BMF - IV C 1 - S 2000/07/0009

Zweifelsfragen im Hinblick auf die Umsetzung der Abgeltungsteuer

I. Zweifelsfragen in Ihrem Schreiben vom

Mit Schreiben [des Zentralen Kreditausschusses vom ] haben Sie eine Reihe von Fragen zur praktischen Umsetzung der Abgeltungsteuer gestellt. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich hierzu wie folgt Stellung (zur besseren Verständlichkeit habe ich den Text Ihrer Fragen wiedergegeben und um meine Antworten ergänzt). Hinsichtlich Ihrer Zweifelsfragen zum Investmentsteuergesetz verweise ich auf mein Schreiben vom – IV C 1 – S 1980 – 1/08/1008 –.

1. Regelung des Zuflusszeitpunkts bei Veräußerungstatbeständen

„Für die künftig umfassende Veräußerungsgewinnbesteuerung muss klargestellt werden, dass – wie gegenwärtig bei Anwendung der Marktrendite im Rahmen des Zinsabschlags – der zivilrechtliche Vertragsabschluss der maßgebliche Zeitpunkt ist für den Steuerabzug, die Freistellungsauftragsverwaltung und die Verlustverrechnung (in Anlehnung an die Regelung im , wonach für den Zinsabschlag in Veräußerungsfällen der Abrechnungstag als maßgeblicher Zeitpunkt für den Steuerabzug und damit auch für die Berücksichtigung vorhandenen Freistellungsvolumens und im Stückzinstopf befindlicher gezahlter Stückzinsen festgelegt wurde).”

BMF: Ich stimme Ihrer Auffassung zu.

2. Vom Kreditinstitut anzuwendender Devisenumrechnungskurs bei Kapitalerträgen in Fremdwährung

„Die Finanzverwaltung schreibt bislang den Devisengeldkurs vor (vgl. zuletzt BStBl 2002 I S. 1346). Dies entspricht der Abrechnungspraxis der Kreditinstitute bei der bis zur Euro-Umstellung üblichen Preisnotierung für eine Währung (z. B. 1 USD = X EUR). Inzwischen wurde die Abrechnung umgestellt und basiert auf einer Mengennotierung (z. B. 1 EUR = Y USD), weshalb auf dieser Grundlage für Gutschriften seither auf den Devisenbriefkurs abgestellt wird.

Wir bitten um Bestätigung, dass an dieser geübten Praxis festgehalten werden kann.”

BMF: Ich stimme Ihrer Auffassung zu.

3. Verlustbescheinigung beim Tod eines Kunden

„Sobald das Kreditinstitut vom Tod eines Kunden Kenntnis erlangt, werden die Verlustverrechnungstöpfe geschlossen (vgl. BMF-Antwortschreiben vom Punkt 1f)). Im Hinblick darauf erscheint es konsequent, den an sich erforderlichen Antrag auf Ausstellung einer Verlustbescheinigung gemäß § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG-neu als gestellt anzusehen.

Wir bitten um Bestätigung.”

BMF: Ich stimme Ihrer Auffassung zu.

4. Verlustbescheinigung bei Beendigung der Kundenbeziehung und bei Steuerausländereigenschaft

„Wir bitten um Bestätigung, dass bei Beendigung der Kundenbeziehung, sofern kein Antrag auf Verlustmitteilung an das neue Kreditinstitut (§ 43a Abs. 3 Satz 6 EStG-neu) gestellt wird, die in diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Verlusttöpfe geschlossen werden und automatisch eine Verlustbescheinigung zum Jahresende erstellt wird (wie bei Tod des Kunden).

Entsprechendes sollte gelten, wenn der Kunde in den Status des Steuerausländers wechselt.”

BMF: Ich stimme Ihrer Auffassung zu.

5. Behandlung von Verlusten aus der Veräußerung von ADRs (American Depositary Receipts)

„Wir bitten um Bestätigung, dass vor dem Hintergrund des eindeutigen Wortlauts des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG-neu („Aktien”) sog. ADRs, die selbst keine Aktien sind, sondern lediglich die Rechtsstellung des Aktionärs in Form eines Zertifikats verbriefen, nicht unter die eingeschränkte Verlustverrechnung fallen.”

BMF: Ich stimme Ihrer Auffassung zu.

6. Behandlung von Vorschusszinsen bei Spareinlagen

„Nach dem BStBl 2002 I S. 1346, ist die Verrechenbarkeit von Vorschusszinsen mit Habenzinsen an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Insbesondere dürfen die Vorschusszinsen weder die Habenzinsen übersteigen noch für einen längeren Zeitraum als zweieinhalb Jahre berechnet werden.

Diese Einschränkungen sollten im Hinblick auf die künftige Abgeltungsteuer entfallen. Wir bitten daher um Klarstellung, dass der künftige Kapitalertragsteuerabzug von der jeweiligen Saldogröße erfolgt bzw. bei negativem Saldo eine Einstellung in den allgemeinen Verlusttopf vorzunehmen ist.”

BMF: Ich stimme Ihrer Auffassung nicht zu. An der Regelung in Rz. 8 des wird festgehalten.

7. Verlustverrechnung bei Nießbrauchkonten und -depots

„Es wird um Klarstellung gebeten, dass die Aussage im BMF-Antwortschreiben vom unter Punkt 1e, wonach bei Treuhandkonten und -depots eine getrennte Verlustverrechnung (pro Konto, pro Depot) vorzunehmen ist, auch für Nießbrauchfälle gilt, bei denen die laufenden Erträge einem anderen als dem Konto- oder Depotinhaber zustehen. Eine Trennung zwischen laufenden Erträgen und Veräußerungsvorgängen ist im Steuerabzugsverfahren nicht durchführbar.”

BMF: Ich stimme Ihrer Auffassung zu.

8. Verlustverrechnung bei NV-Fällen

„Nach unserer Auffassung sollte es den Instituten freigestellt werden, ob bei Vorliegen einer gültigen NV-Bescheinigung die Verlustverrechnung sowie die Anrechnung ausländischer Quellensteuer als bloße Schattenrechnung vorgenommen wird oder nicht.

Wir bitten um Bestätigung, dass nach Ablauf der NV-Bescheinigung die Daten aus der Schattenrechnung (Verlusttopf, nicht angerechnete Quellensteuer) genutzt werden.”

BMF: Ich teile Ihre Auffassung nicht.

Verluste, die bis zum Widerruf einer NV-Bescheinigung aufgelaufen sind, können im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzuges nicht berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt für nicht angerechnete Quellensteuer.

Die Kreditinstitute können dem Steuerpflichtigen jedoch im Hinblick auf die Veranlagung die angelaufenen Verluste sowie die nicht angerechnete Quellensteuer bescheinigen.

9. Auswirkungen der Korrektur von Bemessungsgrundlagen im Rahmen der Veranlagung

„Soweit im Rahmen des Veranlagungsverfahrens Korrekturen der Bemessungsgrundlage vorgenommen werden, sind die steuerlichen Korrekturen ausschließlich über das Finanzamt vorzunehmen. So wird bei einer zu hohen Ersatzbemessungsgrundlage (z. B. der Steuerpflichtige weist die Anschaffungsdaten bei einem Geschäftsvorfall, den das Kreditinstitut mit Ersatzbemessungsgrundlage abgerechnet hatte, in der Veranlagung nach) dem Kunden in der Veranlagung der überzahlte Abgeltungsteuerbetrag erstattet. Eine Erstattung sollte auch dann erfolgen, wenn auf Ebene der Bank eine Verrechnung mit dem Verlusttopf zu keinem Steuerabzug geführt hat. Denn in diesem Fall wirkt sich z. B. die überhöhte Bemessungsgrundlage in der Folge durch einen verminderten Verlusttopf aus.

Wir sind der Ansicht, dass zur Korrektur der Bemessungsgrundlage von einzelnen Geschäftsvorfällen im Rahmen des Veranlagungsverfahrens (§ 32d Abs. 4 EStG-neu) nur die Vorlage der entsprechenden Unterlagen, die zur Korrektur der steuerlichen Daten dieses Geschäftsvorfalls dienen, erforderlich ist. Die Offenlegung sämtlicher Kapitalerträge ist nicht erforderlich. Wir bitten um Bestätigung unserer Rechtsauffassung.”

BMF: Ich teile Ihre Auffassung. Dem Kunden wird die Möglichkeit gegeben, durch die Einreichung einer entsprechenden Steuerbescheinigung nach § 45a EStG die Offenlegung sämtlicher Kapitalerträge zu vermeiden.

10. Ist für Körperschaften ein Verlusttopf zu führen?

„Die neuen Steuerabzugstatbestände (Kapitalerträge i. S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 8 bis 12 EStG-neu) unterliegen bei Körperschaften nicht dem Steuerabzug, so dass auch die negativen Teile nicht auf Institutsebene zu berücksichtigen sind. Da vereinnahmte Stückzinsen künftig als Teil des Veräußerungspreises anzusehen sind, unterliegen sie bei diesen Empfängern ebenfalls (anders als bisher) nicht dem Steuerabzug. Daher erscheint die Führung eines Verlusttopfes nur für gezahlte Stückzinsen (und gezahlte Zwischengewinne) nicht erforderlich.

Wir bitten um Klarstellung und ggf. gesetzliche Absicherung.”

BMF: Bei den Körperschaften ist – wie auch bei den Einkünften gemäß § 20 Abs. 8 EStG – kein Verlusttopf zu führen, da § 43a Abs. 3 EStG in diesen Fällen keine Anwendung findet. Die in § 43a Abs. 3 EStG enthaltenen Regelungen insbesondere zur Verlustverrechnung und zur – vereinfachten – Anrechnung ausländischer Steuern sind darauf ausgerichtet, durch eine zusammenfassende Betrachtung aller bei einem Kreditinstitut unterhaltenen Konten und Depots eines Steuerpflichtigen mit privaten Kapitalerträgen schon bei Erhebung der Kapitalertragsteuer die letztlich zutreffende Jahressteuer zu erheben, um den Abgeltungscharakter der Kapitalertragsteuer auf private Kapitalerträge in möglichst vielen Fällen sicherzustellen.

11. Kann bei Treuhandkonten, Nießbrauch- und Nachlasskonten eine Anrechnung ausländischer Quellensteuern erfolgen?

„Da für die genannten Konten beim Steuerabzug grundsätzlich die für Einkünfte aus Kapitalvermögen geltenden Regelungen angewendet werden (mit jeweils eigenen Verlustverrechnungskreisen pro Konto; vgl. Punkt 1e), erscheint auch die Anrechnung ausländischer Quellensteuern sinnvoll. In diesen Fällen (vgl. zu Nießbrauchkonten auch oben 7) kann zwar grundsätzlich von einem Veranlagungserfordernis ausgegangen werden, eine Ausnahme nur für den Anrechnungsprozess bei der Quellensteuer würde jedoch einen unvertretbaren Aufwand darstellen.

Wir bitten daher um Bestätigung, dass auch in den genannten Sonderfällen die Quellensteueranrechnung erfolgen kann.”

BMF: Ich teile Ihre Auffassung.

12. Behandlung von Depotüberträgen ohne Gläubigerwechsel, die vor 2009 vollzogen werden

„Für die Anwendung des § 43a Abs. 2 Satz 3 EStG-neu (Überträge innerhalb Deutschlands) sowie des Satzes 5 (EU/EWR-Auslandsfälle) ist keine besondere Übergangsregelung in § 52a EStG-neu vorgesehen. Es dürfte daher die allgemeine Anwendungsregel des § 52a Abs. 1 EStG-neu gelten, wonach die Vorschriften zur Abgeltungsteuer erstmals für nach dem zufließende Kapitalerträge gelten.

Wir bitten um Klarstellung, dass § 43a Abs. 2 Sätze 3 und 5 EStG-neu erst für Depotüberträge ab 2009 gilt.”

BMF: Ich teile Ihre Auffassung.

13. Wie ist nach Beendigung der Kundenbeziehung der vollständige Depotübertrag auf mehrere Institute zu behandeln?

„Es stellt sich die Frage, ob die Möglichkeit besteht, den „Aktientopf” und den allgemeinen Verlusttopf jeweils auf unterschiedliche Institute zu übertragen. Wir halten diese Möglichkeit für sinnvoll und bitten insoweit in Ergänzung zu den Ausführungen im Antwort-Schreiben vom (vgl. Punkt 3e) um Klarstellung.”

BMF: Ich teile Ihre Auffassung.

14. Übertragung von Depots aus Anlass von Erbfällen

§ 43 Abs. 1 Satz 4 EStG-neu regelt, dass der Depotübertrag auf einen anderen Gläubiger für Zwecke des Steuerabzugs als Veräußerung gilt. Kommt es im Rahmen von Erbfällen zur Depotübertragung auf den oder die Erben, so wäre an sich die Regelung vom Wortlaut her anwendbar. Bei Vorlage z. B. eines Erbscheins kann in jedem Fall von einem unentgeltlichen Depotübertrag im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 4 EStG-neu ausgegangen werden.

Bei Tod des Kunden besteht ohnehin gemäß § 33 ErbStG eine Mitteilungspflicht der Kreditinstitute an das Erbschaftsteuerfinanzamt. Wir bitten daher um Bestätigung, dass eine zusätzliche Meldung nach § 43 Abs. 1 Satz 6 EStG-neu nicht erforderlich ist.”

BMF: Ich teile Ihre Auffassung.

15. Nichtbeanstandungsregelung für Übernahme von Anschaffungsdaten in fremder Währung bei Depotüberträgen aus dem Ausland

„Sofern das abgebende ausländische Kreditinstitut die Anschaffungsdaten nur in ausländischer Währung bescheinigt hat, regen wir an, dass es nicht beanstandet wird, wenn das aufnehmende Institut bei Veräußerung oder Einlösung dieser Wertpapiere den Unterschiedsbetrag in fremder Währung berechnet und dann erst in Euro umrechnet (in Anlehnung an die Behandlung von „Alt-Finanzinnovationen”, vgl. Punkt 4d)”

BMF: Ich teile nicht Ihre Auffassung. Gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz EStG sind die Einnahmen zum Zeitpunkt der Veräußerung und die Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der Anschaffung in Euro umzurechnen. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig.

16. Unentgeltliche Depotüberträge bei Altbeständen

„Wir bitten um Bestätigung, dass bei einem unentgeltlichen Depotübertrag keine Meldung an das Finanzamt erfolgen muss, soweit es sich um einen Übertrag von Altbeständen handelt, die nicht der Abgeltungsteuer unterliegen (vgl. hierzu Antwortschreiben vom , Punkt 3a).”

BMF: Ich teile Ihre Auffassung.

17. Keine Veräußerungsfiktion in den Fällen des § 43a Abs. 2 Satz 15 EStG-neu

„Nach § 43 Abs. 1 Satz 4 EStG-neu gilt für Zwecke des Kapitalertragsteuerabzugs die Übertragung eines von einer auszahlenden Stelle verwahrten oder verwalteten Wirtschaftsguts im Sinne des § 20 Abs. 2 EStG-neu auf einen anderen Gläubiger als Veräußerung des Wirtschaftsguts. Der Wortlaut dieser Regelung könnte eine Anwendung der Veräußerungsfiktion auch auf Fälle der Übertragung von nicht verbrieften Kapitalforderungen und von nicht für den marktmäßigen Handel bestimmten schuldbuchfähigen Bundespapieren nahe legen.

Eine Anwendung der Veräußerungsfiktion erscheint uns hier nicht sinnvoll. Nach § 43a Abs. 2 Satz 15 unterliegt in diesen Fällen der volle Kapitalertrag dem Steuerabzug. Die zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage getroffenen Regelungen (§ 43a Abs. Sätze 2 bis 14 EStG-neu) werden ausdrücklich sowohl für den Veräußerungsfall als auch für den Fall der Veräußerungsfiktion für nicht anwendbar erklärt. Wir bitten daher um Klarstellung.”

BMF: Ich teile nicht Ihre Auffassung. Der Sinn und Zweck des § 43 Abs. 1 Satz 4 EStG – Sicherung des Steueraufkommens bei Übertragung von Kapitalforderungen auf andere Gläubiger – greift auch in diesen Fällen.

18. „Wie ist zu verfahren, wenn bei einem als entgeltlich zu behandelnden Depotübertrag keine Ersatzbemessungsgrundlage ermittelt werden kann (weder Veräußerungskurs noch Anschaffungskosten vorhanden)?

Es bleibt nach unserer Auffassung in diesem Fall nur eine Meldung an das zuständige Finanzamt entsprechend § 44 Abs. 1 Sätze 7 ff. EStG.

Wir bitten um Bestätigung und Prüfung, ob die gesetzliche Regelung ausreichend ist.”

BMF: Ich stimme Ihrer Auffassung zu. Eine gesetzliche Regelung ist nicht erforderlich.

19. Handelt es sich bei Wertpapierleihe-, Wertpapierpensions- und Repogeschäften um Veräußerungsgeschäfte im Rahmen der Abgeltungsteuer?

„Unabhängig von der zivilrechtlichen Abwicklung liegt steuerrechtlich in allen Varianten ein Depotübertrag auf einen anderen Gläubiger (Depot des Verleihers auf Depot des Entleihers) vor, der nach § 43 Abs. 1 Satz 4 EStG-neu als Veräußerung fingiert wird. Beim Entleiher erfolgt eine Einbuchung mit dem Ersatzwert für die Anschaffungskosten, § 43a Abs. 2 Satz 11 EStG-neu. Bei entsprechender Mitteilung kann der Vorgang auch als unentgeltlicher Depotübertrag mit Meldung an das Finanzamt abgewickelt werden (§ 43 Abs. 1 Sätze 5 und 6 EStG-neu).

Wir halten es jedoch für den Fall, dass das Depot führende Kreditinstitut in den Leihevorgang als Entleiher eingeschaltet ist, für vertretbar, dass der Entleihvorgang und die Rückgabe steuerlich neutral behandelt werden können. In diesem Fall liegt zwar ein Depotübertrag vor. Eine Anwendung der Veräußerungsfiktion gemäß § 43 Abs. 1 Satz 4 EStG-neu wäre jedoch nicht sachgerecht (aufgrund seiner Einschaltung weiß das Institut, dass die Wertpapiere nicht aufgrund eines Veräußerungsgeschäftes, sondern aufgrund eines Darlehensvertrages zivilrechtlich übereignet werden). Es erscheint auch nicht sachgerecht, die Rechtfolgen eines unentgeltlichen Depotübertrags im Sinne der Vorschrift des § 43 Abs. 1 Satz 5 und 6 EStG anzuwenden, da nach der Gesetzesbegründung die Meldung an das Betriebsstättenfinanzamt auf die Klärung eines schenkungsteuerlichen Sachverhaltes zielt. Ein solcher Vorgang liegt jedoch in der Regel ebenfalls nicht vor.

Wir bitten um Bestätigung unserer Rechtsauffassung.”

BMF: Ich teile Ihre Auffassung.

20. Behandlung von Leerverkäufen

„Folgende Sachverhalte sind zu unterscheiden:

Fall 1:

Der Kunde verfügt über keinen Bestand und hat einen Verkaufsauftrag erteilt (eigentlicher Leerverkauf).

Lösung:

Der Verkaufsauftrag muss sofort als Veräußerungsgeschäft abgewickelt werden. Da dem Veräußerungsgeschäft kein Depotbestand und somit auch keine Anschaffungskosten gegenüberstehen, ist der Verkauf mit der Ersatzbemessungsgrundlage abzurechnen (§ 43a Abs. 2 Satz 7 EStG-neu). Die spätere Erfüllung der Lieferpflicht – nach vorherigem Eindeckungsgeschäft (WP-Kassakauf oder Wertpapierleihe) – wird als entgeltlicher Depotübertrag abgewickelt. Dabei wird wiederum die Ersatzbemessungsgrundlage angewendet (je nach Art des Eindeckungsgeschäfts werden entweder konkrete Anschaffungskosten oder Ersatz-Anschaffungskosten gegen gerechnet). Die Zuordnung des späteren Eindeckungsgeschäfts zu dem vorangehenden Veräußerungsgeschäft kann zweifelsfrei nur vom Kunden in der Veranlagung vorgenommen werden.

Fall 2 (rein technisch bedingter Minusbestand):

Es erfolgt zuerst Wertpapierkauf und dann der Wertpapierverkauf (so die Reihenfolge der Kaufverträge), aber die Kaufabrechnung wird erst nach der Verkaufsabrechnung verbucht.

Lösung:

Der Verkauf wird zunächst unter Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage (wegen fehlender Anschaffungsdaten) abgewickelt. Bei späterer Einbuchung der Anschaffungskosten erfolgt dann jedoch eine Korrekturabrechnung durch die Depotbank.

Wir bitten um Bestätigung, dass in der Praxis wie beschrieben vorgegangen werden kann.”

BMF: Ich teile Ihre Auffassung.

21. Form des Antrags auf Einbehalt der Kirchensteuer

„Wir bitten klarzustellen, dass der Antrag des Kunden, Kirchensteuer im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugs einzubehalten, auch auf elektronischem Wege an die Bank übermittelt werden kann (wie auch für Freistellungsaufträge möglich).”

BMF: Ich teile Ihre Auffassung.

22. Ist bei Tafelgeschäften Kirchensteuer einzubehalten?

„Nach unserer Auffassung kann bei Tafelgeschäften die Kirchenmitgliedschaft nicht berücksichtigt werden, da das Kreditinstitut nicht prüfen kann, ob der Kunde, der das Tafelgeschäft tätigt, auch im Zeitpunkt der Fälligkeit der Erträge Gläubiger war.

Wir bitten um Bestätigung unserer Rechtsauffassung.”

BMF: Die Kirchensteuer-Referatsleiter von Bund und Ländern vertreten die Auffassung, dass bei Tafelgeschäften Kirchensteuer nur einbehalten werden muss, sofern der Kunde, der das Tafelgeschäft tätigt, bezüglich dieser Geschäfte einen Antrag auf Einbehalt der Kirchensteuer gestellt hat.

II. Weitere Zweifelsfragen

Unabhängig von Ihren im o. g. Schreiben angeführten Zweifelsfragen weise ich auf folgende Problempunkte hin, die sowohl von Ihrer Seite als auch von den obersten Finanzbehörden der Länder an mich herangetragen wurden.

1. Behandlung von ausländischen Kapitalmaßnahmen

Fraglich ist die einkommensteuerrechtliche Behandlung, wenn dem Anleger im Zuge einer Reorganisation sog. B-Aktien (B-shares, redemptionshares) angedient werden, die ihm Wahlrechte zur sofortigen Bareinlösung oder einer späteren Einlösung einräumen.

Beispiel aus der Praxis (Vodafone plc):

Im Jahr 2006 führte die Gesellschaft eine Reorganisation im Verhältnis 8: 7 + 1 B-share durch. Die zugeteilten B-shares konnten entweder sofort oder innerhalb einer vom Emittenten gesetzten Frist in einen festgelegten Geldbetrag umgetauscht werden. Nach Ablauf der Frist erfolgte ein Umtausch durch die Gesellschaft aufgrund eines vorbehaltenen Kündigungsrechtes.

Es ist danach zu differenzieren, welches Wahlrecht der Anleger ausübt. Erhält er sogleich das Geld, handelt es sich um eine Dividendenbesteuerung. Bezieht er B-Shares, dann gelten die Sachausschüttungsgrundsätze.

2. Behandlung von Optionsanleihen (vgl.   BStBl 2004 I S. 1034 Rz. 7 ff)

Abweichend von Rz. 8 des können bei Optionsanleihen, die nach dem erworben werden, die Anschaffungskosten der Anleihe zugerechnet werden, wenn die Aufteilung der Anschaffungskosten der Optionsanleihe nicht nach den Angaben im Emissionsprospekt gemäß Rz. 8 Satz 4 erfolgen kann.

3. Anwendung der Fifo-Methode

Es ist gefragt worden, ob die in § 20 Abs. 4 Satz 7 EStG für girosammelverwahrte Wertpapiere angeordnete Fifo-Verbrauchsreihenfolge auch für die Streifbandverwahrung Anwendung findet.

Es wird nicht beanstandet, wenn die Fifo-Verbrauchsreihenfolge auch bei der Streifbandverwahrung angewendet wird.

4. Anmeldung von Kapitalertragsteuer in Tafelgeschäftsfällen

Im Anmeldevordruck zur KapSt 2009 ist keine Zeile enthalten, die eine Anmeldung von KapSt in Tafelgeschäftsfällen mit einem Abzugsteuersatz von 35 % vorsieht. Ich bin gefragt worden, ob eine solche Zeile notwendig wäre für vor 2009 endfällige Kupons, da auch für diese vor Einführung der Abgeltungsteuer fälligen Kupons der bisherige Satz von 35 % anwendbar bleibt.

Da es sich hierbei lediglich um eine temporäre Übergangsproblematik von altem zum neuen Recht handelt, ist aus Gründen der Verfahrensvereinfachung in diesen Fällen der Kapitalertragsteuerbetrag mit dem Steuereinbehalt von 35 % in Zeile 8 einzutragen.

5. Verfall eines Optionsrechts

Ich bin gefragt worden, ob der Verfall des Optionsrechts nach Einführung der Abgeltungsteuer als negative Einnahme behandelt wird.

Die Grundsätze des (BStBl 2001 I S. 986) gelten weiterhin. Gemäß Rz. 18 und Rz. 23 dieses Schreibens sind bei einem Verfall des Optionsrechts am Ende der Laufzeit deren Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten einkommensteuerrechtlich ohne Bedeutung.

6. Zinsbegrenzungsvereinbarungen

Ich bin gefragt worden, wie bei Zinsbegrenzungsvereinbarungen der Optionsinhaber und der Stillhalter einkommensteuerrechtlich zu behandeln sind.

Kauf einer Zinsbegrenzungsvereinbarung (Rechtstellung des Optionsinhabers)

Zinsbegrenzungsvereinbarungen sind Verträge, in denen sich einer der Vertragspartner (der Verkäufer) verpflichtet, an einen anderen Vertragspartner (den Käufer) Ausgleichszahlungen zu leisten, wenn ein bestimmter Zinssatz eine gewisse Höhe über- oder unterschreitet. Ihre Grundformen sind Caps (Zinsoberbegrenzungen), Floors (Zinsunterbegrenzungen) und Collars (eine Kombination aus Caps und Floors).

Da die Ausgleichszahlungen in Abhängigkeit von der Entwicklung einer bestimmten Bezugsgröße, dem Referenzzinssatz, gezahlt werden, sind Zinsbegrenzungsvereinbarungen als Termingeschäfte i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a EStG zu klassifizieren. Ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach werden Zinsbegrenzungsvereinbarungen als eine Reihe von Zinsoptionen beurteilt.

Caps, Floors und Collars können dabei nach analogen Grundsätzen behandelt werden. Die Zahlung der Prämie zum Zeitpunkt des Erwerbs der Zinsbegrenzungsvereinbarung stellt die Anschaffung eines Optionsrechts bzw. mehrerer hintereinander gestaffelter Optionsrechte dar.

Zinsbegrenzungsvereinbarungen stellen Dauerschuldverhältnisse dar, deren Leistungen sich zu bestimmten vertraglich vereinbarten Terminen konkretisieren.

Bei dem Steuerabzug ist im Sinne einer cash-flow-Besteuerung an die während der Laufzeit des Kontrakts zu leistenden Ausgleichszahlungen anzuknüpfen. Die für den Erwerb der Zinsbegrenzungsvereinbarung getätigten Aufwendungen werden zum Zeitpunkt der ersten Ausgleichszahlung berücksichtigt (§ 20 Abs. 4 Satz 5 EStG).

Kommt es zu keiner Ausgleichszahlung über die gesamte Vertragslaufzeit, weil der Referenzzinssatz die Zinsobergrenze zu keinem Zeitpunkt überschreitet bzw. die Zinsuntergrenze zu keinem Zeitpunkt unterschreitet, sind die für einen Verfall von Rechtspositionen geltenden Rechtsgrundsätze anzuwenden.

Verkauf einer Zinsbegrenzungsvereinbarung (Stillhalterposition)

Die zu Vertragsbeginn vereinnahmte Prämie zählt zu den nach § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG abgeltungsteuerpflichtigen Kapitalerträgen. Die vom Stillhalter einer derartigen Vereinbarung zu leistenden Ausgleichszahlungen entsprechen der Entrichtung eines Differenzausgleiches und sind bei Stillhaltergeschäften im Privatvermögen einkommensteuerrechtlich unbeachtlich (vgl. mein Schreiben vom Tz. 4h).

7. Swaps

Ich bin gefragt worden, wie die Zahlungen bei Swap-Verträgen steuerrechtlich zu beurteilen sind.

a) Zinsswaps

Bei einem Zinsswap vereinbaren die Parteien für eine vertraglich bestimmte Laufzeit den Austausch von Geldbeträgen, welche sich in Bezug auf die Zinsberechnungsbasis unterscheiden. Kapitalbeträge werden nicht ausgetauscht, sondern dienen lediglich als Berechnungsbasis für die Ermittlung der auszutauschenden Geldbeträge. Im einfachsten Fall werden jährlich (halbjährlich, quartalsweise, monatlich) zu zahlende Festzinsbeträge gegen jährlich (halbjährlich, quartalsweise, monatlich) zu zahlende variable Zinsbeträge getauscht, die sich nach einem Referenzzins wie dem EURIBOR richten).

Häufig werden laufende Zinszahlungen gegen einmalig am Anfang oder am Ende der Laufzeit zu zahlende Beträge getauscht („Up-Front-Zinsswap” oder „Balloon-Zinsswap”).

Zu beachten ist, dass Swapgeschäfte, ähnlich wie Zinsbegrenzungsvereinbarungen, Dauerschuldverhältnisse sind und als Termingeschäfte i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a EStG einzustufen sind.

Entsprechend den Regelungen zu Zinsbegrenzungsvereinbarungen ist an die während der Laufzeit jeweils erhaltenen und geleisteten Zinsbeträge anzuknüpfen. Up-Front- oder Balloon-Payments sind zum jeweiligen Zahlungszeitpunkt beim Steuerabzug zu berücksichtigen bzw. in den Verlusttopf gemäß § 43a Abs. 3 EStG einzustellen. Transaktionskosten sind als Aufwendungen im Sinne des § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG zum Zeitpunkt ihrer Leistung zu berücksichtigen.

b) Aktienswaps

Aktienswaps werden in der Regel dazu eingesetzt, aus einer Aktienposition resultierende Chancen und Risiken auf einen Vertragspartner (Sicherungsgeber, in der Regel die Hausbank) zu übertragen. Der Sicherungsgeber übernimmt dabei für die Laufzeit des Geschäftes das Kurs- und Dividendenrisiko aus den Aktien. Er erhält Dividendenausgleichszahlungen und bei Fälligkeit einen Ausgleich von etwaigen Wertsteigerungen der Aktien. Im Gegenzug ersetzt der Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer dessen Finanzierungskosten (Berechnungsgrundlage der vertraglich vereinbarten „Zinszahlungen” ist der Marktwert der Aktienposition bei Vertragsabschluss) und leistet einen Ausgleich für etwaige Kursverluste.

Ein Kapitaltransfer in Höhe des Marktwertes der dem Swap-Geschäft zu Grunde liegenden Aktienpositionen findet regelmäßig nicht statt.

Die Anwendung der sachlich gebotenen Nettobetrachtung hat folgende steuerliche Konsequenzen:

(1)

Vereinnahmung der Dividende:

abgeltungsteuerpflichtiger Kapitalertrag im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

(2)

Leistung einer Dividendenausgleichszahlung an die Hausbank (Sicherungsgeber):

Aufwendungen im Sinne des § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG

(3)

Vergütung etwaiger Wertsteigerungen an die Hausbank (Sicherungsgeber):

Aufwendungen im Sinne des § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG

(4)

„Zinszahlungen” der Hausbank (Sicherungsgeber) an den Anleger:

Geldbetrag i. S. d. § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG.

(5)

 Ausgleich der Hausbank (Sicherungsgeber) für etwaige Kursverluste:

Geldbetrag i. S. d. § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG.

Die einzelnen Leistungen sind beim Steuerabzug zum Zeitpunkt des Zuflusses oder Abflusses zu berücksichtigen.

8. Devisentermingeschäfte

Ich bin gefragt worden, wie Devisentermingeschäfte bei der Abgeltungsteuer einkommensteuerrechtlich zu behandeln sind.

Ich weise darauf hin, dass die Grundsätze der Rz. 39 ff. des (BStBl 2001 I S. 986) weiterhin entsprechend Anwendung finden.

BMF v. - IV C 1 - S 2000/07/0009


Fundstelle(n):
DStR 2008 S. 1236 Nr. 26
UAAAC-85268