Leitsatz
[1] Verlangt der Erwerber einer Immobilie großen Schadensersatz, so muss er sich die Steuervorteile, die er durch Absetzung für Abnutzung erzielt hat, grundsätzlich nicht im Wege der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen.
Gesetze: BGB § 635 a.F.; EStG § 7; EStG § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7; EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1
Instanzenzug: LG München II, 13 O 2855/02 vom OLG München, 28 U 2516/06 vom
Tatbestand
Der Kläger verlangt von den Beklagten im Wege des großen Schadensersatzes u.a. die Rückzahlung des Erwerbspreises für eine von der Beklagten zu 1 im Jahre 1994 erworbene Eigentumswohnung Zug um Zug gegen deren Rückgabe. Die Beklagten machen geltend, der Kläger müsse sich im Wege der Vorteilsausgleichung die Steuervorteile anrechnen lassen, die er dadurch erhalten habe, dass er seit der Fertigstellung der Eigentumswohnung in seinen Steuererklärungen einen Teil des Erwerbspreises als Absetzung für Abnutzung nach § 7 EStG (AfA) in Ansatz gebracht habe. Sie haben die Steuervorteile auf 95.020,26 € geschätzt. Das Landgericht hat bei der Berechnung des Schadensersatzes die Steuervorteile aus AfA unberücksichtigt gelassen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Die Beklagten haben die vom Senat zugelassene Revision mit dem Begehren eingelegt, das Urteil des Landgerichts insoweit abzuändern, als die Steuervorteile unberücksichtigt geblieben sind.
Gründe
Die Revision ist unbegründet.
I.
Das Landgericht vertritt die Auffassung, eine Anrechnung der Steuervorteile durch AfA komme nicht in Betracht, weil die Schadensersatzleistung in Höhe der AfA ihrerseits der Besteuerung unterliege. Es gelte der Grundsatz, dass Beträge, die Werbungskosten ersetzten, im Jahre des Zuflusses steuerpflichtige Einnahmen bei der Einkunftsart seien, bei der die Aufwendungen vorher als Werbungskosten abgezogen worden seien. Der Kläger habe unstreitig Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Sofern er mit der Schadensersatzleistung der Beklagten Beträge ersetzt bekomme, die von ihm vorher als AfA bei der Berechnung des Überschusses von Einnahmen als Werbungskosten angesetzt worden seien, stellten diese bei Zufluss an den Kläger Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung dar.
Das Berufungsgericht hat sich dem angeschlossen und ergänzend ausgeführt, in dem Schreiben des Finanzamts M. vom habe das Finanzamt nachvollziehbar ausgeführt, dass beim Kläger bei Rückabwicklung des Kaufvertrags die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung neu versteuert werden müssten. Dem werde gefolgt.
II.
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Der Kläger muss sich bei der Ermittlung des Schadens, dessen Ersatz er gemäß § 635 BGB a.F. verlangen kann, nicht im Wege der Vorteilsausgleichung die Steuervorteile anrechnen lassen, die er dadurch erhalten hat, dass er seit der Fertigstellung der Eigentumswohnung in seinen Steuererklärungen einen Teil des Erwerbspreises als Absetzung für Abnutzung in Ansatz gebracht hat.
1. Die im Schadensersatzrecht entwickelten Grundsätze der Vorteilsausgleichung beruhen auf dem Gedanken, dass dem Geschädigten in gewissem Umfang diejenigen Vorteile zuzurechnen sind, die ihm im adäquaten Zusammenhang mit dem Schadensereignis zufließen. Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Die Anrechnung von Vorteilen muss dem Zweck des Schadensersatzes entsprechen und darf weder den Geschädigten unzumutbar belasten noch den Schädiger unbillig entlasten (vgl. , BGHZ 173, 83; Urteil vom - V ZR 84/02, NJW-RR 2004, 79, 80; Urteil vom - VII ZR 152/87, BauR 1988, 347). Zu solchen auf den Schadensersatzanspruch eines Geschädigten anzurechnenden Vorteilen können auch Steuern gehören, die der Geschädigte infolge der Schädigung erspart hat. Infolge des Erwerbs einer Immobilie erzielte Steuervorteile sind jedoch nicht anzurechnen, wenn die Rückabwicklung des Erwerbs im Wege des Schadensersatzes zu einer Besteuerung führt, die die erzielten Steuervorteile wieder nimmt (, BauR 2005, 400, 404 = NZBau 2005, 158 = ZfBR 2005, 178; Urteil vom - III ZR 350/04, NJW 2006, 499; Urteil vom - V ZR 284/06, BauR 2008, 823 jeweils m.w.N.).
2. Steuerrechtlich sind Einnahmen einer Einkunftsart auch die Rückflüsse von Aufwendungen, die zuvor bei der Ermittlung der Einkünfte dieser Einkunftsart als Werbungskosten abgezogen worden sind. Solche Rückflüsse liegen vor, wenn ein Vertrag über den Erwerb einer Immobilie im Wege des großen Schadensersatzes abgewickelt wird und daraufhin Anschaffungskosten zurückgezahlt werden. Soweit sich diese Anschaffungskosten als AfA steuerrechtlich ausgewirkt haben, werden als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen zurückgezahlt, die der Erwerber bei Zufluss als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung der Besteuerung zu unterwerfen hat, § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Das hat der V. Zivilsenat bereits im Urteil vom (aaO) unter Hinweis auf die Rechtsprechung des , BFHE 171, 183, 184 m.w.N.; Urteil vom - IX R 13/93, BFHE 175, 546, 547; Urteil vom - IX R 20/98, BFHE 198, 425, 427; Urteil vom - IX B 136/89, Beschluss vom - IX B 136/89, BFH/NV 1991, 316; Urteil vom - IX R 6/93, BFH/NV 1995, 499, 500; Urteil vom - IX R 44/04, BFH/NV 2005, 188, 189 f.) entschieden. Der VII. Zivilsenat, der die Revision der Beklagten zur Klärung der Rechtsfrage vor der Entscheidung des V. Zivilsenats zugelassen hat, schließt sich dem an (vgl. auch , BauR 1988, 347).
Die Bedenken, die die Revision nach dem auf diese Rechtslage hinweisenden Beschluss des Senats vorgebracht hat, sind unbegründet. Aus den von ihr angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Bundesfinanzhofs ergibt sich ebenso wenig wie aus den vorgelegten Auskünften des B. Landesamts für Steuern und des Finanzamts M. vom , dass Erstattungsleistungen nicht versteuert werden, wenn sie Werbungskosten betreffen, die - wie die AfA - im Jahre ihres Ansatzes keinen Liquiditätsabfluss auslösen. AfA stehen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG den in § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG genannten Werbungskosten gleich. Sie sind Aufwendungen im Sinne der dargestellten Rechtsprechung (vgl. auch , BFHE 170, 11).
3. Das Urteil des II. Zivilsenats vom - II ZR 235/88 (NJW 1990, 571) steht nicht entgegen. Soweit darin ausgeführt ist, dass die Ersatzleistung, die dem Erwerber einer Eigentumswohnung im Gegenzug für die Übertragung der Wohnung zufließe, keine steuerpflichtige Einnahme darstelle, bezieht sich dies zunächst auf die Versteuerung des Veräußerungsgewinns. In dem Urteil wird sodann zwar eine Vorteilsausgleichung in Höhe der AfA für möglich gehalten. Insoweit erfolgt jedoch keine abschließende Entscheidung. Mit der Frage, inwieweit über den Erwerbspreis rückerstattete AfA nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern sind, befasst sich das Urteil nicht.
4. Auch aus dem (BFHE 214, 267) folgt nichts anderes. In diesem Urteil ist entschieden, dass eine Veräußerung im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht vorliegt, wenn sich das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft lediglich in ein Abwicklungsverhältnis verwandelt. Die Herausgabe des zuvor angeschafften Wirtschaftsguts stellt hierbei keinen gesonderten marktoffenbaren Vorgang, sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der Rückabwicklung dar. Damit kommt eine Besteuerung des erstatteten Erwerbspreises in Höhe der AfA entgegen einer Praxis der Finanzbehörden (vgl. Rundverfügung der OFD Frankfurt a.M. vom - S 2256 A - 19 - St II 27, DStR 2001, 1753 f.) nicht nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Betracht. Aus diesem Urteil kann jedoch nicht geschlossen werden, dass ein Rückfluss der Anschaffungskosten in Höhe der AfA nicht besteuert werden darf. Mit der Frage, ob eine Besteuerung des rückerstatteten Erwerbspreises als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu erfolgen hat, hatte sich der Bundesfinanzhof in dem ihm zur Entscheidung übertragenen Fall nicht zu befassen.
5. Bereits aus dem Umstand, dass erstattete Werbungskosten zu versteuern sind, ergibt sich ohne weiteres, dass die bisherigen Steuerfestsetzungen nicht nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden dürfen. Die anders lautende Auskunft des Finanzamts M. vom , auf die sich das Berufungsgericht auch gestützt hat, ist insoweit unzutreffend.
6. Nach allem haben die Vorinstanzen zu Recht eine Vorteilsausgleichung zu Lasten des Klägers abgelehnt. Der Kläger war nicht gehalten, Steuervorteile durch AfA und Steuernachteile durch die Versteuerung der Ersatzleistung näher darzulegen und rechnerisch gegenüberzustellen. Feststellungen dazu, in welcher genauen Höhe sich die Versteuerung der zu erstattenden Werbungskosten auswirkt, müssen in der Regel nicht getroffen werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Schädiger Umstände darlegt, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch nach einer Anrechnung der aus der Ersatzleistung resultierenden Steuerlast außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben (, BauR 2008, 823 m.w.N.; vgl. auch Urteil vom - VII ZR 128/03, BauR 2005, 400, 404 = NZBau 2005, 158 = ZfBR 2005, 178). Dass solche Umstände dargelegt worden seien, macht die Revision nicht geltend.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2008 S. 2373 Nr. 44
BFH/NV 2008 S. 313 Nr. 4
NJW 2008 S. 2773 Nr. 38
NWB-Eilnachricht Nr. 35/2008 S. 3269
SJ 2008 S. 43 Nr. 19
WM 2008 S. 1757 Nr. 37
WPg 2008 S. 952 Nr. 19
HAAAC-85255
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja