BFH Beschluss v. - IV B 147/07

Darlegung von Verfahrensmängeln; keine verfassungswidrige Überbesteuerung bei einer Personengesellschaft durch die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes

Gesetze: FGO § 76, FGO § 96, FGO § 115 Abs. 2, GewStG § 10a, GG Art. 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) noch wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen. Denn es fehlt bereits an einer hinreichenden Darlegung der behaupteten Revisionszulassungsgründe.

1. Grundsätzliche Bedeutung

a) Voraussetzung für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist, dass der Kläger eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage darlegt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärungsfähig ist (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom IV B 67/04, BFH/NV 2006, 234; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 52). Eine Rechtsfrage ist nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie bereits hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den Bundesfinanzhof (BFH) erforderlich machen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 28; Senatsbeschluss vom IV B 24/04, BFH/NV 2006, 91). Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO müssen in der Begründung der Beschwerde dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

b) Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) macht geltend, der so genannte Halbteilungsgrundsatz, der sich aus dem (BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655) ergebe, sei verletzt, weil „der Kläger und seine Ehefrau” bei ihrer Berechnung der (staatlichen) Abzüge von ihren Einnahmen auf weit über 67 % kämen. Das BVerfG habe im Beschluss vom 2 BvR 2194/99 (BVerfGE 115, 97) lediglich klargestellt, dass es keine verbindliche verfassungsrechtliche Obergrenze für die Gesamtbelastung mit der Einkommen- und Gewerbesteuer gebe.

c) Daraus kann sich im Streitfall schon deshalb keine klärungsfähige Rechtsfrage ergeben, weil die Klägerin eine Personengesellschaft ist, für die eine verfassungswidrige Überbesteuerung weder dargelegt wurde noch überhaupt in Betracht kommt.

Denn zum einen ist über die Steuerbelastung des —mit der Bezeichnung als „Kläger” offenbar gemeinten— Ehemanns der Kommanditistin der vorliegend klagenden GmbH und Co. KG im Streitfall nicht zu entscheiden. Dem entsprechend enthält das angefochtene Urteil dazu keine Feststellungen; auch der Beschwerde lassen sich keine nachvollziehbaren Angaben entnehmen. Schon deshalb fehlt es bereits im Ansatz an der erforderlichen Darlegung einer verfassungswidrigen Überbesteuerung durch die angefochtenen Bescheide.

Zum anderen kommt eine solche Überbesteuerung bei einer Personengesellschaft unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht, wenn es sich nicht um eine Steuerfestsetzung handelt (Senatsbeschluss vom IV B 91/04, BFHE 209, 128, BStBl II 2005, 647, unter 2.b der Gründe zur Festsetzung von Gewerbesteuermessbeträgen). Im Streitfall ist die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes streitig. Es ist ausgeschlossen, dass sich daraus eine Überbesteuerung ergeben könnte. Hinzu kommt noch, dass es auch an der gebotenen Auseinandersetzung mit der neueren Rechtsprechung des BVerfG fehlt, nach der sich aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze in der Nähe einer hälftigen Teilung („Halbteilungsgrundsatz”) ableiten lässt (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 115, 97, unter C.II.2.a der Gründe).

2. Verfahrensmangel

Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen in der Begründung der Beschwerde die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dargelegt werden. Dazu müssen die Tatsachen genau angegeben werden, die den Mangel ergeben (vgl. § 120 Abs. 3 Nr. 2b FGO; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 67, m.w.N.).

Diese Voraussetzungen erfüllen die Ausführungen der Klägerin zur mangelnden Sachaufklärung und zur Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht.

a) Eine schlüssige Rüge, das Finanzgericht (FG) habe gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung verstoßen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), erfordert die Darlegung, zu welchen konkreten Tatsachen weitere Ermittlungen geboten waren, wo Tatsachen vorgetragen waren, aus denen sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die zusätzliche Erhebung von Beweisen aller Voraussicht nach gehabt hätte und inwieweit die unterlassene Beweiserhebung oder Ermittlungsmaßnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können (vgl. u.a. , BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819, unter II.1. der Gründe; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 70, m.w.N.).

Die Klägerin begnügt sich insoweit mit pauschalen Hinweisen auf bestimmte Sachverhaltskomplexe. Damit erfüllt sie jedoch keine der genannten Voraussetzungen.

b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst nach § 96 Abs. 2 FGO in erster Linie das Recht der Verfahrensbeteiligten, sich vor Erlass einer Entscheidung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisergebnissen zu äußern und dem Gericht auch in rechtlicher Hinsicht alles vorzutragen, was sie für wesentlich halten (Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz 10a, m.w.N.). Eine schlüssige Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs erfordert in Fällen wie dem vorliegenden die substantiierte Darlegung, zu welchen Sach- oder Rechtsfragen sich die Klägerin vor dem FG nicht äußern konnte oder welches Vorbringen das FG bei seiner Entscheidung nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz 14, m.w.N.).

Auch diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Denn vorliegend lässt sich den Darlegungen in der Beschwerde weder entnehmen, zu welchen entscheidungserheblichen Tatsachen und/oder Rechtsfragen sich die Klägerin ihrer Auffassung nach nicht hat äußern können noch wird erkennbar, was sie andernfalls noch hätte vortragen wollen. Daran ändern auch ihre Einwendungen dagegen, dass Akteneinsicht im finanzgerichtlichen Verfahren in der Regel in Amtsräumen zu nehmen ist, nichts. Auch insoweit fehlt es an konkreten, auf den Streitfall bezogenen Angaben und an einer zur Darlegung eines Verfahrensmangels erforderlichen Auseinandersetzung mit der zu dieser Frage ergangenen Rechtsprechung (Nachweise dazu bei Gräber/Koch, a.a.O., § 78 Rz 10).

Fundstelle(n):
SAAAC-85302