Oberfinanzdirektion Karlsruhe - S 2303/48 - St 111/St 142

Neuregelung des Steuerabzugs nach§ 50a EStG durch das Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009) vom , BGBl 2008 I S. 2794

Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick zu den Rechtsänderungen beim Steuerabzug nach § 50a EStG bei Zahlungen an beschränkt steuerpflichtige Personen ab dem VZ 2009. Die Änderungen sind aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom in der Rechtssache C-290/04 „FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH” notwendig und durch das JStG 2009 umgesetzt worden.

1 Neustrukturierung von § 50a EStG ab VZ 2009

Bislang waren die einzelnen Tatbestände für die Verpflichtung zum Steuerabzug nach § 50a EStG auf die Absätze 1 und 4 verteilt. Nunmehr werden alle Tatbestände in Absatz 1 zusammengefasst, die Unterteilung wird durch Nummerierung vorgenommen:

Die Einkommensteuer wird bei beschränkt Steuerpflichtigen im Wege des Steuerabzugs erhoben


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Nr. 1
bei Einkünften durch im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen, einschließlich aus damitzusammenhängenden Leistungen (§ 49 Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 und Nr. 9EStG), unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen und soweit essich nicht um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die dem Lohnsteuerabzug unterliegen, handelt.
Nr. 2
bei Einkünften aus der inländischen Verwertung der vorstehenden Darbietungen (§ 49 Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 und 6 EStG).
Nr. 3
bei Einkünften aus Vergütungen für die Überlassung der Nutzung oder desRechts auf Nutzung von Rechte, insbesondere von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten, von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten, z.B. Plänen, Mustern, Verfahren (§ 49 Abs. 1 Nrn. 2, 3, 6 und 9 EStG).
Nr. 4
bei Einkünften, die Mitgliedern des Aufsichtsrats, Verwaltungsrats, Grubenvorstands und anderen mit der Überwachung der Geschäftsführung von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen beauftragten Personen sowie von anderen inländischen Personenvereinigungen des privaten und öffentlichen Rechts, bei denen die Gesellschafter nicht als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind, für die Überwachung der Geschäftsführung gewährt werden (§ 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG).

2. Wegfall bzw. Erweiterung von Tatbeständen ab VZ 2009

Dem Steuerabzug unterliegen auch weiterhin Einkünfte aus im Inland ausgeübten künstlerischen, sportlichen, artistischen oder ähnlichen Darbietungen.

Allerdings wurde in § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG auch das Merkmal „unterhaltende” Tätigkeit aufgenommen, um hier den Steuerabzug mit den einschlägigen DBA-Regelungen möglichst konform gehen zu lassen. Nach den DBA kommt es nämlich weniger auf den Status als Künstler, Sportler oder Artist der auftretenden Person an, als auf den unterhaltenden Charakter der Darbietung. Entsprechend wurde auch § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d und Nr. 9 EStG angepasst, um diese Tatbestände auch der beschränkten Steuerpflicht zu unterwerfen.

Die Einkünfte sog. werkschaffender Künstler unterliegen nicht mehr dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 2 EStG. Dies waren Künstler, die keine Darbietung im Inland erbracht haben, aber z.B. ein Bild/eine Statue ins Inland verkauft haben (bis 2008 konnten derartige Einkünfte bei bestehender beschränkter Steuerpflicht aufgrund § 50a Abs. 4 Nr. 2 EStG a.F. dem Steuerabzug unterliegen).

Ebenso fallen die Einkünfte bestimmter Berufsgruppen (z.B. Schriftsteller, Journalisten oder Bildberichterstatter) ab 2009 nicht mehr unter den Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 2 EStG (bis 2008 erfolgte der Steuerabzug aufgrund § 50a Abs. 4 Nr. 2 EStG a.F. beim Vorliegen einer beschränkten Steuerpflicht). Dies trägt nach der Gesetzesbegründung dem Umstand Rechnung, dass nach den einschlägigen DBA das Besteuerungsrecht nur dann dem Quellenstaat zusteht, wenn die Vergütung aufgrund einer persönlich im Inland ausgeübten Tätigkeit bezahlt wird. Daher wird zukünftig – vorbehaltlich § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG – der Steuerabzug nur noch auf die Verwertung inländischer Tätigkeiten beschränkt.

§ 50a Abs. 1 Nr. 2 EStG enthält keine Ausweitung mehr auf die selbständigen Einkünfte, da bereits § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG ohne Beschränkung auf die (gewerbliche) Einkunftsart abgefasst ist.

Die Veräußerung von Rechten, die ab VZ 2007 durch eine Änderung in § 50a Abs. 4 Nr. 3 EStG a.F. dem Steuerabzug unterlegen hatte, ist ab VZ 2009 wieder aus dem Gesetz gestrichen worden (§ 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG). Auch hier hat Deutschland aufgrund der abgeschlossenen DBA grds. kein Besteuerungsrecht, was zu einem hohen administrativen Aufwand geführt hat (entweder Erteilung einer Freistellungsbescheinigung oder aber Erstattung der Steuern durch das Bundeszentralamt für Steuern).

Die zeitlich befristete Überlassung von Rechten unterliegt dagegen grds. weiterhin dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG, da für derartige Einkünfte Deutschland häufig in den DBA ein Quellensteuereinbehalt zugestanden wird.

Der Steuerabzug bei Einkünften aus Aufsichtsratsvergütungen bleibt unverändert erhalten (§ 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG).

3. Änderungen beim Steuersatz (§ 50a Abs. 2 EStG)

Der Steuersatz für Einkünfte, die dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 EStG unterliegen, beträgt künftig 15 % der gesamten Einnahmen (bis 2008:20 %). Die Absenkung berücksichtigt, dass ein Abzug von Betriebsausgaben/Werbungskosten auch weiterhin nicht möglich ist (§ 50a Abs. 2 EStG). Nicht zu den Einnahmen gehören die tatsächlichen Übernachtungskosten sowie Kosten i.H. der abzugsfähigen Verpflegungsmehraufwandspauschalen i.S. von § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG. Höhere Beträge zählen aber zu den Einnahmen, die dem Steuerabzug unterliegen.

Der bisherige Staffeltarif (§ 50a Abs. 4 Satz 4 Nrn. 1 bis 4 EStG a.F.) entfällt ab VZ 2009, dafür wird eine neue Geringfügigkeitsgrenze eingeführt. Bei Einkünften, die dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG unterliegen, wird auf den Steuerabzug verzichtet, wenn die Einnahmen aus der einzelnen Darbietung 250 Euro nicht übersteigen.

Für Einkünfte aus Aufsichtsratsvergütungen beträgt der Steuersatz unverändert 30 % der Einnahmen.

4. Betriebsausgaben-/Werbungskostenabzug (§ 50a Abs. 3 EStG)

Wenn der Vergütungsgläubiger Angehöriger eines EU-/EWR-Staates ist und auch in einem EU-/EWR-Staat seinen Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt unterhält, ist ein Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug zulässig.

Bei Einkünften, die dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 4 EStG unterliegen, kann der Vergütungsschuldner die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehen, die der Vergütungsgläubiger in vom Finanzamt nachprüfbarer Form nachweist oder die der Vergütungsschuldner übernimmt.

In diesen Fällen beträgt der Steuersatz für Vergütungen an natürliche Personen und Personenvereinigungen 30 % (statt 15 %), bei Körperschaften u.ä. bleibt es beim Steuersatz von 15 %.

Für Einkünfte aus Lizenzvergütungen usw. ist eine Berücksichtigung von Betriebsausgaben/Werbungskosten bei Vornahme des Steuerabzugs weiterhin ausgeschlossen.

5. Änderungen beim Steuerabzug auf der zweiten Stufe (§ 50a Abs. 4 EStG)

Bei Vornahme des Steuerabzugs von der Bruttovergütung entfällt zukünftig die Verpflichtung zur nochmaligen Vornahme des Steuerabzugs auf der zweiten Stufe.

Beispiel 1

Der inländische Konzertveranstalter A engagiert über eine beschränkt steuerpflichtige Konzertagentur B einen beschränkt steuerpflichtigen Künstler C.

Lösung

Der Steuerabzug nach § 50a EStG ist nur noch für die Zahlung von A an B vorzunehmen, bei der Zahlung von B an C ist kein Steuerabzug mehr vorzunehmen.

Der Verzicht auf die Vornahme des Steuerabzugs auf der zweiten Stufe ist gerechtfertigt, um zu hohe Steuerabzugsbeträge zu vermeiden.

Der Verzicht auf den Steuerabzug auf der zweiten Stufe ist nicht möglich, wenn bereits bei Vornahme des Steuerabzugs nach § 50a EStG auf der ersten Stufe Betriebsausgaben/Werbungskosten berücksichtigt werden, eine Veranlagung zur beschränkten Steuerpflicht oder eine Erstattung der Abzugsteuer beantragt wird (§ 50a Abs. 4 EStG).

Beispiel 2

Der inländische Konzertveranstalter A engagiert über eine beschränkt steuerpflichtige Konzertagentur B (Einzelunternehmen mit Sitz im EU-/EWR-Ausland, B hat eine EU-/EWR-Staatsangehörigkeit) einen beschränkt steuerpflichtigen Künstler C. B macht gegenüber dem A Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der inländischen Tätigkeit geltend

Lösung

Der Steuerabzug nach § 50a EStG ist nun sowohl für die Zahlung von A an B als auch bei der Zahlung von B an C vorzunehmen. Der Steuersatz für die Zahlung von A an B erhöht sich auf 30 % (Empfänger der Zahlung = natürliche Person). Wenn der C gegenüber dem B keine Betriebsausgaben geltend macht, beträgt der Steuersatz auf der zweiten Stufe 15 %.

6. Sonstige Änderungen

Die verfahrensrechtlichen Vorschriften in § 50a Abs. 5 EStG sind – bis auf redaktionelle Anpassungen – unverändert.

§ 50a Abs. 6 EStG wurde nur redaktionell an die Änderungen angepasst. Weiterhin können Institutionen, wie die GEMA u.a., den Steuerabzug für den Vergütungsschuldner vornehmen, vgl. auch die entsprechenden Änderungen in §§ 73 ff. EStDV.

§ 50a Abs. 7 EStG ist – bis auf die Anpassung des Steuersatzes – unverändert.

Die Steueranmeldung ist ab 2009 grds. elektronisch an die Finanzverwaltung zu übermitteln, vgl. § 73e EStDV.

Die Vorschriften zum Freistellungs-, Erstattungs- bzw. Kontrollmeldeverfahren in § 50d EStG wurden gleichfalls nur redaktionell angepasst.

7. Änderungen in § 50 EStG mit Auswirkungen auf den Steuerabzug

Zusätzlich zu den bisherigen Möglichkeiten, eine Freistellung vom Steuerabzug vor Zahlung der Vergütung bzw. eine Erstattung des einbehaltenen Steuerabzugbetrages nach Zahlung der Vergütung, zu beantragen, besteht ab VZ 2009 die Möglichkeit, eine Veranlagung zur beschränkten Steuerpflicht zu beantragen. Voraussetzung dafür ist, dass Einkünfte dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 4 EStG unterlegen haben (§ 50 Abs. 2 Nr. 5 EStG), und dass der Vergütungsgläubiger Staatsangehöriger eines EU-/EWR-Staates ist und auch in einem EU-/EWR-Staat seinen Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Regelungen waren bis VZ 2008 in § 50 Abs. 5 EStG enthalten und enthielten weitere Voraussetzungen, die ab VZ 2009 entfallen sind.

8. Abstandnahme vom Steuerabzug nach § 50 Abs. 4 EStG

Die bis VZ 2008 in § 50 Abs. 7 EStG enthaltene Ermächtigung, wonach die obersten Finanzbehörden der Länder mit Zustimmung des BMF aus volkswirtschaftlichen Gründen und, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt, auf die Erhebung der Einkommensteuer bei beschränkt Steuerpflichtigen verzichten konnten, wird konkreter formuliert. Ein besonderes öffentliches Interesse ist gegeben

  1. im Zusammenhang mit der inländischen Veranstaltung international bedeutsamer kultureller und sportlicher Ereignisse, um deren Ausrichtung ein internationaler Wettbewerb stattfindet, oder

  2. im Zusammenhang mit dem inländischen Auftritt einer ausländischen Kulturvereinigung, wenn ihr Auftritt wesentlich aus öffentlichen Mitteln gefördert wird.

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Fundstelle(n):
HAAAD-03091