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Umsatzsteuerliche Behandlung der Vermessung einer Liegenschaft und der Erteilung von Auszügen aus dem Liegenschaftskataster durch die Vermessungs- und Katasterverwaltung, Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure und Gemeinden

I. Vermessung einer Liegenschaft

Im Zusammenhang mit der Vermessung einer Liegenschaft fallen regelmäßig drei Leistungen an, für die in der Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen vom (KOVerm 2003) jeweils gesonderte Gebührentatbestände vorgesehen sind:

  1. das Anfertigen der Vermessungsunterlagen mit allen vermessungstechnisch relevanten Daten (§ 1 Abs. 1 KOVerm 2003 i. V. m. Nr. 17 der Anlage 1),

  2. die Vermessung und Auswertung (§ 1 Abs. 1 KOVerm 2003 i. V. m. Nr. 18 der Anlage 1) und

  3. die Eintragung der Vermessungsergebnisse in das Liegenschaftskataster (§ 1 Abs. 1 KOVerm 2003 i. V. m. Nr. 19 der Anlage 1).

Die Arbeiten zu 1. und 3. sind der Vermessungs- und Katasterverwaltung (VKV) vorbehalten. Eine Vermessung können dagegen auch Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure (ÖbVI) und andere behördliche Vermessungsstellen durchführen. Die dazu benötigten Vermessungsunterlagen erhalten sie gegen pauschalierten Aufwandsersatz von den VKV.

Vermessung durch die VKV

Fertigt die VKV Vermessungsunterlagen an, übt sie eine hoheitliche Tätigkeit aus, für die kein Wettbewerb besteht. Das bloße Anfertigen und Überlassen der Vermessungsunterlagen an einen ÖbVI oder eine andere behördliche Vermessungsstelle fällt nicht unter den Tatbestand des § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 UStG und löst für sich allein keine Umsatzsteuer aus (Abschn. 23 Abs. 8 UStR 2008).

Vermisst die VKV jedoch eine Liegenschaft im Auftrag eines Dritten, ist das Anfertigen der Vermessungsunterlagen keine eigenständige Leistung mehr, sondern geht als notwendige Vorbereitungshandlung in der nach § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 UStG i. V. m. Abschn. 23 Abs. 7 Satz 1 und 2 UStR 2008 steuerpflichtigen Vermessungsleistung auf. Die für die Vermessungsunterlagen erhobenen Gebühren nach Nr. 17 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 KOVerm 2003 gehören zum Entgelt für die Vermessungsleistung und sind zusammen mit den Gebühren nach Nr. 18 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 KOVerm 2003 der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Vermessung durch einen ÖbVI oder eine andere behördliche Vermessungsstelle

Gleiches gilt, wenn die Vermessung durch einen ÖbVI oder eine andere behördliche Vermessungsstelle ausgeführt wird. Die Beschaffung der Vermessungsunterlagen gehört zum Leistungsumfang der beauftragten Tätigkeit. Die Abrechnung des geleisteten Aufwandsersatzes für die Vermessungsunterlagen als durchlaufender Posten ist nicht zulässig. Der ÖbVI oder die andere behördliche Vermessungsstelle haben den Aufwandsersatz nicht im Namen und für Rechnung ihres Auftraggebers verauslagt (§ 10 Abs. 1 S. 6 UStG). Das Niedersächsische Gesetz über das amtliche Vermessungswesen vom (NVermG) und die KOVerm 2003 sehen vielmehr vor, dass

  • die Vermessungsunterlagen nur vom ÖbVI oder einer anderen behördlichen Vermessungsstelle beantragt werden können.

  • der Aufwandsersatz vom ÖbVI oder einer anderen behördlichen Vermessungsstelle und nicht vom Auftrageber geschuldet wird und dass

  • die Abrechnung der VKV an den ÖbVI oder eine andere behördlichen Vermessungsstelle zu richten ist.

Folglich haben ein ÖbVI oder eine andere behördliche Vermessungsstelle den weiterberechneten Aufwandsersatz zusammen mit den Gebühren für die Vermessung der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Eintragung der Vermessungsergebnisse in das Liegenschaftskataster

Die Eintragung der Vermessungsergebnisse in das Liegenschaftskataster hat gegenüber der Vermessung keine eigene wirtschaftliche Bedeutung. Die Gebühren setzt die VKV jeweils gesondert durch Leistungsbescheid gegenüber dem Auftraggeber fest, unabhängig davon, wer die Vermessung durchgeführt hat. Die Eintragung stellt eine eigenständige hoheitliche Leistung der VKV dar, für die kein Wettbewerb besteht und die deshalb nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

Übergangsregelung

Bisher haben weder die VKV noch die ÖbVI oder andere behördliche Vermessungsstellen die Gebühren für die Anfertigung der Vermessungsunterlagen der Umsatzsteuer unterworfen, da § 1 Abs. 2 KOVerm 2003 von der Nichtsteuerbarkeit der Gebühren ausgeht. Diese Behandlung ist nicht zu beanstanden bis zur Neufassung der KOVerm, mit deren Veröffentlichung im August/September 2008 zu rechnen ist.

II. Erteilung von Auszügen aus dem Liegenschaftskataster

ÖbVI und Gemeinden sind seit neben den VKV befugt, amtliche Auskünfte und Auszüge aus dem Liegenschaftskataster (sogenannte Standardpräsentationen, bestehend aus der Liegenschaftskarte, dem Flurstücknachweis, dem Eigentümernachweis, dem Flurstücknachweis mit Eigentümerangaben, dem Bestandsnachweis und der Bestandsübersicht aus dem Liegenschaftsbuch) zu erteilen (§ 6 Abs. 2 und 4 NVermG). Sie erheben dafür dieselben Gebühren wie die VKV (§ 1 Abs. 1 KOVerm 2003 i. V. m. Nr. 2 der Anlage 1). Die ÖbVI und Gemeinden beziehen die Standardpräsentation elektronisch von der VKV. Die VKV erhebt dafür einen pauschalierten Aufwandsersatz von 80 % der Gebühren nach § 1 Abs. 1 KOVerm 2003 (§ 3 KOVerm 2003 i. V. m. Nr. 1 und 2 der Anlage 3).

Erteilung von Standardpräsentationen durch einen ÖbVI

Der ÖbVI erbringt mit der Erteilung der Standardpräsentation eine steuerbare und -pflichtige sonstige Leistung an seinen Auftraggeber, ggf. als einheitliche Leistung zusammen mit einer steuerbaren und -pflichtigen Vermessung. Der Umsatzsteuer unterliegen der weiterberechnete Aufwandsersatz und die Gebühren für die Vermessung.

Erteilung von Standardpräsentationen durch die VKV oder durch eine Gemeinde

Gleiches gilt für die VKV und die Gemeinden. Im Vorfeld des NVermG und der KOVerm 2003 haben das Niedersächsische Finanzministerium und das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport Einvernehmen dahingehend erzielt, dass die VKV und die Gemeinden zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen entsprechend dem Sinn und Zweck des § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 UStG auch für die Erteilung der Standardpräsentation an einen Auftraggeber zur Umsatzsteuer herangezogen werden, ohne dass es dazu eines Betriebes gewerblicher Art bedarf. Zur erleichterten Umsetzung wurde in § 1 Abs. 2 KOVerm 2003 ein entsprechender Hinweis aufgenommen.

Soweit die VKV die Standardpräsentation einem ÖbVI oder einer Gemeinde überlässt, handelt es sich um eine hoheitliche Beistandsleistung. Da keine Wettbewerbssituation gegeben ist, war es entsprechend dem Sinn und Zweck des § 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 UStG nicht erforderlich, den pauschalierten Aufwandsersatz der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen.

Übergangsregelung

Nachdem auch andere Bundesländer Regelungen zur Erteilung von Standardpräsentationen durch ÖbVI und Gemeinden geschaffen haben, hat das (BStBl 2008 I S. 382) geregelt. Die dort in Tz. 3 für die VKV und die Gemeinden vorgesehene Übergangsregelung hat in Niedersachsen keine Bedeutung, weil hier die Erteilung einer Standardpräsentation bereits seit Einführung der KOVerm 2003 als steuerbare und -pflichtige Leistung beurteilt wird.

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Fundstelle(n):
UR 2008 S. 519 Nr. 13
UVR 2008 S. 293 Nr. 10
NAAAC-80305