BFH Beschluss v. - X B 193/07

Hinreichende Darlegung des Zulassungsgrundes der Rechtsfortbildung und des Erfordernisses einer Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) rügen zwar, dass eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erforderlich sei. Ihre Beschwerdebegründung erfüllt jedoch nicht die Darlegungserfordernisse (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) und ist im Übrigen unbegründet.

a) Wird geltend gemacht, eine Entscheidung des BFH sei zur Fortbildung des Rechts erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO), dann ist in der Beschwerdebegründung ausführlich unter Auseinandersetzung mit der in der Rechtsprechung und in der Literatur zu der aufgeworfenen Rechtsfrage vertretenen Rechtsauffassung darzulegen, weshalb diese Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im Streitfall auch klärbar ist (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 38). Auch ist darzutun, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2006, 1320; Senatsbeschluss vom X B 253/07, nicht veröffentlicht —n.v.—).

b) Eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist erforderlich, wenn das Finanzgericht (FG) mit einem das angegriffene Urteil tragenden und entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz einer anderen Gerichtsentscheidung abgewichen ist. Das angefochtene FG-Urteil und die (vorgeblichen) Divergenzentscheidungen müssen dabei dieselbe Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 48 und 53, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).

Eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO kommt überdies in Betracht, wenn die Entscheidung des FG unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 68 ff.).

c) Die Kläger haben ihre Beschwerde auf alle Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO gestützt, ohne zwischen den tatbestandlichen Alternativen der Regelung zu unterscheiden. Mit ihrer Beschwerdebegründung legen sie nach den vorgenannten Maßstäben die Zulassungsgründe teilweise nicht hinreichend dar. Soweit die Darlegungsanforderungen erfüllt sind, liegt der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht vor.

aa) Im Hinblick auf den Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung fehlt es an Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit der von ihnen aufgeworfenen Rechtsfragen. Die Kläger begründen nicht, aus welchen Gründen die Beantwortung der von ihnen gestellten Rechtsfragen unter Bezugnahme auf die hierzu ergangene Rechtsprechung und Literatur zweifelhaft und streitig ist. Anknüpfend an das (BFHE 204, 438, BStBl II 2004, 416) problematisieren sie, wie die vom BFH in dieser Entscheidung aufgestellten Rechtsgrundsätze zu den Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Betriebskapitalgesellschaft auf den Streitfall anzuwenden sind. Dabei geht es ihnen insbesondere um die Fragen, ob die nach dem BFH-Urteil in BFHE 204, 438, BStBl II 2004, 416 gebotene Gesamtbetrachtung der Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen eine Betrachtung der zukünftigen Ertragslage erfordere, ob zwischen Abschlussstichtag und Bilanzaufstellung eintretende Umstände in die Betrachtung einbezogen werden könnten und schließlich, in welcher Weise Vergütungen für die beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer in der Betriebskapitalgesellschaft in der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen seien. Die Beschwerdebegründung geht jedoch hierüber nicht hinaus. Ausführungen dazu, ob es zu diesen Rechtsfragen bereits Rechtsprechung gibt und welche Auffassungen in der Literatur zur Ermittlung der kumulierten Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsgesellschaft vertreten werden (vgl. z.B. die Beiträge von Paus, Finanz-Rundschau —FR— 2004, 943; Engelsing/Lange, Steuern und Bilanzen —StuB— 2004, 963), fehlen.

bb) Auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) wird nicht hinreichend dargelegt.

Die Kläger führen im Stil einer Revisionsbegründung aus, dass sie die Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils in BFHE 204, 438, BStBl II 2004, 416 durch das FG für fehlerhaft halten. Sie erläutern in der Beschwerdebegründung nicht, welchen abweichenden tragenden Rechtssatz das FG im Verhältnis zur genannten BFH-Entscheidung aufgestellt haben soll, und rügen, dass das FG die Gesamtbetrachtung der Ertragsaussichten nicht auf der Grundlage zukünftiger Erträge, sondern einer vergangenheitsbezogenen Betrachtung der Umsätze von Besitz- und Betriebsunternehmen mit denen des früheren Einzelunternehmens des Klägers ermittelt habe. Es liegt aber keine Abweichung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO vor, wenn das FG erkennbar von den in der Rechtsprechung des BFH entwickelten und auch der (mutmaßlichen) Divergenzentscheidung zugrunde liegenden Rechtsgrundsätzen ausgeht, diese aber (möglicherweise) fehlerhaft auf die Besonderheiten des Streitfalls angewendet hat (vgl. die Nachweise aus der Rechtsprechung des BFH bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 55).

c) Eine Zulassung der Revision wegen schwerer Rechtsfehler des FG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Der Zulassungsgrund wird von den Klägern zwar zutreffend dargelegt, seine Voraussetzungen sind aber nicht erfüllt.

Ein zur Zulassung der Revision führender Rechtsfehler liegt vor, wenn die Entscheidung des FG willkürlich ist und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (BFH-Beschlüsse vom III B 107/03, BFH/NV 2004, 1220, und vom VII B 100/04, n.v.; vgl. auch , BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837). Hat sich das FG aber mit der Rechtslage eingehend auseinandergesetzt, führt selbst eine im Ergebnis (möglicherweise) falsche Rechtsanwendung nicht zur Zulassung der Revision (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 68). So ist es im Streitfall.

Das FG hat eine vergangenheitsbezogene Teilwertermittlung vorgenommen, die maßgeblich auf eine Vergleichbarkeit der konsolidierten Umsätze von Betriebs- und Besitzunternehmen zum Bilanzstichtag des Streitjahres im Verhältnis zum früheren Einzelunternehmen abstellt. Es hat sich nicht mit den im Schrifttum für Teilwertermittlungen in der Betriebsaufspaltung diskutierten Methoden (vgl. z.B. Paus, FR 2004, 943; Engelsing/Lange, StuB 2004, 963) auseinandergesetzt, die —wie dies auch die Kläger befürworten— auf zukünftige Ertragsaussichten des Besitzunternehmens abstellen. Das FG hat aber die Rechtsgrundsätze in BFHE 204, 438, BStBl II 2004, 416, welche auch die Kläger als richtigen Ausgangspunkt ansehen, zugrunde gelegt und seine Wertermittlung umfassend begründet. Es hat ergänzend maßgeblich die Rechtsprechung des BFH zur Ermittlung nachträglich eingetretener Wertminderungen von Beteiligungen außerhalb von Betriebsaufspaltungen herangezogen, nach der bei hohen Verlusten für den Wert einer Beteiligung im Rahmen des Gesamtunternehmens nicht nur die Ertragslage und die Ertragsaussichten, sondern auch der Vermögenswert und die funktionale Bedeutung des Beteiligungsunternehmens für die Wertzumessung entscheidend sind (, BFHE 155, 56, BStBl II 1989, 274). Im Ergebnis hat das FG wegen des funktionalen Werts der Beteiligung an der Betriebsgesellschaft trotz deren Verlusts im Streitjahr keine Minderung des inneren Werts der Beteiligung feststellen können. Ob diese Art der Teilwertermittlung vom Senat in den Einzelheiten geteilt werden könnte, bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls hat das FG nach den vorgenannten Maßstäben im Streitfall weder eine willkürliche noch eine schlechthin unvertretbare Entscheidung getroffen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 2046 Nr. 12
FAAAC-94747