Versagung einer Terminsänderung bei Verletzung der Prozessförderungspflicht durch den Beteiligten ermessensgerecht
Gesetze: FGO § 91, FGO § 155, ZPO § 227
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der gerügte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) liegt nicht vor. Die Entscheidung der Vorinstanz verletzt nicht den Anspruch der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, §§ 96 Abs. 2, 119 Nr. 3 FGO).
1. Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann das Gericht „aus erheblichen Gründen” auf Antrag oder von Amts wegen einen Termin aufheben oder verlegen. Liegen erhebliche Gründe i.S. von § 227 Abs. 1 ZPO vor, verdichtet sich die in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht. In diesem Fall muss der Termin (hier) zur mündlichen Verhandlung zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs verlegt werden, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits durch die Verlegung verzögert würde (Beermann in Beermann/Gosch, FGO, § 119 Rz 48.3 Stichwort Vertagung, m.w.N.).
a) Welche Gründe i.S. des § 227 Abs. 1 ZPO als erheblich anzusehen sind, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles. Der Prozessstoff und die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, dass das Finanzgericht (FG) im steuergerichtlichen Verfahren die einzige Tatsacheninstanz ist und die Beteiligten ein Recht darauf haben, ihre Sache in einer mündlichen Verhandlung vorzutragen (z.B. , BFH/NV 1993, 105).
b) Zur Verdeutlichung zählt der Gesetzgeber in § 227 Abs. 1 Satz 2 ZPO beispielhaft drei Ereignisse auf, die keinen wichtigen Grund für eine Terminsänderung darstellen. Danach rechtfertigt insbesondere eine unentschuldigte mangelnde Vorbereitung einer Partei keine Terminsänderung (§ 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO), wohl aber eine entschuldigte (vgl. Gehrlein in Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl., § 227 Rz 7, m.w.N.).
Dem entspricht auch die Rechtsprechung des BFH, wonach die Versagung einer Terminsänderung dann ermessensgerecht sein kann, wenn der den Antrag stellende Beteiligte seine Prozessförderungspflicht verletzt (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 227 Rz 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 66. Aufl., § 227 Rz 17). Letzteres trifft zu, wenn offenkundig Prozessverschleppungsabsicht besteht oder der Beteiligte seine prozessualen Mitwirkungspflichten in anderer Weise erheblich verletzt (Beermann in Beermann/Gosch, a.a.O., § 119 Rz 48.3 Stichwort Vertagung, m.w.N.; , BFH/NV 2003, 178).
2. Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze ist die Entscheidung der Vorinstanz, den Antrag der Kläger auf Verlegung des Verhandlungstermins abzulehnen, nicht zu beanstanden.
a) Das FG hat in rechtlicher Hinsicht zutreffend darauf hingewiesen, eine mangelnde Vorbereitung einer Partei (§ 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO) könne auch darin liegen, dass ein sachkundiger Prozessbevollmächtigter zu spät mit der Wahrung der Interessen eines Beteiligten beauftragt wird (allgemeine Meinung: vgl. hierzu Stein/Jonas/Roth, a.a.O., § 227 Rz 16; Hüßtege in Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 29. Aufl., § 227 Rz 10; Stadler in Musielak, ZPO, 6. Aufl., § 227 Rz 7; vgl. auch Gehrlein, a.a.O., § 227 Rz 8 f.; BFH-Beschlüsse vom V B 72/06, BFH/NV 2008, 812; vom VII B 100/07, BFH/NV 2008, 392).
Das FG begründete seine Entscheidung —teilweise bezugnehmend auf entsprechende Ausführungen in der Ladung vom — im Wesentlichen damit, der Sohn der Kläger (als Haupt-Bevollmächtigter der Eltern) habe ausreichend Zeit gehabt, sich rechtlich beraten und vertreten zu lassen; er habe bis zwei Arbeitstage vor dem Verhandlungstermin vom zugewartet, um der Prozessbevollmächtigten das Mandat zu erteilen. Es sei weder dargelegt noch glaubhaft gemacht worden, weshalb der Auftrag erst zwei Arbeitstage vor dem Termin erteilt worden sei.
Diese Ausführungen begründen keinen Verfahrensfehler. Insbesondere ist das FG zu Recht auch davon ausgegangen, dass ein Verschulden des bevollmächtigten Sohnes den Klägern zuzurechnen ist (§ 85 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 155 FGO; vgl. auch Gräber/ Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 155 Rz 8).
b) Ein von der Vorinstanz begangener Verfahrensfehler ergibt sich auch nicht dadurch, dass der weitere Verlegungsantrag der Prozessbevollmächtigten vom ebenfalls abgelehnt wurde. Dieser Antrag war damit begründet worden, dass die Prozessbevollmächtigte einen anderen Termin wahrzunehmen habe. Ungeachtet dessen, dass die Prozessbevollmächtigte nicht anführte, um was für einen Termin es sich gehandelt habe, hatte das FG bereits in seiner Ladung vom darauf hingewiesen, dass Gründe für eine Terminsverlegung glaubhaft zu machen sind. Dies hat die Prozessbevollmächtigte unterlassen. Es ist demnach nicht zu beanstanden, dass das FG die Terminsverlegung wegen fehlender Glaubhaftmachung des Antrags abgelehnt hat.
3. Neues tatsächliches Vorbringen der Kläger (u.a. medizinischer Untersuchungstermin der Prozessbevollmächtigten am ) kann der Senat im Übrigen nicht berücksichtigen (vgl. hierzu Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 54, m.w.N.). Die Kläger hätten die maßgebenden Umstände bereits vor dem FG geltend machen können und müssen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DAAAD-02184