Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: InsO § 6; InsO § 7; InsO § 21 Abs. 1 Satz 2; InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2; InsO § 21 Abs. 2 Nr. 3; ZPO § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; BGB § 179 Abs. 1
Instanzenzug: AG Paderborn, 2 IN 338/07 vom LG Paderborn, 5 T 141/08 vom
Gründe
I.
Die weitere Beteiligte zu 1 hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners beantragt. Sie berühmt sich dreier Forderungen in Höhe von 3.519,44 €, 6.307,00 € und 230,85 €, die aus Aufträgen resultieren, welche der unter der Firma "D. International" handelnde Schuldner erteilt habe. Der Schuldner ist dem Antrag mit der Begründung entgegengetreten, Vertragspartner der Beteiligten zu 1 sei eine (im Inland nicht im Handelsregister eingetragene) "D. Limited", deren Geschäftsführer ("director") er sei. Mit Beschluss vom hat das Insolvenzgericht die Beteiligte zu 2 zur vorläufigen Insolvenzverwalterin bestellt und weitere Sicherungsmaßnahmen nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2, Nr. 3 InsO angeordnet. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen diesen Beschluss ist erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde will der Schuldner weiterhin die Aufhebung des Beschlusses vom erreichen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 6, 7, 21 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig. Die Rechtsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
1. Dem Beschwerdegericht sind keine Rechtsfehler von verfahrensgrundrechtlicher Relevanz unterlaufen. Das rechtliche Gehör des Schuldners wurde nicht verletzt.
a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist aber erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Es ist dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Damit sich ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen lässt, müssen demnach besondere Umstände deutlich gemacht werden, die zweifelsfrei darauf schließen lassen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BGHZ 154, 288, 300 f m.w.N.).
b) Die Rechtsbeschwerde beanstandet im Wesentlichen, dass der angefochtene Beschluss sich zwar mit dem Anschreiben des Schuldners zum Kostenvoranschlag vom auseinandersetze, nicht jedoch mit dem Kostenvoranschlag selbst. Diesen habe der Schuldner mit einem Firmenstempel versehen, welcher den Schluss auf sein Handeln für die "D. Limited" deutlich mache, und unterschrieben.
Der fragliche Stempel enthält ebenso wie das für das Anschreiben verwandte Briefpapier zwei Firmenbezeichnungen. In der ersten Zeile heißt es "D. International", in der zweiten und dritten Zeile "Vertrieb: D. Ltd". Die Ausführungen auf Seite drei des angefochtenen Beschlusses gelten für diese Gestaltung eines Firmenstempels ebenso. Der Stempel erweckt den Eindruck, es gebe neben der für den Vertrieb zuständigen Limited auch ein Einzelunternehmen; die nicht mit einem Vertretungszusatz versehene Unterschrift des Schuldners lässt sich damit nicht eindeutig der Limited zuordnen. Die Rüge der Rechtsbeschwerde erschöpft sich folglich in dem nicht durch Art. 103 Abs. 1 GG geschützten Verlangen, dass sich die Gerichte mit seinem Vorbringen in einer Weise auseinandersetzen, die sie selbst für richtig hält (BVerfGE 80, 269, 286). Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen (BVerfG 64, 1, 12; BVerfG NJW 2005, 3345, 3346).
2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts verstößt auch nicht gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG). Objektive Willkür und damit eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ist gegeben, wenn die Rechtsanwendung oder das Verfahren unter keinem denkbaren rechtlichen Aspekt mehr vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruhen (BVerfGE 86, 59, 63; BVerfG NJW 2005, 3345, 3346). Die Rechtsbeschwerde beanstandet fehlende Feststellungen zum englischen Recht, insbesondere dazu, ob "eine englische Limited nur durch Anfügung eines die Handlungsbevollmächtigung des für sie auftretenden Bevollmächtigten ausweisenden Zusatzes wirksam vertraglich vertreten werden" könne. Darum geht es jedoch nicht. Das Beschwerdegericht hat geprüft, ob eine ohne Vertretungszusatz versehene Unterschrift unter der Firmenbezeichnung "D. International" im inländischen Rechtsverkehr den Schluss auf ein Handeln für eine nur am unteren Rand des verwandten Briefpapiers genannte Limited ähnlichen, aber nicht gleichen Namens zulässt, und diese Frage nachvollziehbar verneint. Ob der Schuldner persönlich aus zurechenbar veranlasstem Rechtsschein haftet, richtet sich nach deutschem Recht. Die durch Verletzung der Pflicht zur Führung des Firmenzusatzes begründete Rechtsscheinhaftung knüpft nicht an die Verletzung spezifischer Organpflichten an und untersteht schon aus diesem Grund nicht dem Gesellschaftsstatut (, ZIP 2007, 908 f Rn. 9 f).
3. Der angefochtene Beschluss weicht nicht in zulässigkeitsrelevanter Weise von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu unternehmensbezogenen Geschäften ab. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Haftung aus zurechenbar veranlasstem Rechtsschein analog § 179 Abs. 1 BGB neben diejenige des nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts verpflichteten wahren Unternehmensträgers treten (z.B. , WM 1990, 600, 601; v. - II ZR 84/05, aaO Rn. 14).
4. In den Tatsacheninstanzen sind keine Feststellungen dazu getroffen worden, ob das englische Recht für eine Limited die Angabe der Rechtsform (ähnlich wie § 4 GmbHG für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung) vorschreibt (§§ 4 InsO, 293 ZPO). Das Recht der Firmenführung richtet sich nach dem Gesellschaftsstatut (Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 4 Rn. 55; Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG 16. Aufl. § 12 Rn. 12), hier also nach englischem Recht. Soweit das Beschwerdegericht dies übersehen hat, handelt es sich jedoch nur um einen einfachen Rechtsanwendungsfehler, welcher nicht zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde führt. Von einem möglicherweise zulässigkeitsrelevanten Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 43, 48 EGV) wäre dann auszugehen, wenn feststünde, dass das englische Recht im Rechtsverkehr keinen auf die Haftungsbeschränkung hinweisenden Firmenzusatz ("Ltd") verlangt. Entsprechendes Vorbringen des Schuldners in den Tatsacheninstanzen zeigt die Rechtsbeschwerde jedoch nicht auf. Sie behauptet auch selbst nicht, dass es sich so verhalte.
5. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Fundstelle(n):
PAAAC-95652
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein