BFH Beschluss v. - IV B 121/08

Klagebefugnis eines Mitunternehmers nach § 48 Abs. 1 FGO geht auf Erben über; Haftung der Erben für die Zahlung der Einkommensteuer, die sich aus dem Gewinnanteil des Erblassers ergibt; Kostenentscheidung für ein erfolgloses Beschwerdeverfahren

Gesetze: FGO § 48 Abs. 1 Nr. 4, FGO § 60 Abs. 3, FGO § 135 Abs. 2, AO § 45

Instanzenzug:

Gründe

I. Zum Klageverfahren betreffend die Gewinnfeststellungen 1987 und 1988 der U-OHG hat die Vorinstanz mit Beschluss vom Frau A. (Beigeladene zu 1. und Beschwerdeführerin —Beigeladene zu 1.—) sowie Herrn B (Beigeladener zu 4.) als Gesamtrechtsnachfolger der im Jahre 1997 verstorbenen Frau C (Erblasserin) beigeladen. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) waren an der U-OHG in den Streitjahren (1987 und 1988) —neben der Erblasserin— Frau D (Klägerin), Frau E (Beigeladene zu 2.) sowie Herr F beteiligt, der von der Beigeladenen zu 3. (Frau G) beerbt wurde. Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, wem die Gewinnerhöhungen aufgrund der Aufdeckung von Unterschlagungen (Nichterfassung betrieblicher Zahlungseingänge), die vor allem Herrn H (Beigeladener zu 5.) —dem Ehemann der Klägerin (Frau D)— zur Last gelegt werden, zuzurechnen sind. Die Mehrgewinne wurden mit dem geänderten Sammelbescheid vom allen Mitunternehmern der U-OHG (bzw. ihren Gesamtrechtsnachfolgern) zugewiesen. Aufgrund des Einspruchs von Frau G (Beigeladene zu 3.) sind die Bescheide dahin geändert worden, dass die Mehrbeträge ausschließlich die Gewinnanteile von Frau D erhöhen. Diese hat daraufhin Klage erhoben, mit der sinngemäß begehrt wird, die Einspruchsentscheidung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) aufzuheben.

Die Beschwerde macht geltend, dass die Erblasserin (Frau C) ihren Gesellschaftsanteil an der U-OHG bereits vor ihrem Tod auf Herrn F übertragen habe und deshalb Frau A. (Beigeladene zu 1.) diesen Anteil auch nicht habe erben können. Ihre Beiladung zum Klageverfahren sei deshalb aufzuheben.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet und deshalb zurückzuweisen. Das FG hat die Gesamtrechtsnachfolger von Frau C zu Recht zum Klageverfahren betreffend die Gewinnfeststellungsbescheide 1987 und 1988 beigeladen.

Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind Dritte zu einem finanzgerichtlichen Verfahren beizuladen (notwendige Beiladung), wenn sie am Verfahren derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies gilt nur für diejenigen Mitberechtigten nicht, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind (§ 60 Abs. 3 Satz 2 FGO).

Nach dieser Regelung wäre Frau C (Erblasserin), vorausgesetzt die Klage wäre noch zu ihren Lebzeiten erhoben worden, zum finanzgerichtlichen Verfahren notwendig beizuladen gewesen. Abgesehen davon, dass sie durch die Übertragung ihres Gesellschaftsanteils aus der U-OHG ausgeschieden ist (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO), hätte sich ihre Klagebefugnis —und damit das Erfordernis ihrer notwendigen Beiladung— jedenfalls daraus ergeben, dass im Klageverfahren über die Verteilung der festgestellten Mehrgewinne auf die in den Streitjahren an der U-OHG beteiligten Gesellschafter (Mitunternehmer), zu denen u.a. die Erblasserin gehörte, zu entscheiden ist (§ 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO). Zutreffend hat das FG angenommen, dass diese (verfahrensrechtliche) Rechtsstellung auf die Beigeladenen zu 1. und 4. als Gesamtrechtsnachfolger (Miterben) von Frau C übergegangen ist und sie deshalb zum Klageverfahren beizuladen waren (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 188, 315, BStBl II 2000, 399; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 60 Rz 65 „Rechtsnachfolge”, jeweils m.w.N.). Angesichts dessen, dass die Erben insbesondere für die Zahlung der Einkommensteuer haften, die sich aus dem Gewinnanteil der Erblasserin ergibt (vgl. § 45 der AbgabenordnungAO—; , BFH/NV 1985, 89), kommt es —entgegen der Ansicht der Beschwerde— für die Frage der notwendigen Beiladung auch nicht darauf an, ob die Erben selbst Gesellschafter (bzw. Mitunternehmer) geworden sind (gleichfalls ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , juris; , BFH/NV 2006,

1671; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 60 Rz 65 „Rechtsnachfolge”).

Nichts anderes ergibt sich daraus, dass das FA dem Einspruch von Frau G stattgegeben und die umstrittenen Gewinnanteile ausschließlich Frau D (Klägerin) zugerechnet hat. Zwar mag zweifelhaft sein, ob die Beigeladene zu 1. durch diese Änderung der Gewinnfeststellungsbescheide beschwert ist (vgl. hierzu allgemein Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 48 FGO Rz 250 ff.). Hierdurch wird jedoch das Vorliegen einer Klagebefugnis i.S. von § 60 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO nicht ausgeschlossen. Da das Feststellungsverfahren auf eine materiell einheitliche Entscheidung gegenüber allen Feststellungsbeteiligten zielt und das Erfordernis der notwendigen Beiladung die Wahrung der Rechte aller (materiell) Betroffenen sicherstellen will, ist eine Klagebefugnis i.S. von § 60 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 4 FGO bereits dann zu bejahen, wenn —wie vorliegend— aufgrund einer nicht offenkundig unzulässigen Klage (vgl. hierzu Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 60 Rz 32) die Möglichkeit besteht, dass die Gewinnverteilung zu Lasten des verstorbenen Gesellschafters (bzw. seiner Gesamtrechtsnachfolger) geändert wird (vgl. Senatsurteil vom IV R 86/79, BFHE 132, 186, BStBl II 1981, 272, 275).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Von einer Kostenentscheidung ist lediglich dann abzusehen, wenn über einen Beiladungsbeschluss im Beschwerdeverfahren im Sinne des Rechtsmittelantrags entschieden wird. Für ein erfolgloses Beschwerdeverfahren ist indes eine Kostenentscheidung zu treffen

(Senatsbeschluss vom IV B 147/96, BFH/NV 1998, 345).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 604 Nr. 4
DAAAD-08065