BFH Beschluss v. - IV B 48/07

Anforderungen an die Darlegung der Rüge eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung; keine Verfahrensrüge bei Verletzung materiellen Rechts

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GbR, vermietete im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ihr Anlagevermögen an die B-GmbH (GmbH), an der sie auch als stille Gesellschafterin beteiligt war. Die aus dieser Beteiligung erzielten Erträge wurden in den gegenüber der GmbH ergangenen bestandskräftigen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheiden teilweise als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) qualifiziert. Dem Antrag, die Gewinnfeststellungen der Klägerin aufgrund der vorgelegten Bescheinigungen über die anrechenbare Körperschaftsteuer (§ 44 des Körperschaftsteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung) zu ändern, entsprach der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—). Den weitergehenden Antrag, die Gewerbesteuermessbeträge der Streitjahre (1979 bis 1984 und 1986 bis 1989) nach § 35b des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) um den Gesamtbetrag der vGA nach § 9 Nr. 2a GewStG zu kürzen, lehnte das FA ab. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde verwarf der (BFH/NV 2004, 226) als unzulässig.

Daraufhin beantragte die Klägerin, ihr die Gewerbesteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) zu erlassen, da die doppelte Erhebung der Gewerbesteuer auf der Ebene der GmbH und der Ebene der Klägerin sachlich unbillig sei.

Den Erlassantrag lehnte das FA ab. Auch der Einspruch und die Klage hatten keinen Erfolg.

Gegen die Nichtzulassung der Revision richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Klägerin das Vorliegen von Verfahrensmängeln gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend macht.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht zuzulassen. Das Vorliegen von Verfahrensmängeln ist nicht in zulässiger Weise dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Eine schlüssige Rüge, das Finanzgericht (FG) habe gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung verstoßen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), erfordert die Darlegung der Klägerin, zu welchen konkreten Tatsachen weitere Ermittlungen geboten waren, welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG hätte erheben müssen, wo Tatsachen vorgetragen waren, aus denen sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die zusätzliche Erhebung von Beweisen aller Voraussicht nach gehabt hätte und inwieweit die unterlassene Beweiserhebung oder Ermittlungsmaßnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können (vgl. , BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819, unter 1. der Gründe; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 70, m.w.N.). Außerdem muss vorgetragen werden, dass der Verstoß in der Vorinstanz gerügt wurde oder weshalb eine derartige Rüge nicht möglich war (Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 70 i.V.m. Rz 67, m.w.N.). Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen in der Beschwerdebegründung nicht.

a) Dem Vorbringen, das FG habe die Betriebsprüfungsakten der Klägerin nicht beigezogen, lässt sich nicht entnehmen, inwieweit die Beiziehung aus der materiell-rechtlichen Sicht des FG überhaupt entscheidungserheblich war. Das FG ist in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des BFH davon ausgegangen, dass eine bestandskräftige Steuerfestsetzung nur dann im Billigkeitsverfahren sachlich überprüft werden kann, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig unrichtig und es zusätzlich dem Steuerpflichtigen nicht zumutbar gewesen ist, sich rechtzeitig gegen die Fehlerhaftigkeit mit einem Rechtsbehelf zu wehren (u.a. , BFH/NV 2006, 836, unter II.1. der Gründe). Das FG hat im Streitfall eine Billigkeitsmaßnahme abgelehnt, weil es das Vorliegen beider Voraussetzungen verneint hat. Die von der Klägerin gerügte Unterlassung der Beiziehung der Betriebsprüfungsakten betrifft nur die Frage, ob die Klägerin aufgrund des behaupteten fehlerhaften Verhaltens des FA an der rechtzeitigen Einlegung eines Rechtsbehelfs gehindert gewesen sei. Davon ausgehend ist auch nicht ersichtlich, dass das FG unter Berücksichtigung des Inhalts der Betriebsprüfungsakten zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre.

b) Mit dem übrigen Beschwerdevorbringen wird ein Verfahrensfehler ebenso wenig dargelegt. Die Klägerin rügt insoweit im Wesentlichen sowohl die fehlerhafte Auslegung des § 35b Abs. 1 GewStG als auch des § 174 Abs. 1 AO durch das FG. Mit diesem Vorbringen wird allerdings lediglich im Stile einer Revisionsbegründung die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Die Verletzung materiellen Rechts kann indes nur unter den weiteren Voraussetzungen der in § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO geregelten Zulassungsgründe zum Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde gemacht werden. Die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels kann darauf nicht gestützt werden.

Fundstelle(n):
MAAAC-80272