BFH Urteil v. - VI R 68/06

Aufwendungen für Bewirtung als Werbungskosten bei einem Arbeitnehmer

Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, EStG § 12 Nr. 1

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Streitig ist, ob Bewirtungskosten, die einem Behördenleiter anlässlich einer ausschließlich für Bedienstete veranstalteten Feier entstehen, Werbungskosten sind.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden im Streitjahr (2000) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Leiter der .behörde. Anlässlich des 5-jährigen Bestehens der Behörde lud er zum . 2000 alle Mitarbeiter im Anschluss an eine Mitarbeiterbesprechung zu einer Feier mit Mittagessen und Kaffee in den Sozialraum des Amtes ein. An der gesamten Veranstaltung nahmen 80 Mitarbeiter teil. Für die Ausrichtung der Feier waren keine öffentlichen Haushaltsmittel vorhanden. Im Einvernehmen mit dem Personalrat wurde auf eine Weihnachtsfeier verzichtet.

In der Einkommensteuererklärung machte der Kläger die von ihm finanzierten Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 2 003 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Dies lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) ab.

Hiergegen erhob der Kläger die vorliegende Klage. Hierbei berücksichtigte er die Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2007, 1486 veröffentlichten Gründen statt.

Mit der Revision macht das FA Verletzung materiellen Rechts geltend.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht die Aufwendungen für die Bewirtung als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Frage, ob Aufwendungen für Bewirtung durch den Beruf veranlasst sind, entscheidet sich auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nach den allgemeinen einkommensteuerlichen Grundsätzen. Danach liegen Werbungskosten vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen ein objektiver Zusammenhang besteht. Dabei muss die Frage, ob der Steuerpflichtige Aufwendungen aus beruflichem Anlass erbringt oder ob es sich um Aufwendungen für die Lebensführung i.S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG handelt, anhand einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden (ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt , BFHE 216, 522, BStBl II 2007, 459; vom VI R 52/03, BFHE 216, 320, BStBl II 2007, 317; vom VI R 78/04, BStBl II 2007, 721).

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des FG, die Aufwendungen des Klägers für die Feier seien beruflich veranlasst, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die Beurteilung, ob Aufwendungen beruflich oder privat veranlasst sind, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung des FG (u.a. BFH-Urteil in BFHE 216, 522, BStBl II 2007, 459, m.w.N.). Das FG hat im Streitfall die berufliche Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen insbesondere daraus abgeleitet, dass ein möglicher privater Bezug des Klägers zu der Feier, wie etwa ein Geburtstag, nicht bestand. Anlass der Veranstaltung war vielmehr die Feier des 5-jährigen Bestehens der .behörde. An dieser Jubiläumsveranstaltung haben nach den Feststellungen des FG auch nur Amtsangehörige teilgenommen. Das FG hat weiter ausgeführt, dass es sich nicht um eine Veranstaltung gehandelt habe, die die gesellschaftliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers mit sich gebracht habe. Die Einladung der gesamten Belegschaft zu einer solchen Jubiläumsfeier sei weder üblich noch werde sie von der Öffentlichkeit erwartet. Auch widerspreche es der Lebenserfahrung, dass ein Amtsleiter die gesamte Belegschaft, in diesem Fall 80 Personen, aufgrund persönlicher Beziehungen einlade und bewirte. Diese Würdigung des FG ist möglich und nachvollziehbar. Sie verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze, so dass der Senat hieran mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO). Dies gilt auch, soweit das FA mit seiner Revision die Auffassung vertreten hat, die Übernahme von „Verköstigungskosten” durch den Behördenleiter anlässlich von Betriebsveranstaltungen entspreche einer gesellschaftlichen Konvention. Ungeachtet der Frage, ob und inwieweit diese Auffassung der Lebenswirklichkeit nahe kommt, hat das FA gegen die anderweitige Würdigung des FG auch keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht.

Wie das FG zu Recht angenommen hat, steht dem beruflichen Veranlassungszusammenhang der Bewirtungsaufwendungen nicht entgegen, dass der Kläger keine erfolgsabhängigen Einnahmen erzielt. Die gegenteilige Auffassung des FA ist mit dem Begriff der Veranlassung nicht zu vereinbaren (BFH-Urteil in BStBl II 2007, 721, m.w.N.).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1316 Nr. 8
EStB 2008 S. 276 Nr. 8
HFR 2008 S. 928 Nr. 9
YAAAC-81428