BFH Beschluss v. - VIII B 183/07

Heilung des Verfahrensmangels: unterlassene Schlussbesprechung nach einer Außenprüfung; keine Ablehnung entscheidungserheblicher ordnungsgemäßer Beweisanträge; Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

Gesetze: AO § 126, AO § 201, FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative und Nr. 3 FGO nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Soweit Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend gemacht werden, wird damit kein Zulassungsgrund dargetan. Von vornherein unbeachtlich sind Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die nur im Rahmen einer Revisionsbegründung erheblich sein können; denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (, BFH/NV 2006, 2297, m.w.N.).

2. a) Die ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensmangels verlangt, dass diejenigen Tatsachen —ihre Richtigkeit unterstellt— genau und schlüssig bezeichnet werden, aus denen sich ergeben soll, dass ein behaupteter Verfahrensmangel vorliegt und das angefochtene Urteil —nach der insoweit maßgebenden, ggf. auch unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des Finanzgerichts (FG)— auf ihm beruhen kann (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 2297, m.w.N.).

b) Das FG hat die wegen Durchführung einer Schlussbesprechung und Fortsetzung der Außenprüfung erhobenen Klage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger hinreichend Gelegenheit erhalten habe, in dem gegen die auf der Außenprüfung beruhenden Änderungsbescheide zur Umsatzsteuer 1998 und 1999 sowie Einkommensteuer 1999 durchgeführten Einspruchsverfahren Stellung zu nehmen, die Außenprüfung beim Kläger tatsächlich beendet gewesen sei und nach den gesamten Umständen auch keine Anhaltspunkte für einen „vorzeitigen Abbruch” gegeben seien.

Das Gericht darf entscheidungserhebliche ordnungsgemäße Beweisanträge weder ablehnen noch übergehen, wenn es einen Verfahrensmangel vermeiden will. Auf die beantragte Beweiserhebung kann es jedoch dann verzichten, wenn es auf die Beweismittel für seine Entscheidung nicht ankommt (, BFH/NV 2001, 611, m.w.N.).

Nach der insoweit maßgebenden Rechtsauffassung des FG kam es ersichtlich nicht auf die vom Kläger angebotenen Beweise an. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Beweisanträge überhaupt als ordnungsgemäß zu beurteilen sind; denn danach wird „für alle meine Schreiben die in dieser Klage zitiert worden sind und für alle Schreiben des Finanzamts, die in dieser Klage zitiert worden sind sowie für Anlagen, die in dieser Klage aufgelistet und beigefügt sind, Beweisantrag gestellt, damit die befangene Richterin ja nicht wieder auf die Idee kommt alles zu ignorieren, was ihren 'Freunden' vom Finanzamt auch nur irgendwie Schaden könnte”. Hinsichtlich der vom Kläger angebotenen Termine für eine Schlussbesprechung im Jahr 2005 (S. 6 des Urteils) ist der Beweisantrag nach der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des FG nicht entscheidungserheblich, weil der mögliche Verfahrensmangel einer nicht durchgeführten Schlussbesprechung, auf die der geprüfte Steuerpflichtige nicht verzichtet hat und die auch nicht nach § 201 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) entbehrlich ist, gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 AO geheilt worden ist (vgl. , BFH/NV 1998, 811, m.w.N.; , Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 1997, 779; , EFG 2000, 775). Aus diesem Grund scheidet auch eine vom Kläger insoweit behauptete unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung aus (dazu , BFH/NV 2005, 1123).

In gleicher Weise scheidet eine Gehörsverletzung gemäß Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), § 96 Abs. 2 FGO aus, wenn —wie hier— es nach dem formellen oder materiellen Recht auf die Erhebung angebotener Beweise nicht ankommt (vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 7/07, juris; vom VII B 38/04, BFH/NV 2005, 1496). Rechtliches Gehör i.S. von Art. 103 Abs. 1 GG wird dem Beteiligten dadurch gewährt, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem Sachverhalt zu äußern, der einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden soll. Das Gericht seinerseits ist verpflichtet, den Vortrag zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Indes liegt in dem Umstand, dass das FG sich mit dem aus seiner Sicht nicht entscheidungserheblichen Vorbringen des Klägers nicht auseinandergesetzt hat, keine Gehörsverletzung; denn das Gericht ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Vortrag in den Entscheidungsgründen seines Urteils ausdrücklich zu befassen. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen hat (vgl. , BFH/NV 2008, 339, ständige Rechtsprechung).

3. a) Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidungen sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits, um eine Abweichung deutlich erkennbar zu machen. Des Weiteren ist insbesondere auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt. Es reichen weder eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen noch die angebliche fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles noch schlichte Subsumtionsfehler des FG aus. Erforderlich ist vielmehr die Darlegung der Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen (BFH-Beschlüsse vom VIII B 160/05, BFH/NV 2006, 1477, m.w.N.; vom VIII B 123/07, juris).

b) Der Kläger meint, das FG sei von den BFH-Urteilen vom VIII R 108/72 (BFHE 109, 1, BStBl II 1973, 542) und vom I 234/60 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1961, 134) abgewichen, weil es den „Abbruch” der bei ihm durchgeführten Außenprüfung gebilligt habe.

Indes ist das FG aufgrund tatsächlicher Würdigung schon nicht von einem vorzeitigen Abbruch der Prüfung beim Kläger ausgegangen. Überdies hat der Kläger auch keinen abweichenden abstrakten Rechtssatz auf der Grundlage des angefochtenen Urteils des FG formuliert und der von ihm zitierten BFH-Rechtsprechung gegenübergestellt.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
IAAAC-92656