Verfahrensrechtliche Folgerungen aus dem zur Entfernungspauschale
Der Zweite Senat des Az. 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08 und 2 BvL 2/08 - entschieden, dass die ab Veranlagungszeitraum 2007 geltende Neuregelung zur Entfernungspauschale mit Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar ist (Nummer 1 des Urteilstenors). Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung ist § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG im Wege vorläufiger Steuerfestsetzung sowie entsprechend im Lohnsteuerverfahren, hinsichtlich der Einkommensteuervorauszahlungen und in sonstigen Verfahren, in denen das zu versteuernde Einkommen zu bestimmen ist, mit der Maßgabe anzuwenden, dass die tatbestandliche Beschränkung auf „erhöhte„ Aufwendungen „ab dem 21. Entfernungskilometer„ entfällt (Nummer 2 des Urteilstenors).
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt daher Folgendes:
Sämtliche Festsetzungen der Einkommensteuer und sämtliche Bescheide über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften für Veranlagungszeiträume und Feststellungszeiträume ab 2007 sind ab sofort nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO vorläufig durchzuführen. Der Vorläufigkeitsvermerk ist wie folgt zu erläutern:
„Die Festsetzung der Einkommensteuer/Feststellung von Einkünften ist gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO im Hinblick auf die durch Az. 2 BvL 1/07, 2/07, 1/08 und 2/08 - angeordnete Verpflichtung zur gesetzlichen Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte/Betriebsstätte vorläufig. Sollte aufgrund der gesetzlichen Neuregelung dieser Steuerbescheid/Feststellungsbescheid aufzuheben oder zu ändern sein, wird die Aufhebung oder Änderung von Amts wegen vorgenommen; ein Einspruch ist insoweit nicht erforderlich.„
Das (BStBl 2007 I S. 722) zur Aussetzung der Vollziehung in Rechtsbehelfsverfahren gegen die Ablehnung der Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte, gegen die Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen oder gegen Einkommensteuerbescheide für Veranlagungszeiträume ab 2007 wird mit sofortiger Wirkung aufgehoben.
Die Anlage zum (BStBl 2005 I S. 794), die zuletzt durch (BStBl 2008 I S. 954) neu gefasst worden ist, wird mit sofortiger Wirkung wie folgt gefasst:
„Festsetzungen der Einkommensteuer sind hinsichtlich folgender Punkte gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig vorzunehmen:
Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben (Aufhebung des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm vom , BGBl. 2005 I S. 3682)
Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3, 4, 4a EStG) für Veranlagungszeiträume ab 2005
Besteuerung der Einkünfte aus Leibrenten im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG für Veranlagungszeiträume ab 2005
Anwendung des § 24b EStG (Entlastungsbetrag für Alleinerziehende) für Veranlagungszeiträume ab 2004
Anwendung des § 32 Abs. 7 EStG (Haushaltsfreibetrag) für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003
Höhe des Freibetrags zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten, volljährigen Kindes (§ 33a Abs. 2 EStG) für Veranlagungszeiträume ab 2002
Nichtberücksichtigung pauschaler Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben in Höhe der steuerfreien Aufwandsentschädigung nach § 12 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 1 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2006 beizufügen. Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften ist der Vorläufigkeitsvermerk nicht beizufügen, weil über die Frage, ob Steuerberatungskosten als Sonderausgaben abziehbar sind, ausschließlich im Verfahren zur Festsetzung der Einkommensteuer zu entscheiden ist.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 3 erfasst sämtliche Leibrentenarten im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 4 umfasst nur die Frage, ob § 24b EStG Ehegatten in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Er ist daher Einkommensteuerfestsetzungen nur beizufügen, wenn ein Fall des § 26 Abs. 1 EStG und der Prüfung der Steuerfreistellung nach § 31 EStG vorliegt.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 5 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen mit einer Prüfung der Steuerfreistellung nach § 31 EStG beizufügen. Er umfasst sowohl die Frage, ob die Abschmelzung des Haushaltsfreibetrags (§ 32 Abs. 7 EStG) verfassungswidrig ist, als auch die Frage, ob § 32 Abs. 7 EStG Ehegatten in verfassungswidriger Weise benachteiligt.
Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 7 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen sowie sämtlichen Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften beizufügen. Aufgrund einer personellen Anweisung kann er auch Körperschaftsteuerfestsetzungen beigefügt werden.„
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt I veröffentlicht.
BMF v. - IV A 3
-S 0338/07/10010-02
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2008 I Seite 1010
AO-StB 2009 S. 46 Nr. 2
BB 2009 S. 75 Nr. 3
DB 2009 S. 29 Nr. 1
DStR 2009 S. 46 Nr. 1
StBW 2009 S. 8 Nr. 1
IAAAD-01209