Leitsatz
[1] Zeigt der Schuldner sein pfändbares Einkommen trotz einer Aufforderung dem Treuhänder nicht an, kann diese Obliegenheitsverletzung jedenfalls dann nicht mehr durch Zahlung des pfändbaren Einkommens geheilt werden, wenn ein Gläubiger beantragt hat, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen.
Gesetze: InsO § 296
Instanzenzug: AG Cuxhaven, 12 IK 78/02 vom LG Stade, 7 T 188/07 vom
Gründe
I.
Über das Vermögen des Beschwerdeführers wurde auf dessen in Verbindung mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung gestellten Eigenantrag am das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Durch Beschluss vom wurde dem Schuldner Restschuldbefreiung für den Fall angekündigt, dass er während der Laufzeit der Abtretungserklärung seinen Obliegenheiten nachkommt.
Der Schuldner, der zunächst aus gesundheitlichen Gründen keine Arbeitstätigkeit ausübte, trat am eine Arbeitsstelle als Kraftfahrer an. Der Aufforderung des Treuhänders, das Einkommen seiner Ehefrau mitzuteilen, kam der Schuldner trotz einer bis zum bemessenen Frist nicht nach. Tatsächlich bezog der Schuldner im September 2005 ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.296,79 €, so dass sich - falls die Ehefrau ein hinreichendes eigenes Einkommen erzielt und nicht unterhaltsberechtigt ist - ein pfändbares Einkommen von 213,40 € errechnet. Aufgrund dieses Sachverhalts hat der Treuhänder in seinem Bericht vom die Auffassung vertreten, dem Schuldner könne auf der Grundlage des Antrags eines Gläubigers nach § 296 Abs. 1, § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Restschuldbefreiung versagt werden.
Am hat die weitere Beteiligte zu 1 und am die weitere Beteiligte zu 2 - jeweils unter Bezugnahme auf den Bericht des Treuhänders - beantragt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen. Am überwies der Schuldner den pfändbaren Betrag über 213,40 € auf das Konto des Treuhänders.
Die Vordergerichte haben dem Schuldner antragsgemäß die Restschuldbefreiung versagt. Hiergegen wendet er sich mit seiner Rechtsbeschwerde.
II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 296 Abs. 3 Satz 1 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Zu Unrecht beanstandet die Rechtsbeschwerde die Zulässigkeit der von den Insolvenzgläubigern gestellten Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung.
Die Zulässigkeit dieser Anträge unterliegt nicht wegen der Bezugnahme auf den Bericht des Treuhänders rechtlichen Bedenken. Es ist anerkannt, dass Sachvortrag auch mittels einer konkreten Bezugnahme auf andere Schriftstücke erfolgen kann (, BGH-Report 2003, 1438). Demgemäß hat es der Senat gestattet, einen Versagungsantrag - wie im Streitfall - auf den Inhalt beigefügter Schriftstücke zu stützen (BGHZ 156, 139, 144). Eine Glaubhaftmachung (§ 296 Abs. 1 Satz 3 InsO) war im Streitfall entbehrlich, weil der maßgebliche Sachverhalt unstreitig ist (BGHZ aaO 143).
Überdies kann die Glaubhaftmachung auch durch die Vorlage einer schriftlichen Erklärung des Treuhänders erfolgen (Römermann in Nerlich/Römermann, InsO § 296 Rn. 22).
2. Ebenso kann der Rechtsbeschwerde nicht gefolgt werden, in der Weigerung des Schuldners, die Einkünfte seiner Ehefrau mitzuteilen, liege keine Obliegenheitsverletzung nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO.
a) Der Schuldner ist nach dieser Vorschrift insbesondere verpflichtet, dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit, über seine Bezüge und über sein Vermögen zu erteilen. Die Auskunft hat nach Sinn und Zweck der Vorschrift unverzüglich zu erfolgen (Römermann aaO § 295 Rn. 38). Der Schuldner ist insbesondere verpflichtet, dem Gericht den Wegfall einer unterhaltsberechtigten Person anzuzeigen (Kübler/Prütting/Wenzel, InsO § 295 Rn. 21).
b) Der Obliegenheit zur Darlegung seiner Unterhaltsverpflichtungen ist der Schuldner nicht nachgekommen. Der Treuhänder hat ihn ausdrücklich aufgefordert, ihm "das Einkommen seiner Ehefrau mitzuteilen". Da der Treuhänder lediglich die Mitteilung des Einkommens der Ehefrau und nicht die Vorlage von Einkommensnachweisen verlangt hat, ist, weil der Schuldner die erbetenen Angaben nicht gemacht hat, ein Verstoß gegen § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO gegeben. Bei dieser Sachlage ist es ohne Bedeutung, ob auch eine Verpflichtung des Schuldners bestand, Einkommensnachweise hinsichtlich seiner Ehefrau vorzulegen.
3. Schließlich ist durch die Verletzung der Obliegenheiten des Schuldners auch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger konkret messbar beeinträchtigt worden (§ 296 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 InsO). Die nach der Stellung des Versagungsantrages erfolgte Zahlung des Schuldners war nicht geeignet, die Gläubigerbeeinträchtigung zu heilen.
a) Zwischen der Obliegenheitsverletzung und der Gläubigerbeeinträchtigung muss ein Kausalzusammenhang bestehen. Ein solcher Zusammenhang liegt vor, wenn die Insolvenzgläubiger ohne die Obliegenheitsverletzung eine bessere Befriedigung im Hinblick auf ihre Forderungen hätten erreichen können (, WM 2006, 1158 Rn. 4). Die Schlechterstellung der Gläubiger muss konkret messbar sein; eine bloße Gefährdung ihrer Befriedigungsaussichten reicht nicht aus ( aaO; , WM 2007, 661, 662 Rn. 5). Dieser Kausalzusammenhang ist im Streitfall gegeben. Unstreitig errechnet sich ausgehend von einem Nettoeinkommen des Schuldners für den Monat September 2005 in Höhe von 1296,79 € im Falle einer Erwerbstätigkeit seiner Ehefrau mangels einer ihr gegenüber bestehenden Unterhaltspflicht ein pfändbares Einkommen von 213,40 €. Im Blick auf diesen Betrag wurde - was die Rechtsbeschwerde verkennt - die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt.
b) Eine Gläubigerbeeinträchtigung scheidet nicht deshalb aus, weil der Schuldner den Betrag in Höhe von 213,40 € am an den Treuhänder entrichtet hat. Bei Begehung eines der Ankündigung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO entgegenstehenden Obliegenheitsverstoßes ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die nach Ende des Schlusstermins erfolgte Angabe der tatsächlich erzielten Einnahmen und deren Abführung den Verstoß nicht zu heilen vermag (, ZInsO 2007, 96, 97; Beschl. v. - IX ZB 115/06; v. - IX ZB 119/06). Im Blick auf eine Versagung der Restschuldbefreiung während der Treuhandperiode (§ 296 InsO) ist streitig, ob der Schuldner eine Obliegenheitsverletzung durch die Zahlung des vorenthaltenen Betrages nachträglich heilen kann (ablehnend etwa Uhlenbruck/Vallender, InsO, 12. Aufl. § 296 Rn. 20; HmbKomm-InsO/Streck, 2. Aufl. § 296 Rn. 11; Kübler/Prütting/Wenzel, aaO § 296 Rn. 5). Auch nach der Gegenauffassung kommt dem Schuldner die Wiedergutmachung einer Obliegenheitsverletzung in Einklang mit der zitierten Rechtsprechung zu § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO nur zustatten, falls sie zu einem Zeitpunkt erfolgt, bevor ein Versagungsantrag gestellt wurde (FK-InsO/Ahrens, 4. Aufl. § 296 Rn. 14; HK-InsO/Landfermann, 4. Aufl. § 296 Rn. 2). Die Zahlung durch den Schuldner ist indessen erst am und mithin zu einem Zeitpunkt erfolgt, lange nachdem am 6. und Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt worden waren.
Unter solchen Umständen scheidet eine Heilung der Obliegenheitsverletzung aus.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
WM 2008 S. 1693 Nr. 36
NAAAC-87891
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja