Pauschalierte Streitwertbemessung im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Einkünftefeststellung
Gesetze: GKG § 47 Abs. 1, GKG § 52 Abs. 1, AO § 180 Abs. 1 Nr. 2a
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Kostenschuldnerin), nunmehr eine Aktiengesellschaft, hatte im Streitjahr 2002 die Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, deren Gesellschafter ausschließlich (französische) Aktiengesellschaften waren. Die Kostenschuldnerin führte über die Höhe der gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) festzustellenden Einkünfte einen Rechtsstreit; im Revisionsverfahren wurde das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es erging unter dem eine Kostenrechnung gegen die Kostenschuldnerin, in der ein Streitwert von 1 878 795 € (Antrag auf Einkünfteminderung von 4 175 100 €; Pauschalsatz 45 %) zugrunde gelegt worden war. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Finanzgerichts (FG) hatte in seiner auf das FG-Urteil bezogenen Festsetzung gemäß § 149 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) einen Streitwert von 1 043 755 € (Pauschalsatz 25 %) berücksichtigt.
Mit ihrer Erinnerung macht die Kostenschuldnerin geltend, dass —wie in der Vorinstanz— ein Streitwert auf der Grundlage eines Pauschalsatzes von 25 % zu ermitteln sei. Sie beantragt, die Kostenrechnung ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 1 043 755 € zu ändern.
Der Erinnerung wurde nicht abgeholfen.
Die Vertreterin der Staatskasse beantragt, die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Erinnerung ist begründet. Der Kostenansatz ist auf den Betrag beschränkt, der sich ergibt, wenn als Streitwert auf der Grundlage eines Antrags auf Einkünfteminderung von 4 175 100 € und eines Pauschalsatzes von 25 % ein Betrag von 1 043 755 € berücksichtigt wird.
1. Der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens bestimmt sich nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes —GKG—). Bei unverändertem Streitgegenstand ist der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens mit dem Streitwert des ersten Rechtszuges (§ 52 Abs. 1 GKG) identisch, ohne dass aber eine Bindung des Bundesfinanzhofs (BFH) an die Streitwertbemessung des FG besteht (, BFH/NV 2007, 1156; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Vor § 135 FGO Rz 113, m.w.N.).
2. Nach der Rechtsprechung des BFH bemisst sich im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO der Streitwert des § 52 Abs. 1 GKG nach der typisierten einkommensteuerlichen Bedeutung für die Gesellschafter, wobei diese grundsätzlich mit 25 % des streitigen Gewinns oder Verlustes anzusetzen ist (s. zuletzt , BFHE 214, 208, BStBl II 2007, 54; s.a. , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1983, 226; , BFH/NV 1993, 378; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., Vor § 135 Rz 35 „Einheitliche Gewinnfeststellung"; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., Vor § 135 FGO Rz 199 ff.). Die tatsächlichen steuerlichen Auswirkungen bei den einzelnen Gesellschaftern werden nicht ermittelt. An dieser pauschalen Ermittlung des Streitwerts ist aus Gründen der Gleichbehandlung selbst dann festzuhalten, wenn im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung die tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen bei den (oder bei einzelnen) Feststellungsbeteiligten bekannt geworden sind. Im Übrigen kommt der Ansatz eines höheren Prozentsatzes in Betracht, wenn ohne besondere Ermittlungen im Gewinnfeststellungsverfahren erkennbar ist, dass der Pauschalsatz von 25 % den tatsächlichen steuerlichen Auswirkungen nicht gerecht wird. Dazu wird aber nicht nach einzelnen Feststellungsbeteiligten differenziert; vielmehr wird der streitige Gesamtbetrag durch die Anzahl der Feststellungsbeteiligten dividiert und der auf dieser Grundlage ermittelte Pauschalsatz herangezogen (z.B. , BFHE 152, 5, BStBl II 1988, 287). Bei dieser Verfahrensweise kann es sich ergeben, dass auf eine Kapitalgesellschaft —als weitere Feststellungsbeteiligte neben natürlichen Personen— ein Pauschalsatz entfällt, der vom Körperschaftsteuersatz des Streitjahres abweicht (Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., Vor § 135 FGO Rz 199).
3. Der Grundsatz einer pauschalen Bemessung des Streitwerts muss auch dann maßgebend sein, wenn an der streitigen Feststellung der Einkünfte ausschließlich Kapitalgesellschaften beteiligt sind. Damit unterbleibt eine konkrete Ermittlung der steuerlichen Auswirkungen bei den Beteiligten. Allerdings kann der auf einen progressiven Steuertarif abzielende Erhöhungsgrund eines hohen Streitwerts nicht herangezogen werden, wenn alle Feststellungsbeteiligten nach einem einheitlichen Steuertarif (Einheitssatz) herangezogen werden. Die Streitwertermittlung wird in dieser durch die Rechtsform der Beteiligten geprägten Situation nicht durch besondere Ermittlungsnotwendigkeiten belastet (zu dieser Grenze bei den gegen den pauschalen Ansatz gerichteten Individualisierungsbemühungen der Literatur z.B. Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 139 FGO Rz 276; Brandt in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 139 FGO Rz 80 „Einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung"; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., Vor § 135 FGO Rz 199a).
Ob bei der pauschalen Bemessung stets eine Übereinstimmung mit dem tariflichen Steuersatz bestehen muss, lässt der Senat offen; jedenfalls stimmt der Pauschalsatz von 25 % für das Streitjahr mit dem tariflichen Steuersatz überein. Da nur die Kapitalgesellschaft —als eigenständiges Steuersubjekt— Feststellungsbeteiligte ist, kann dieser Satz nicht unter Hinweis darauf erhöht werden, dass bei einer Ausschüttung an eine natürliche Person eine (weitere) Steuerbelastung in Betracht kommt.
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 2041 Nr. 12
TAAAC-94764