FinMin Brandenburg - 31 - S 7170 - 12/00

Umsatzsteuer;
Umsatzsteuerliche Behandlung der Erstellung von Befundberichten
Zahlungen an Zeugen und Sachverständige nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG)

1. Allgemeines

Die Vergütung eines vom Gericht oder einer Behörde beauftragten Sachverständigen bzw. geladenen Zeugen richtet sich nach den Bestimmungen des JVEG, welches mit Wirkung zum das vormalige Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) ersetzt hat.

Während die Entschädigung von Zeugen echten Schadensersatz darstellt, ist in den Vergütungen für Sachverständige und Gutachter Entgelt im Leistungsaustausch zu sehen (vgl. Abschnitt 3 Abs. 8 UStR 2008).

2. Abgrenzung zwischen nicht steuerbarem Schadensersatz und Entgelt im Leistungsaustausch

Ob jemand als Zeuge, Sachverständiger oder sachverständiger Zeuge anzusehen ist, richtet sich nach der tatsächlich erbrachten Tätigkeit, und nicht nach einer ggf. abweichenden Bezeichnung.

2.1. Zahlungen als nicht steuerbarer Schadensersatz (Zeugen)

Eine Zahlung nach dem JVEG ist echter Schadensersatz, wenn dieser seitens des Empfängers keine Leistung gegenübersteht, sondern sie lediglich Ersatz für entstandene Kosten bzw. entgangene Einnahmen darstellt. Dies ist regelmäßig bei Zahlungen an Zeugen gegeben.

Ein Zeuge ist eine Person, die vom Gericht zur Aufklärung des Sachverhaltes hinsichtlich eigener Wahrnehmungen befragt wird. Dies kann sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen. Der Zeuge hat Anspruch auf angemessenen Ersatz der ihm entstandenen Auslagen. Im Einzelnen handelt es sich hierbei um:

Die hiernach geleisteten Zahlungen erfolgen nicht im Zusammenhang mit einer erbrachten Leistung des Zeugen. Der Anspruch des Zeugen besteht auch dann, wenn er im Termin zugegen, aber seine Aussage nicht erforderlich war.

Zahlungen nach den o. g. Vorschriften erfolgen somit grundsätzlich nicht im umsatzsteuerlichen Leistungsaustauschverhältnis; es ist grundsätzlich von (echtem) nicht steuerbarem Schadensersatz auszugehen.

2.2. Zahlungen als Entgelt im Leistungsaustausch (Sachverständige)

Sachverständige werden zur Erbringung zusätzlichen Fachwissens mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Hierfür nach dem JVEG geleistete Zahlungen stellen regelmäßig Entgelt im Leistungsaustausch dar.

Der Sachverständige erhält abhängig von der Einstufung in eine Honorargruppe grundsätzlich ein stundenweise bemessenes Honorar (§ 9 Abs. 1 JVEG). Soweit die erbrachte Leistung in Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG aufgeführt ist, wird ein Festbetrag gezahlt.

2.3. Zahlungen an sachverständige Zeugen

Differenzierungen sind in Fällen erforderlich, in denen sich Elemente einer Zeugenaussage (Wiedergabe eigener Wahrnehmungen) mit einer aufgrund persönlichen Fachwissens vorgenommenen Wertung dieser Wahrnehmungen verbinden. Bekundet jemand nicht nur diejenigen Tatsachen, die er wahrgenommen hat, sondern gibt er darüber hinaus infolge seiner Sachkunde auch ein fachliches Urteil ab, ist er Zeuge und Sachverständiger zugleich.

„Sachverständiger Zeuge” ist eine Person, die aufgrund ihres speziellen Fachwissens vernommen werden kann. Im sozialgerichtlichen Verfahren sind dies in der Regel behandelnde Ärzte, die im Rahmen eines sog. Befundberichtes Behandlungsdaten des Patienten dem Gericht oder der Behörde mitteilen und diese auf Anforderung des Gerichts oder der Behörde durch gutachtliche Ausführungen ergänzen. Die nach dem JVEG hierfür zu leistenden Zahlungen richten sich nach Umfang und Schwierigkeit des Befundberichtes und können sowohl nicht steuerbarer Schadensersatz als auch Entgelt im Leistungsaustausch sein.

Lassen sich die Funktionen als Zeuge und Sachverständiger bei der Festsetzung der Vergütung technisch trennen, ist die Vergütung auch getrennt und nebeneinander festzusetzen. Regelmäßig wird dies jedoch nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich sein, sodass die volle Zeit nach den Vergütungsregeln für Sachverständige zu entschädigen ist.

Da die umsatzsteuerrechtliche Würdigung grundsätzlich unabhängig von den angewandten Vorschriften des JVEG zu erfolgen hat, ist es somit auch möglich, Vergütungen nach Abschnitt 3 des JVEG (Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern) als nicht steuerbaren Schadensersatz anzusehen.

Bei der Tätigkeit eines sachverständigen Zeugen ist umsatzsteuerrechtlich danach zu differenzieren, ob dieser bei der Ausstellung eines Befundscheins oder der Erteilung einer Auskunft oder eines Zeugnisses über einen ärztlichen Befund eine zusätzliche Äußerung abgibt oder nicht.

Soweit die Tätigkeit eines sachverständigen Zeugen nach § 10 Abs. 1 i. V. m. Anlage 2 Nr. 200 und Nr. 201 JVEG vergütet wird, liegt ein nicht steuerbarer Schadensersatz vor. Es handelt sich dabei um eine Wiedergabe von Informationen (Ausstellung eines Befundscheins oder Erteilung einer schriftlichen Äußerung ohne nähere gutachterliche Äußerung), ohne dass der Arzt aufgrund seiner Fachkenntnisse Schlussfolgerungen (z.B. hinsichtlich der Möglichkeit der Ausübung des Berufes der betrachteten Person) gezogen hat. Es handelt sich um eine Kostenerstattung im Zusammenhang mit einer Auskunftserteilung, die nicht steuerbaren Schadensersatz darstellt.

Erfolgt dagegen die Vergütung nach § 10 Abs. 1 i. V. m. Anlage 2 Nr. 202 und Nr. 203 JVEG, liegt ein steuerbarer Leistungsaustausch vor. Aufgrund der ausführlichen gutachterlichen Stellungnahme (Zeugnis über einen ärztlichen Befund mit von der heranziehenden Stelle geforderter außergewöhnlich umfangreicher gutachtlicher Äußerung) geht die Leistung des Arztes über die eines Zeugen hinaus. Es handelt sich nicht nur um die Wiedergabe eigener Wahrnehmungen, sondern um die Verwertung von Fachwissen (gutachtliche Tätigkeit).

FinMin Brandenburg v. - 31 - S 7170 - 12/00

Fundstelle(n):
UR 2008 S. 670 Nr. 17
UAAAC-81921