Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 154 Abs. 2; StPO § 244 Abs. 5 Satz 2; StPO § 244 Abs. 6; StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StPO § 354 Abs. 1
Instanzenzug: LG Hamburg, vom
Gründe
Das Landgericht hat die Angeklagten als Mitglieder einer Bande von Betäubungsmittelhändlern verurteilt, die Angeklagten L. , Bo. und S. jeweils wegen 13 Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwölf, elf und vier Jahren sowie den Angeklagten B. wegen Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben in nicht geringer Menge in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Gegen den Angeklagten L. hat das Landgericht ferner die Maßregel der Sicherungsverwahrung verhängt und gegen alle Angeklagte - bis auf B. - Wertersatzverfall angeordnet. Die Revisionen der Angeklagten S. und B. sind unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die Rechtsmittel der beiden übrigen Angeklagten erzielen die aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolge.
1. Das Landgericht hat sich nach komplexer Beweisaufnahme hauptsächlich aufgrund des Geständnisses des Angeklagten S. und des polizeilichen Geständnisses des Angeklagten B. davon überzeugt, dass die Angeklagten L. , Bo. und S. vom 19. April bis als Bandenmitglieder für sieben Fahrten zur Beschaffung von jeweils ca. 1 kg Kokain nach Antwerpen und sechs solcher Fahrten nach Den Haag mittäterschaftlich verantwortlich sind. In fünf Fällen hat der Angeklagte B. als Bandenmitglied durch Dolmetscherdienste Hilfe geleistet.
2. Hinsichtlich des Angeklagten L. hat der Senat das Verfahren in den Fällen 12 und 13 gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt und den Schuldspruch entsprechend geändert.
Dafür war ausschlaggebend, dass in diesen Fällen der zur Tatzeit im Urlaub in Italien befindliche Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen keine eigenen Aktivitäten bei der Abwicklung dieser Rauschgiftgeschäfte entwickelt oder auch nur eigenes Tatinteresse bekundet hat. Eine sukzessive Mittäterschaft - etwa durch Zahlung des Entgelts an den Angeklagten S. nach Urlaubsrückkehr - lässt sich auch dem Zusammenhang der Urteilsgründe nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen. Die danach festgestellte bloße weiter bestehende Bandenmitgliedschaft dieses Angeklagten (UA S. 109) reicht für eine mittäterschaftliche Verurteilung aber nicht aus (vgl. BGHSt [GS] 46, 321, 338).
Anders ist die Sach- und Rechtslage im Fall 14. Zwar war der Angeklagte L. zum Zeitpunkt der in diesem Fall stattgefundenen Beschaffungsfahrt ebenfalls noch in Urlaub. Die Fahrt erfolgte indes nach Antwerpen zu der Bezugsquelle, die der Angeklagte L. nach den Feststellungen im Fall 1 unter Einsatz seiner besonderen Beziehungen zur Rauschgiftverkäuferin Bö. geschaffen und regelmäßig (Fälle 2, 3, 8 bis 10) genutzt hat. Damit ist in diesem Fall die Annahme einer mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft ausreichend belegt (vgl. BGHSt 48, 331, 342 m.w.N.).
Der Wegfall von zwei Einzelfreiheitsstrafen von je sieben Jahren beeinflusst den Bestand der verhängten Maßregel nicht, nötigt indes zur Herabsetzung der Gesamtfreiheitsstrafe. Der Senat hat diese - dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend - entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf elf Jahre festgesetzt (vgl. BGHR StPO § 354 Abs. 1 Strafausspruch 12; BGHR StPO § 356a Gehörsverstoß 1).
Der gesamtschuldnerisch mit dem Angeklagten Bo. angeordnete Verfall von 50.000 € kann nur in Höhe von 11.000 € - und zwar als allein den Angeklagten L. treffend - aufrechterhalten bleiben. Die Feststellungen belegen keine gemeinschaftliche Verfügbarkeit über die Rauschgifterlöse und lassen auch nichts Genaueres zur Frage über deren Verteilung erkennen (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 121; Rdn. 8). Indes schließt es der Senat aus, dass der Angeklagte L. einen geringeren Vorteil als der in der Hierarchie der Bande eher untergeordnete Angeklagte S. - je 1.000 € aus jeder Tat (UA S. 131) - erzielt haben kann. Danach ist der angeordnete Verfall aufzuheben, soweit er 11.000 € übersteigt (§ 354 Abs. 1 StPO analog).
3. Auf die Sachrüge des Angeklagten Bo. hebt der Senat aus den gleichen, auch für diesen Angeklagten geltenden Gründen die Verfallsanordnung auf, soweit sie 13.000 € übersteigt; auch diese Anordnung kann sich nur noch allein gegen den Angeklagten Bo. richten (§ 354 Abs. 1 StPO analog).
Zu den Beweisantragsrügen, die Vernehmung von Hotelangestellten aus Den Haag und Hengelo betreffend, bemerkt der Senat ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts:
Das Landgericht hat den mit der Gegenvorstellung des Rechtsanwalts E. vom (Revisionsbegründung S. 78 ff.) erläuterten Antrag des Rechtsanwalts Bl. vom (Revisionsbegründung S. 68 ff.) zwar nicht förmlich als Beweisantrag gemäß § 244 Abs. 6 StPO verbeschieden. Dies begründet aber keinen durchgreifenden Rechtsfehler. Der Senat entnimmt den ablehnenden Beschlüssen des Landgerichts (Revisionsbegründung S. 75 f. und 82 f.), die auf die Wahrnehmungssituation und die Erinnerungsfähigkeit der Hotelangestellten für ein Wiedererkennen von Hotelgästen nach Ablauf von zweieinhalb Jahren und weitere Umstände abstellen (vgl. BGH NStZ 2000, 156, 157), eine die Voraussetzung des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO erfüllende antizipierende Wertung, dass das erhoffte Beweisergebnis nicht werde erbracht werden können und dass die Aufklärungspflicht die beantragte Beweiserhebung nicht gebietet (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 5 Satz 2 Auslandszeuge 1). Im Blick darauf, dass das erhoffte Beweisergebnis (vom Hotelpersonal nicht in Den Haag wahrgenommen worden zu sein) die Einlassung des Angeklagten (nicht mit S. in Den Haag zum Kauf von Kokain gewesen zu sein) lediglich wahrscheinlicher gemacht haben könnte, ist eine Benachteiligung des Angeklagten durch ein auf Grund der Behandlung des Antrags als Beweisermittlungsantrag entstandenes Informationsdefizit nicht gegeben (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Ablehnung 1). Der Senat schließt deshalb aus, dass das Urteil auf einer letztlich nur unzutreffenden rechtlichen Einordnung des Antrags beruhen kann (vgl. BGHR aaO; ).
Auch die weitere Beweisantragsrüge hinsichtlich eines "instruierten Vertreters" des Hotels W. in Hengelo versagt. Insoweit handelt es sich nicht um einen Beweisantrag, weil kein bestimmtes Beweismittel bezeichnet worden ist (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 270). Der namentlich nicht benannte Zeuge hätte erst mit Hilfe einer vom Gericht vorzunehmenden näheren Beschreibung des Sachverhalts, zu dessen Aufklärung er hätte herangezogen werden sollen, in einem an die Hotelleitung gerichteten Ersuchen und durch deren Auswahlakt ermittelt werden müssen. Dazu musste sich das Landgericht angesichts des Ergebnisses der polizeilichen Ermittlungen unter keinen Umständen gedrängt sehen.
4. Die vom 25. April bis zum nachgereichten Schriftsätze zu dem ergänzten Antrag des Generalbundesanwalts haben vorgelegen.
Fundstelle(n):
CAAAC-80673
1Nachschlagewerk: nein