Bayerisches Landesamt für Steuern - S 2256.1.1-1/3 St 32/St 33

Einkommensteuerliche Folgen der Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrags

Anwendung der (BStBl 2007 II S. 162) und vom (BStBl 2008 II S. 480)

Zur Frage der einkommensteuerlichen Behandlung der Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrags nimmt das Bayerische Landesamt im Hinblick auf die vorgenannten BFH-Urteile anhand des folgenden Beispielsachverhalts Stellung:

Der Steuerpflichtige A hatte im Januar 2004 ein Mietwohngrundstück zum Kaufpreis von 1 Million EURO erworben. Die Anschaffungsnebenkosten (Notar, Grundbuch, Grunderwerbsteuer) beliefen sich auf 40.000 EURO. A erklärte in den Jahren 2004 und 2005 folgende Vermietungseinkünfte, die bestandskräftig veranlagt sind:


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VZ 2004
 
VZ 2005
 
Mieteinnahmen
 
40.000 EURO
 
45.000 EURO
 
Schuldzinsen
./.
35.000 EURO
./.
30.000 EURO
 
Gebäude-AfA
./.
15.000 EURO
./.
15.000 EURO
 
Sonstige Werbungskosten
./.
5.000 EURO
./.
5.000 EURO
 
Verlust
./.
15.000 EURO
./.
5.000 EURO

Anfang des Jahres 2006 entdeckte A an dem Gebäude schwerwiegende bauliche Schäden, die ihm der Verkäufer böswillig verschwiegen hatte. Nach Rücktritt vom Kaufvertrag nach §§ 346, 323 BGB erstattete der Veräußerer A den damals gezahlten Kaufpreis, die seinerzeit angefallenen Notar- und Grundbuchgebühren und die zwischenzeitlich geleisteten Aufwendungen auf das Grundstück einschließlich der gezahlten Schuldzinsen. Gegen gerechnet wurden die vereinnahmten Mieten. Außerdem zahlte der Veräußerer Zinsen für den Kaufpreis, der ihm für zwei Jahre zur Verfügung stand (§§ 346 Abs. 1 Satz 1, 347 Abs. 1 Satz 1 BGB). Im Jahr 2006 erhielt A aus diesem Grund 1,09 Millionen EURO, die sich wie folgt zusammensetzen:


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Erstattung Kaufpreis und Nebenkosten
1.040.000 EURO
+ Erstattung Schuldzinsen und sonstige Werbungskosten
75.000 EURO
 gegen zurechnende Mieteinnahmen
– 85.000 EURO
+ Verzinsung des Kaufpreises
60.000 EURO
Gesamtbetrag
1.090.000 EURO

Welche steuerlichen Auswirkungen ergeben sich aus der Rückabwicklung des Kaufvertrags bei A im Jahr 2006?

Ergebnis:

Bei A ergeben sich im Jahr 2006 folgende Auswirkungen:


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• Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG)
+ 20.000 EURO
• Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG)
+ 60.000 EURO

Zivilrechtlich entfaltet die Aufhebung des Kaufvertrags Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags. Steuerlich gilt jedoch der Grundsatz, dass zivilrechtlich zurückwirkende Vereinbarungen bzw. Gerichtsentscheidungen keine steuerliche Rückwirkung entfalten können. Wenn der Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklicht worden ist, lässt sich das nicht rückwirkend ändern (§§ 38, 41 AO). Die zivilrechtliche Rückwirkung wird deshalb bei laufend veranlagten Steuern nicht nachvollzogen, sondern beschränkt sich auf einmalig festgesetzte Steuern wie Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer. Für den Bereich der Einkommensteuer gilt der „Grundsatz der Unabänderlichkeit des verwirklichten Einkünfteerzielungstatbestandes” ( BStBl 2000 II S. 424 sowie vom , BFH/NV 2000 S. 1185).

Im vorliegenden Fall hat der Steuerpflichtige A bis zur Rückübertragung des Grundstücks den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung erfüllt. Dieser Tatbestand wird nicht rückgängig gemacht, wenn er das Grundstück rücküberträgt, ihm die Grundstückskosten ersetzt werden und er die vereinnahmten Mieten (im Wege der Verrechnung) herausgibt. Bis zur Vereinbarung über die Rückabwicklung des Kaufvertrags war der Steuerpflichtige rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks. Ihm sind deshalb die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen.

Die Vereinbarungen des Jahres 2006 entfalten danach einkommensteuerliche Wirkung erst für dieses Jahr. Dabei ist davon auszugehen, dass sämtliche in der Vereinbarung einzeln aufgeführten Berechnungsposten in diesem Jahr bei dem Steuerpflichtigen zu- bzw. abgeflossen sind, teilweise im Wege der Verrechnung. Damit ergeben sich folgende Auswirkungen bei den verschiedenen Einkunftsarten:

Vermietung und Verpachtung

Die erstatteten (= empfangenen) Schuldzinsen und sonstigen Werbungskosten sind im Jahr der Zahlung als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen (75.000 EURO). Die Herausgabe der vereinnahmten Mieten führt zu negativen Einnahmen (./. 85.000 EURO), so dass sich bei A im VZ 2006 – ohne Berücksichtigung der AfA – zunächst ein Verlust von 10.000 EURO ergibt. Dieses (vorläufige) Ergebnis ist jedoch im Hinblick auf das noch bezüglich der AfA zu korrigieren (+ 2 × 15.000 EURO = 30.000 EURO), so dass sich für 2006 insgesamt ein Überschuss von 20.000 EURO (– 10.000 + 30.000) ergibt. Dies begründet sich wie folgt:

Nach Meinung des BFH dient § 7 EStG nicht dem Ausgleich eines eingetretenen Wertverzehrs ohne Aufwand, sondern ist dazu bestimmt, Aufwendungen des Steuerbürgers in Gestalt von Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das jeweilige Wirtschaftsgut typisierend periodengerecht zu verteilen. Demzufolge lehnte der BFH im entschiedenen Fall den Abzug der AfA ab, da durch die vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrags die Klägerin keine Anschaffungskosten zu tragen hatte.

Übertragen auf den vorliegenden Sachverhalt bedeutet dies, dass die Rückzahlung von Anschaffungskosten im Jahr 2006 insoweit zum Ansatz negativer Werbungskosten (und damit im Ergebnis zu Einnahmen) führt, als die AfA in den Vorjahren bereits steuerlich berücksichtigt worden ist. Die bisher vorgenommene AfA (für zwei Jahre jeweils 15.000 EURO) ist damit zu korrigieren.

Soweit zur Rückgängigmachung der AfA bisher eine andere Auffassung vertreten wurde, wird hieran nicht festgehalten.

Privater Veräußerungsgewinn

Nach dem (a.a.O.) stellt die Rückabwicklung eines Anschaffungsgeschäfts kein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar. Ein etwaiger Veräußerungsgewinn in Höhe der rückgängig gemachten AfA fällt somit nicht an.

Einnahmen aus Kapitalvermögen

Die von dem Grundstücksveräußerer gezahlten Zinsen für den vereinnahmten und später erstatteten Kaufpreis (60.000 EURO) gehören bei A zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Dabei handelt es sich nicht um eine Entschädigung im Sinne von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG, das heißt, dass die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG nicht in Betracht kommt.

Der zu verzinsende Geldbetrag stand dem Veräußerer des Grundstücks zur Verfügung. Für diese Nutzung bzw. Nutzungsmöglichkeit hat er nach den Vorschriften des BGB unmittelbar Zinsen zu entrichten und ist nicht etwa zur Zahlung von Schadensersatz wegen entgangener Nutzungsvorteile verpflichtet.

Die Zusammenballung der Zinsen stellt nach der BFH-Rechtsprechung auch keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit dar i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ( BStBl 1966 III S. 462).

Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 2256.1.1-1/3 St 32/St 33

Fundstelle(n):
EStB 2008 S. 363 Nr. 10
StBW 2008 S. 9 Nr. 17
KAAAC-85442