BFH Beschluss v. - III B 194/07

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bei gerügtem Verstoß gegen den sog. Halbteilungsgrundsatz; Bewirtungsaufwendungen von Arbeitnehmern als Werbungskosten

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, GG Art. 14, EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig und wird durch Beschluss verworfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die vorgetragenen Zulassungsgründe nicht in der durch § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt.

1. a) Voraussetzung für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist, dass der Kläger eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage darlegt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärungsfähig ist (vgl. z.B. , BFH/NV 2006, 234). Eine Rechtsfrage ist nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie bereits hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 28; , BFH/NV 2006, 91). Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm gerügt, so muss der Beschwerdeführer nicht nur konkret die Rechtsfrage und damit Sinn und Zweck sowie den systematischen Zusammenhang der in Frage stehenden Vorschrift i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO darlegen, sondern muss auch darauf eingehen, von welcher Seite und aus welchen Gründen ein Verstoß gegen das Grundgesetz (GG) angenommen wird (z.B. , BFH/NV 2003, 49).

b) Dem Vorbringen der Kläger lässt sich entnehmen, dass sie die Frage für grundsätzlich bedeutsam halten, ob ihre Belastung mit Abgaben, die sie —unter Einbeziehung diverser Aufwendungen— mit ca. 80 % der Einnahmen errechnet haben, noch verfassungskonform ist. Zwar haben die Kläger in diesem Zusammenhang den (BVerfGE 115, 97) zitiert, in dem dieses entschieden hat, dass sich aus Art. 14 GG keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsgrenze in der Nähe einer hälftigen Teilung ableiten lässt. Sie haben jedoch nicht ausgeführt, warum trotz dieses Beschlusses in ihrem Fall eine Verletzung von Art. 14 GG anzunehmen sein soll. Insbesondere sind sie nicht darauf eingegangen, weshalb die von ihnen beispielhaft aufgeführten Aufwendungen wie Umsatzsteuer, Kraftfahrzeugsteuer, Sozialabgaben, IHK-Beiträge oder Rundfunkgebühren in die Berechnung der Belastungshöhe einzubeziehen sein sollten. Ihr Vorbringen genügt nicht den Darlegungserfordernissen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

c) Auch soweit die Kläger rügen, die Beschränkung der Abziehbarkeit von Bewirtungsaufwendungen auf 80 % nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren 1995 bis 1998 geltenden Fassung (EStG) sei verfassungswidrig, weil in anderen Staaten der Europäischen Union ein unbeschränkter Abzug zulässig sei und weil darüber hinaus eine Ungleichbehandlung gegenüber Bewirtungsaufwendungen von Arbeitnehmern bestehe, haben sie nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt. Unabhängig hiervon bedarf es keiner näheren Begründung, dass der Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG kein Prüfungsmaßstab sein kann, wenn ein Steuerpflichtiger eine steuerrechtliche Vorschrift der Bundesrepublik Deutschland mit Regelungen ausländischer Staaten vergleicht. Hinsichtlich der Abziehbarkeit von Bewirtungsaufwendungen als Werbungskosten ist auf die Rechtsprechung des BFH hinzuweisen, wonach für die Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG auf Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit davon auszugehen ist, dass der Begriff des „geschäftlichen Anlasses” nicht mit dem in ständiger Rechtsprechung des BFH zur Definition der Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) verwendeten Begriff der „beruflichen Veranlassung” identisch ist (, BFH/NV 2008, 1831). Dies hat für Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zur Folge, dass die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht greift, wenn ein Arbeitnehmer aus beruflichem Anlass Aufwendungen für die Bewirtung von Arbeitskollegen trägt (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1831).

2. Soweit die Kläger die rechtliche und tatsächliche Beurteilung einzelner Streitpunkte durch das Finanzgericht (FG) beanstanden (tatsächliche Verständigung, Provisionszahlungen, Rückstellungen, Zurechnung von Zinsen, Zuordnung von Eingangsrechnungen, PKW-Privatnutzung usw.), wenden sie sich gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung. Damit ist jedoch kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO dargetan (z.B. , BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 116 FGO Rz 159).

3. Ebenso wenig haben die Kläger den gerügten Verfahrensmangel der mangelnden Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) ordnungsgemäß dargelegt. Insoweit hätte es eines substantiierten Vortrags bedurft, welche konkreten Tatsachen das FG hätte aufklären und welche Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen, aus welchen Gründen sich für das FG die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern sie auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 162/05, BFH/NV 2006, 1332; vom X B 143/06, BFH/NV 2007, 1692; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 70). Hieran fehlt es im Streitfall. Die Kläger behaupten in der Beschwerdebegründung im Anschluss an die Ausführungen, welche die ihrer Ansicht nach unzutreffende steuerliche Behandlung einzelner Streitpunkte durch das FG betreffen, die Revision sei wegen mangelnder Sachverhaltsaufklärung zuzulassen, ohne dies im Einzelnen zu begründen. Damit sind die Darlegungserfordernisse des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht erfüllt.

4. Schließlich ist die Beschwerde auch insoweit unzulässig, als die Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt wird (Art. 103 GG, § 96 Abs. 2 FGO). Die Kläger beanstanden, dass bei der Gewährung von Akteneinsicht keine „Waffengleichheit” zwischen ihnen und der Finanzverwaltung geherrscht habe.

a) Nach § 78 Abs. 1 FGO können die Beteiligten die Gerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Ferner können sich die Beteiligten auf ihre Kosten durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erteilen lassen (§ 78 Abs. 2 Satz 1 FGO). Ein Verstoß gegen § 78 Abs. 1 FGO kommt nur in Betracht, wenn den Beteiligten die Akteneinsicht ausdrücklich verwehrt wurde (BFH-Beschlüsse vom I B 113/00, BFH/NV 2002, 1161, und vom XI B 59/06, BFH/NV 2007, 737). Im Streitfall machen die Kläger nicht geltend, ihnen sei Akteneinsicht ausdrücklich verwehrt worden.

b) Hinsichtlich der von den Klägern gerügten Erschwernisse der gewährten Akteneinsicht fehlt jede substantiierte Darlegung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs. Insbesondere fehlt es am Vorbringen, weshalb einem Bedürfnis nach einem Vergleich des Inhalts der eingesehenen Akten mit den eigenen Unterlagen nicht dadurch Rechnung getragen werden konnte, dass Abschriften der entsprechenden Aktenteile angefertigt wurden.

Fundstelle(n):
SAAAD-09862