BGH Urteil v. - X ZR 70/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 314 Abs. 2; BGB § 323 Abs. 3; BGB § 631 Abs. 1; BGB § 634 Nr. 3; BGB § 636; BGB § 640; ZPO § 287

Instanzenzug: LG Halle, 11 O 156/04 vom OLG Naumburg, 9 U 4/06 (Hs) vom

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, die im Bauträgergeschäft tätig ist, die Vergütung für Werbemaßnahmen aufgrund eines Vertrags vom . Die Klägerin verpflichtete sich in diesem Vertrag, auf ihrem von den Parteien so genannten Videoboard am ... Bahnhofsvorplatz Werbevideoclips der Beklagten, die diese der Klägerin zur Verfügung zu stellen hatte, in einem Wiederholungstakt von 100 Sekunden zu zeigen. Das Entgelt betrug monatlich 2.200,-- € zuzüglich Mehrwertsteuer und war nach Rechnungsstellung monatlich im Voraus zu zahlen. Als Laufzeit des Vertrags waren zwei Jahre (mit Verlängerungsmöglichkeit) vereinbart. Es wurde weiter vereinbart, dass Werbung für ein gleiches Produkt an gleicher Stelle ausgeschlossen sein sollte.

Am stellte die Beklagte fest, dass auf dem Videoboard auch Name und Internetadresse ihrer Hauptkonkurrentin in den neuen Bundesländern, der T...gesellschaft (T. ), gezeigt wurden.

Mit Schreiben vom beanstandete die H. Werbeagentur in Vertretung der Beklagten dies gegenüber der Klägerin. In diesem Schreiben heißt es unter anderem weiter: "Herr K. möchte den Vertrag zum kündigen." Herr K. ist der Geschäftsführer der Beklagten.

Die Werbevideos der Beklagten liefen bis Juni 2004 weiter auf dem Videoboard. Mit Schreiben vom berief sich der Geschäftsführer der Beklagten gegenüber der Klägerin darauf, dass es bei der fristlosen Kündigung des Vertrags bleibe. Die Rechnung für die Monate Februar 2004 bis Juni 2004 zahlte die Beklagte nicht (5 x 2.552,-- € = 12.760,-- €). Für die Zeit vor Februar 2004 zahlte die Beklagte nach den Feststellungen des ,53 €.

Mit Vertrag vom verpflichtete sich die Klägerin weiter, der Beklagten 30 Werbeflächen an so genannten Kandelabern zur Verfügung zu stellen. Die aus diesem Vertrag resultierende Vergütung in Höhe von 2.732,41 € ist der Höhe nach unstreitig. Die Beklagte hat dagegen jedoch mit einer ihr abgetretenen angeblichen Provisionsforderung der C. GmbH in Höhe von 1.130,64 € aufgerechnet. Sie hat weiter hiergegen und gegen die Klageforderung aus der Videoboardwerbung mit einem Anspruch auf Rückzahlung des Betrags von 9.612,53 € aufgerechnet. Diesen Anspruch hat sie damit begründet, dass die Klägerin gegen das Konkurrenzverbot verstoßen habe und ihr deshalb die Rückzahlung der geleisteten Vergütung schulde.

Das Landgericht hat die Beklagte - bis auf einen Teil der Zinsforderung - antragsgemäß verurteilt. Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin tritt dem entgegen.

Gründe

Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision.

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die Vergütung für die Überlassung der Werbefläche auf dem Videoboard könne die Klägerin aufgrund des Vertrags vom gemäß § 631 Abs. 1 BGB verlangen. Der Vertrag sei als Werkvertrag zu qualifizieren. Dieser sei nicht durch einen Rücktritt der Beklagten gemäß §§ 634 Nr. 3, 636 BGB beendet worden. Allerdings sei in dem Schreiben vom eine solche Erklärung zu sehen. Der Beklagten habe auch ein Rücktrittsgrund zugestanden, weil die Klägerin gegen das vereinbarte Konkurrenzverbot verstoßen habe. Auch hätten die formellen Voraussetzungen der §§ 636, 323 Abs. 3 BGB vorgelegen. In dem Schreiben vom sei eine Abmahnung zu sehen. Eine Fristsetzung sei entbehrlich gewesen, weil der Mangel im Zeitpunkt der Entdeckung des Verstoßes gegen die Konkurrenzklausel nicht mehr habe behoben werden können. Gleichwohl könne die Beklagte aus diesem Verstoß keine Rechte herleiten, denn sie habe die Werkleistung der Klägerin vorbehaltlos an- und damit im Sinne des § 640 BGB abgenommen. Bei dem Werbevideoclip habe es sich um ein der Abnahme fähiges Werk gehandelt. Die Beklagte habe seit dem Kenntnis davon gehabt, dass die Klägerin auf dem Videoboard auch Werbung des Konkurrenzunternehmens ausgestrahlt habe. Trotzdem habe sie bis zur Kündigung des Vertrags im April 2004 und auch noch danach das Videoboard für ihre Werbezwecke genutzt, ohne sich Rechte wegen des Verstoßes gegen die Konkurrenzschutzklausel vorzubehalten. Mit dieser Ingebrauchnahme und Bereitstellung der auszustrahlenden Videoclips habe die Beklagte vom Standpunkt eines objektiven Dritten aus betrachtet zu erkennen gegeben, dass sie die vorgefundenen Zustände auf dem Videoboard als den von der Klägerin vertragsgemäß geschuldeten Erfolg anerkenne. Damit sei ein Rücktritt vom Vertrag ausgeschlossen.

Der Anspruch der Klägerin wegen Vergütung der Kandelaberwerbung sei nicht durch Aufrechnung erloschen. Eine ausdrückliche Vereinbarung über die Zahlung einer Provision bestehe zwischen den Parteien unstreitig nicht. Soweit die Beklagte in erster Instanz den Zeugen H. zum Beweis der Tatsache angeboten habe, dass für die beteiligten Gesellschaften es eine Selbstverständlichkeit gewesen sei, dass die C. GmbH die branchenübliche 15 prozentige Provision aus dem Wert der abgeschlossenen Werbefläche habe erhalten sollen, handele es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis.

II. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat allerdings den Vertrag der Parteien im Ausgangspunkt zutreffend als Werkvertrag qualifiziert. Die Grundsätze der vom Berufungsgericht zitierten Senatsentscheidung (Urt. v. - X ZR 93/83, NJW 1984, 2406) gelten auch hier. Die Klägerin hat sich der Beklagten gegenüber verpflichtet, die von der Beklagten zu überlassenden Werbespots auf dem Videoboard mit einer bestimmten Wiederholungsfrequenz zu zeigen. Damit haben die Parteien ein bestimmtes Arbeitsergebnis vereinbart. Es handelt sich aus diesem Grunde nicht um einen Dienstvertrag, sondern um einen Werkvertrag. Da die Klägerin der Beklagten die Werbeflächen nicht zum eigenen Gebrauch überlassen hat, kommt auch ein Mietvertrag nicht in Betracht.

Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch einen wirksamen Rücktritt wegen eines Mangels der Werkleistung verneint. Nicht beigetreten werden kann ihm insoweit jedoch darin, ein Rücktrittsrecht scheide insoweit bereits deshalb aus, weil die Beklagte die Leistung der Klägerin vorbehaltlos abgenommen habe. Die dem zugrundeliegende Annahme, der Verstoß der Klägerin gegen den vereinbarten Konkurrenzschutz sei ein Mangel, ist nicht frei von Rechtsfehlern. Diese Beurteilung träfe nur dann zu, wenn der Schutz vor konkurrierender Werbung Teil der geschuldeten Werkleistung und damit Hauptpflicht des Werkvertrags gewesen wäre. Die das Schuldverhältnis kennzeichnende Hauptpflicht war hier die Ausstrahlung des von der Beklagten zur Verfügung gestellten Werbespots. Der im Vertrag vereinbarte Ausschluss der Werbung für ein gleiches Produkt an gleicher Stelle diente dazu, die mit der Ausstrahlung der Werbespots angestrebte Werbewirkung zu sichern. Eine solche Verpflichtung ist typischerweise eher Gegenstand einer Nebenpflicht. Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien hier ausnahmsweise anderes vereinbart hätten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Revision und Revisionserwiderung zeigen auch nicht auf, dass sie vorgetragen oder sonst ersichtlich geworden sind, so dass der Senat insoweit selbst entscheiden kann.

2. Das Berufungsurteil kann gleichwohl keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht nicht geprüft hat, ob der geltend gemachte Vergütungsanspruch infolge einer auf die Pflichtverletzung zu stützenden Kündigung aus wichtigem Grund entfallen ist, und auch die Verneinung der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung der Nachprüfung nicht standhält. Die getroffenen Feststellungen erlauben keine Entscheidung der Frage, ob und gegebenenfalls für welchen Zeitraum eine Kündigung ausgesprochen worden ist. Hierzu wird das Berufungsgericht zu klären haben, welche Bedeutung dem Schreiben der H. Werbeagentur vom einerseits und dem Schreiben des Geschäftsführers der Beklagten vom andererseits zukommt. Bereits im Schreiben vom ist von einer Kündigung des Vertrags die Rede. Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob in diesem Schreiben bereits eine Kündigung aus wichtigem Grund wegen der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertrages (§ 314 BGB) zu sehen ist und gegebenenfalls, ob die Voraussetzungen einer solchen Kündigung vorlagen. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist der Zeitpunkt der Kündigung. Das Berufungsgericht hat bisher keine Feststellungen dazu getroffen, ob zu diesem Zeitpunkt die Vertragsverletzung andauerte. Besteht der Grund für die Kündigung in einer Vertragsverletzung, ist gemäß § 314 Abs. 2 BGB zudem grundsätzlich eine Fristsetzung zur Abhilfe oder eine erfolglose Abmahnung Voraussetzung für die Kündigung. Sollte erst in dem Schreiben vom eine wirksame Kündigung zu sehen sein, so könnte diese verspätet erfolgt sein. Zwar könnte das Schreiben vom eine Abmahnung darstellen; die Kündigung muss jedoch innerhalb angemessener Frist erfolgen, nachdem der Kündigende vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

Ein Kündigungsrecht kann sich aus einer Verletzung der Konkurrenzschutzklausel durch die Klägerin ergeben.

Das Berufungsgericht hat diese Klausel so ausgelegt, dass nach der Interessenlage und dem mit dem Rechtsgeschäft verfolgten Zweck ein Schutz der Beklagten vor jeglicher Konkurrenzwerbung beabsichtigt gewesen sei. Die T. sei ein Unternehmen, das nur ein Produkt, nämlich Immobilien in verschiedener Form anbiete, wie auch bereits ihrem auf dem Videoboard der Klägerin gezeigten Firmennamen zu entnehmen sei. Bei dieser Sachlage werde der Adressat den auf dem Videoboard gezeigten Text als Werbung für von diesem Unternehmen vertriebene Immobilien verstehen. Hierdurch sei der Wert der Werbung für die Beklagte zumindest gemindert gewesen.

Die Auslegung der vereinbarten Klausel und die Würdigung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe gegen diese Klausel verstoßen, werden in der Revisionsinstanz nicht angegriffen; Rechtsfehler sind nicht erkennbar. Die Klägerin hat folglich der Beklagten den Schaden zu ersetzen, der durch die Verletzung der Nebenpflicht entstanden ist (§ 280 BGB). Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, sind ebenfalls nicht ersichtlich; das Berufungsgericht hat solche auch nicht festgestellt.

3. Ferner kommt ein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen Verletzung der Konkurrenzschutzklausel in Betracht.

Ein Schaden der Beklagten kann in der Beeinträchtigung der von den Parteien mit dem Vertrag angestrebten Werbewirkung liegen. Das Berufungsgericht wird diesen Schaden gegebenenfalls gemäß § 287 ZPO zu schätzen haben, wobei eine Anlehnung an die Grundsätze der Minderung die nächstliegende und rechtlich nicht zu beanstandende Möglichkeit der Schadensschätzung sein wird. Die Schadensschätzung ist jedoch Aufgabe des Tatrichters, der Senat kann sie nicht selbst vornehmen. Auch in diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht Feststellungen dazu zu treffen haben, in welchem Zeitraum der Verstoß gegen die vereinbarte Nebenpflicht erfolgt ist.

4. Schließlich wendet sich die Revision mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die C. GmbH habe keine Provisionsforderung erworben, mit der die Beklagte aufrechnen könne. Nach ständiger Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen (vgl. Sen.Urt. v. - X ZR 160/99, NJW-RR 2001, 887 m.w.N.). Dabei ist unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht (vgl. Sen.Urt. - X ZR 160/99, aaO; Sen.Urt. v. - X ZR 84/90, NJW 1993, 189). Es ist auch nicht erforderlich, im Einzelnen darzulegen, woher der Zeuge die Kenntnis hat, die in sein Wissen gestellt wird. Sollte der Zeuge nur einen äußeren Eindruck über die Einigung der Parteien wiedergeben, so wird das Berufungsgericht dies im Rahmen der Würdigung der Zeugenaussagen zu berücksichtigen haben. Einen Grund, den Beweisantritt als Ausforschungsbeweis nicht zuzulassen, stellt dies nicht dar.

Fundstelle(n):
NJW-RR 2008 S. 1155 Nr. 16
KAAAC-80238

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