BAG Urteil v. - 7 AZR 1033/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: TzBfG § 21

Instanzenzug: ArbG Mannheim, 13 Ca 354/05 vom LAG Baden-Württemberg (Mannheim), 16 Sa 11/06 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung am geendet hat.

Die Beklagte ist ein Unternehmen des Wach- und Sicherheitsgewerbes, das ausschließlich in Deutschland gelegene militärische Einrichtungen der Vereinigten Staaten von Amerika bewacht. Der Kläger ist seit dem auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom bei der Beklagten als Sicherheitsmitarbeiter im Wachdienst zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt iHv. 2.400,00 Euro beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags ist der Kläger im Objekt H der Beklagten eingesetzt. § 18 des Arbeitsvertrags enthält die nachfolgende Regelung:

"Die Vertragsparteien sind dazu verpflichtet, die Bedingungen, Anforderungen und Standards der jeweiligen Kundenspezifikationen/PWS (Performance Work Statements) einzuhalten bzw. zu erfüllen. Die Einsatzgenehmigung der US-Streitkräfte ist Geschäftsgrundlage des Vertrages. Wird die Einsatzgenehmigung wegen Nichteinhaltung der PWS, die für die Vertragsparteien verbindlich sind und von der amerikanischen Regierung vorgegeben sind, widerrufen, endet der Vertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist."

Das in § 18 des Arbeitsvertrags erwähnte Performance Work Statement zu dem Bewachungsvertrag zwischen den amerikanischen Streitkräften und der Beklagten enthält ua. die folgenden Regelungen:

"1.4.5. Entzug der Einsatzgenehmigung für Mitarbeiter des Vertragsnehmers. Nach Entscheidung des lokalen US-Vertragsoffiziers (SCOR) oder des übergeordneten Vertragsoffiziers (COR) muss der Vertragsnehmer Arbeitnehmer von einer Dienstverrichtung unter diesem Vertrag aus folgenden Gründen entbinden:

...

d. Jegliches Verhalten, jegliche Aktivität oder Verbindung, die die Vermutung zulässt, dass der Beschäftigte nicht zuverlässig und vertrauenswürdig ist. Hierbei werden auch alle vorangegangenen Arbeitsverhältnisse berücksichtigt.

e. Mangelhafte Dienstausführung.

f. Verstoß gegen Sicherheitsbestimmungen und Arbeitsschutzvorschriften.

..."

Mit Schreiben vom ersuchten die US-Streitkräfte die Beklagte unter Bezugnahme auf 1.4.5. Buchst. d., e. und f. des Performance Work Statements, den Kläger als Wachmann aus dem Bewachungsobjekt H sofort zurückzuziehen. Mit Schreiben vom , dem Kläger zugegangen am , teilte die Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf § 18 des Arbeitsvertrags vom mit, dass sein Beschäftigungsverhältnis nach dem Entzug der Einsatzgenehmigung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum ende.

Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der in § 18 des Arbeitsvertrags enthaltenen auflösenden Bedingung gewandt. Er hat gemeint, die Vertragsbeendigung bei Entzug der Einsatzgenehmigung setzte einen nachgewiesenen Verstoß des Arbeitnehmers gegen die in dem Performance Work Statement enthaltenen Pflichten voraus, woran es vorliegend fehle.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht infolge der im Arbeitsvertrag vereinbarten auflösenden Bedingung zum geendet hat.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

Gründe

Die Revision der Beklagten ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückweisung der Berufung des Klägers und zur Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat auf Grund der auflösenden Bedingung in § 18 Satz 3 des Arbeitsvertrags vom am geendet. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die auflösende Bedingung unwirksam ist. Der dauerhafte Entzug der Einsatzerlaubnis durch die US-Streitkräfte rechtfertigt bei fehlender anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger die Vereinbarung einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung.

1. Die in § 18 Satz 3 des Arbeitsvertrags vom enthaltene Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Entzug einer Einsatzgenehmigung durch die US-Streitkräfte ist wirksam. Für den Bedingungseintritt ist nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung ausreichend, dass der Widerruf der Einsatzgenehmigung von dem US-Streitkräften auf eine Zuwiderhandlung gegen das Performance Work Statement gestützt wird und nicht, dass ein solcher Verstoß tatsächlich vorliegt.

a) Bei der in § 18 Satz 3 des Arbeitsvertrags enthaltenen Bestimmung handelt es sich um eine auflösende Bedingung, die nach § 21 TzBfG nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG zulässig ist.

Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle ist dabei nicht die Rechtswirksamkeit einer Gestaltungserklärung des Arbeitgebers. Die Gerichte für Arbeitssachen prüfen vielmehr, ob die Parteien eine rechtlich statthafte Vertragsgestaltung zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung objektiv funktionswidrig zu Lasten des Arbeitnehmers verwendet haben ( - BAGE 92, 245 = AP BGB § 620 Bedingung Nr. 24 = EzA BGB § 620 Bedingung Nr. 13, zu I 1 der Gründe).

b) Der Widerruf der Einsatzgenehmigung stellt allein allerdings keinen ausreichenden Sachgrund für die auflösende Bedingung dar. Erst die sich aus dem Entzug der Einsatzgenehmigung des Arbeitnehmers ergebende fehlende Beschäftigungsmöglichkeit des Arbeitgebers rechtfertigt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung. Der Arbeitgeber muss daher dem Arbeitnehmer einen anderen freien Arbeitsplatz anbieten, bevor er sich auf die auflösende Bedingung berufen darf ( - BAGE 92, 245 = AP BGB § 620 Bedingung Nr. 24 = EzA BGB § 620 Bedingung Nr. 13, zu II 2 der Gründe). Besteht nach dem Entzug der Einsatzgenehmigung kein freier und geeigneter Arbeitsplatz, wäre die Aufrechterhaltung des bisherigen Vertragsverhältnisses sinnentleert, da der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen kann. Die sich nach einem Entzug einer Einsatzgenehmigung ergebende fehlende Beschäftigungsmöglichkeit zählt auch nicht zum allgemeinen Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers, das er durch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung auf den Arbeitnehmer nicht überwälzen kann. Der Arbeitgeber kann bei der Bewachung von militärischen Einrichtungen der US-Streitkräfte über das eingesetzte Personal nicht frei entscheiden, sondern darf nur solche Arbeitnehmer einsetzen, die über eine Einsatzgenehmigung seines Auftraggebers verfügen, auf deren Erteilung und Entzug der Arbeitgeber keinen Einfluss hat. In den zugrunde liegenden Vereinbarungen ist regelmäßig ein Vorbehalt des Auftraggebers des Arbeitgebers enthalten, wonach dieser bei Zweifeln an der Zuverlässigkeit des in den zu bewachenden Objekten eingesetzten Personals verlangen kann, dass diese nicht oder nicht mehr vom Arbeitgeber eingesetzt werden. Auf die den amerikanischen Streitkräften eingeräumte Rechtsposition müssen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einlassen. Sie folgt aus den Besonderheiten bei der Bewachung von militärischen Einrichtungen und entspricht den Befugnissen der Bundeswehr gegenüber zivilen Wachpersonen. Personen, die, ohne Soldat zu sein, militärische Einrichtungen bewachen, dürfen nur mit einer besonderen Einsatzgenehmigung des Bundesministeriums der Verteidigung oder einer von diesem bestimmten Stelle im Wachdienst eingesetzt werden, deren Erteilung von einer Einschätzung der persönlichen und fachlichen Eignung der zivilen Wachperson abhängig ist (§ 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie zivile Wachpersonen vom , BGBl. I S. 796). Dementsprechend hat der Senat in seiner Entscheidung vom eine auflösende Bedingung in einem Tarifvertrag für sachlich gerechtfertigt gehalten, nach der das Arbeitsverhältnis endet, wenn die Erlaubnisbehörde die Zustimmung zur Beschäftigung des Arbeitnehmers verweigert oder entzieht und eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer nicht besteht. Da es für die sachliche Rechtfertigung der auflösenden Bedingung nur auf die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit ankommt, ist die Rechtmäßigkeit des Entzugs der Einsatzgenehmigung des Arbeitnehmers durch den Auftraggeber des Arbeitgebers für das Vorliegen des Sachgrundes ohne Bedeutung ( - aaO, zu II 2 und 3 der Gründe). Allerdings darf der Arbeitgeber den Entzug der Einsatzgenehmigung nicht gegenüber seinem Vertragspartner veranlassen, um das Vertragsverhältnis mit seinem Arbeitnehmer zu beenden.

2. Danach hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der im Arbeitsvertrag vom vereinbarten Frist am geendet. Die US-Streitkräfte haben dem Kläger durch das Schreiben vom die Einsatzgenehmigung für die Bewachung des im Arbeitsvertrag genannten Objekts H dauerhaft entzogen. Die Beklagte hatte nach dem Performance Work Statement keine Möglichkeit, auf die Nichterteilung bzw. den Entzug der Einsatzgenehmigung Einfluss zu nehmen. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, dem Kläger die Vertragsfortsetzung zu geänderten Bedingungen anzubieten. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger bestand nach dem in den Vorinstanzen gehaltenen Vortrag der Beklagten, dem der Kläger nicht entgegengetreten ist, nicht. Die nach § 21, § 15 Abs. 2 TzBfG sowie § 18 Satz 3 des Arbeitsvertrags einzuhaltende Frist für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat die Beklagte gewahrt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
DB 2008 S. 1976 Nr. 36
XAAAC-83874

1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein