, gar nicht befasst. Denn für die Beantwortung der Frage, wo sich der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers befindet, kam es für das FG darauf nicht an.

Wenn die Kläger in ihrer Fragestellung einen anderen als den vom FG festgestellten Sachverhalt zu Grunde legen, ist das unzulässig, da sie in Bezug auf den vom FG festgestellten Sachverhalt zulässige und begründete Verfahrensrügen nicht erhoben haben (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 30).

Fundstelle(n):
YAAAD-09886