BFH Beschluss v. - VIII B 54/07

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung (hier: Fragen zu einem aus § 30a AO folgenden Verwertungsverbot)

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, AO § 30a Abs. 3, AO § 208

Instanzenzug:

Gründe

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) macht die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und sinngemäß auch des Erfordernisses der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) wegen divergierender Rechtsprechung geltend.

Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Darlegung von Gründen für die Zulassung einer Revision entspricht.

1. Soweit der Kläger Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend macht, wird damit kein Zulassungsgrund dargetan. Von vornherein unbeachtlich sind Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die nur im Rahmen einer Revisionsbegründung erheblich sein können; das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (, BFH/NV 2007, 1335, m.w.N.).

2. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung, s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23 ff., m.w.N.; , BFH/NV 2007, 1675). Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache verlangt demzufolge substantiierte Ausführungen insbesondere zur Klärungsbedürftigkeit der hinreichend bestimmten Rechtsfrage und ihrer voraussichtlichen Klärungsfähigkeit im konkreten Fall. Darüber hinaus ist auf die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (vgl. Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2007, 1675; vom VIII B 18/02, BFH/NV 2005, 1212, m.w.N., ständige Rechtsprechung). Allein das Fehlen einer Entscheidung des BFH zu der konkreten Fallgestaltung begründet weder einen Klärungsbedarf noch das erforderliche Allgemeininteresse (, BFH/NV 2006, 709, m.w.N.). Zur gebotenen Darlegung sind auch Ausführungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist (s. z.B. BFH-Beschlüsse vom IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; in BFH/NV 2006, 709, ständige Rechtsprechung).

Dem entspricht die Beschwerdebegründung nicht.

a) Der Kläger möchte die Frage geklärt wissen, ob in jedem Fall ein aus § 30a Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) folgendes zwingendes Verwertungsverbot besteht hinsichtlich der bei einer Bank erlangten Erkenntnisse der Finanzbehörden über die Verhältnisse von Bankkunden. Diese Rechtsfrage ist in ihrer Allgemeinheit nicht hinreichend bestimmt, weil sie keine Unterschiede macht hinsichtlich der Art und Weise, wie die Finanzbehörde die Kenntnisse erlangt, und auf welcher verfahrensrechtlichen Grundlage dies geschieht.

Allerdings sieht der Kläger offenbar seine Frage im Zusammenhang mit dem der vorliegenden Rechtssache zu Grunde liegenden Sachverhalt, der seinen Ausgang in einer aufgrund eines gerichtlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses erfolgten Durchsuchung bei einer Bank genommen hat. Dabei stellt er den Fall heraus, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) nur zufällig Unterlagen und Konten sichtet ohne einen konkreten Zusammenhang mit dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, zu dem der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss ergangen ist. Insofern fehlt es aber an der Darlegung der Klärungsfähigkeit, da das Finanzgericht (FG) in seinem Urteil (dort insbesondere Ausführungen auf S. 7) ersichtlich von einem solchen Zusammenhang ausgegangen ist.

Eine Auseinandersetzung des Klägers mit der differenzierten Rechtsprechung des BFH zu § 30a Abs. 3 AO (siehe etwa Klein/Rüsken, AO, 9. Aufl., § 30a Rz 19 ff., mit zahlreichen Nachweisen) fehlt fast gänzlich.

b) Auch die Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit der Frage, ob gegen eine Verstorbene nach den Vorschriften der AO oder strafrechtlich ermittelt werden kann, sind nicht hinreichend dargelegt. Es ist nicht ersichtlich, dass das FG bei seiner Entscheidung entscheidungserheblich hierauf abgestellt hat. Im Übrigen steht es für den Senat im Grundsatz außer Frage, dass die Steuerfahndung nach § 208 Abs. 1 AO —regelmäßig in der Vergangenheit angesiedelte— Sachverhalte und Besteuerungsgrundlagen auch dann ermitteln kann, wenn der Steuerpflichtige, der sie verwirklicht hat, verstorben ist. Entgegen der Darstellung des Klägers geht es dabei nicht um eine Ermittlung „gegen” ein nicht mehr existentes Rechtssubjekt, sondern um Tatsachenfeststellungen, die für die gegenwärtige Besteuerung noch von Bedeutung sind.

3. Auch der Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist nicht hinreichend dargelegt worden. Insbesondere hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt, dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen BFH-Beschluss in BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 43 f., m.w.N.). Er hat weder dargetan, dass das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zu Grunde gelegt hat, der mit der Rechtsprechung des Revisionsgerichts nicht übereinstimmt, noch dass der BFH in einem Fall, dessen Sachverhalt mit demjenigen des Streitfalls vergleichbar ist, eine andere Entscheidung getroffen hat. Tatsächlich ist das FG erkennbar nicht von einer Rasterfahndung ausgegangen, wie sie dem vom Kläger angeführten BFH-Beschluss (wegen vorläufigen Rechtsschutzes) vom VII B 28/99 (BFHE 192, 44, BStBl II 2000, 643) als möglich zu Grunde gelegen hat.

Die Entscheidung des FG fußt auch nicht auf einem tragenden Rechtssatz, der im Widerspruch zu dem (BFH/NV 2007, 2057) stünde. Auch das FG ist ersichtlich von der Gültigkeit des Grundsatzes „in dubio pro reo” auch im Steuerrecht ausgegangen (FG-Urteil S. 8), sofern das Begehen einer Steuerstraftat tatbestandliche Voraussetzung der Steuerfestsetzung ist. Wenn der Kläger der Auffassung ist, dass das FG im konkreten Fall unter Beachtung dieses Grundsatzes sich eine andere Überzeugung hätte bilden müssen, beanstandet er damit die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Gerichtes, die revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzurechnen ist und einer Prüfung durch den BFH im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht zugänglich ist (Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz 82, m.w.N.). Allenfalls könnte auch eine fehlerhafte Anwendung höchstrichterlicher Rechtsprechungsgrundsätze auf die Besonderheiten des Streitfalls vorliegen. Das reicht aber grundsätzlich zur schlüssigen Darlegung des Zulassungsgrundes des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht aus (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom VIII B 61/94, BFH/NV 1996, 137, m.w.N.; vom I B 34/99, BFH/NV 2000, 677, unter 2.b der Gründe).

Fundstelle(n):
MAAAD-03286