BVerwG Beschluss v. - 6 B 2.08

Leitsatz

Ein Berufsbetreuer im Sinne des § 1897 Abs. 6 BGB übt keinen Freien Beruf, sondern ein Gewerbe aus und muss dessen Aufnahme gemäß § 14 Abs. 1 GewO der zuständigen Behörde anzeigen.

Gesetze: GewO § 14 Abs. 1; BGB § 1836 Abs. 1; BGB § 1837; BGB § 1897 Abs. 1; BGB § 1897 Abs. 6; BGB § 1908b; BGB § 1908i Abs. 1; VBVG § 4

Instanzenzug: VG Lüneburg, VG 5 A 482/05 vom OVG Lüneburg, OVG 7 LC 125/06 vom Fachpresse: ja BVerwGE: nein

Gründe

1. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entscheidung, von der die Berufungsentscheidung abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt.

Die Rechtssache hat nicht die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage verleiht der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.

Der Kläger hält die Frage für klärungsbedürftig, ob ein hauptberuflicher Betreuer im Sinne des § 1897 Abs. 6 BGB nach § 14 GewO verpflichtet ist, eine Gewerbeanzeige abzugeben oder ob er freiberuflich tätig ist. Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Grundsatzrevision, weil sie sich auf der Grundlage der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung ohne Weiteres dahin beantworten lässt, dass der hauptberufliche Betreuer ein Gewerbe ausübt und daher verpflichtet ist, der zuständigen Behörde anzuzeigen, wenn er den selbstständigen Betrieb im stehenden Gewerbe anfängt.

Gemäß § 14 Abs. 1 GewO muss derjenige, der den Betrieb eines stehenden Gewerbes anfängt, dies der für den betreffenden Ort zuständigen Behörde gleichzeitig anzeigen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Begriff des Gewerbes, der vom Gesetz selbst nicht definiert wird, dahin zu verstehen ist, dass es sich um eine nicht sozial unwertige (generell nicht verbotene), auf Gewinnerzielungsabsicht gerichtete und auf Dauer angelegte selbstständige Tätigkeit handelt, die nicht zur Urproduktion, zu den Freien Berufen oder zur bloßen Verwaltung eigenen Vermögens zu rechnen ist ( BVerwG 1 C 56.74 - Buchholz 451.20 § 14 GewO Nr. 2 S. 3 = GewArch 1976, 293 <294> und vom - BVerwG 1 C 25.91 - Buchholz 451.20 § 14 GewO Nr. 5 = GewArch 1993, 197). Die Frage des Klägers zielt allein darauf, ob seine Betätigung deshalb aus dem Begriff des Gewerbes auszugrenzen ist, weil sie sich als Ausübung eines sog. Freien Berufes darstellt.

Die Beantwortung der Frage, ob die Betätigung des sog. Berufsbetreuers in dem umschriebenen Sinne freiberuflich ist, erfordert die Ermittlung der Anforderungen, die das Gesetz an die Berufsbetreuer stellt. Diese Prüfung hat das Oberverwaltungsgericht gründlich und umfassend vorgenommen (vgl. die Entscheidungsgründe des Parallelverfahrens, abgedruckt in GewArch 2008, 34) und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufsbetätigung des Betreuers nicht freiberuflich ist (so auch Friauf, GewO, § 1 Rn. 181). Damit setzt sich die Beschwerdebegründung auch nicht ansatzweise auseinander. Zur Vermeidung von Wiederholungen beschränkt sich der beschließende Senat deshalb auf folgende Erwägungen:

Die auf eigene Rechnung und eigene Gefahr ausgeübte und selbstständige Tätigkeit als Berufsbetreuer (§ 1897 Abs. 6 BGB) ist als zulässige berufliche Betätigungsform anerkannt, auf Dauer angelegt und auf Gewinnerzielung gerichtet (§ 1836 Abs. 1 Satz 2, § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) vom (BGBl I S. 1073, 1076). Eine freiberufliche Tätigkeit in dem dargelegten Verständnis liegt nicht vor. Zwar steht auch bei der Berufsbetreuung wie sonst bei Freien Berufen die persönliche Tätigkeit im Vordergrund (§ 1897 Abs. 1 BGB). Sie kann aber nicht als wissenschaftliche Tätigkeit angesehen werden, die eine höhere Bildung erfordert. Die Betätigung als Berufsbetreuer setzt gemäß § 1897 Abs. 1 BGB lediglich voraus, dass der Betreuer geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und diesen in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen. Die Anwendung wissenschaftlicher Methoden und eine besondere, durch Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erworbene Befähigung fordert das Gesetz nicht. Das wird dadurch bestätigt, dass die Betreuungstätigkeit vorrangig als Ehrenamt ausgestaltet ist, wie aus § 1897 Abs. 6 BGB folgt. Sie wird daher in erster Linie von nicht speziell dazu ausgebildeten Personen, etwa nahen Angehörigen, vorgenommen. Für Berufsbetreuer sind weitergehende Anforderungen nicht gestellt worden. Dass für den Berufsbetreuer keine besondere Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erforderlich ist, ergibt sich zudem unmittelbar aus § 4 VBVG, der für die Vergütung der Berufsbetreuer unterschiedliche Stundensätze vorsieht, welche nach dem Ausbildungsgrad des Berufsbetreuers gestaffelt sind, und der bei grundsätzlich nicht einmal vorausgesetzten besonderen Kenntnissen des Berufsbetreuers eine Erhöhung bestimmt und erst bei einer akademischen Ausbildung den Höchstsatz gestattet, diese also grundsätzlich nicht als gegeben ansieht.

Mit der Übernahme einer Betätigung als Beruf, die grundsätzlich jedermann ehrenamtlich wahrnehmen kann, wird der Typus des Freien Berufes verlassen, weil persönlich und eigenverantwortlich einsetzbare Kenntnisse der umschriebenen Art nicht gefordert werden und die Betätigung nicht auf wissenschaftlicher Grundlage erfolgen muss.

Es ist auch nicht nach Sinn und Zweck des § 14 GewO geboten, Berufsbetreuer von einer Anwendung der Gewerbeordnung auszunehmen. Die Anzeige dient, wie aus § 14 Abs. 1 Satz 3 GewO folgt, dem Zweck, der zuständigen Behörde die (umfassende) Überwachung der Gewerbeausübung sowie statistische Erhebungen zu ermöglichen. Durch die Anzeige wird es den zuständigen Behörden insbesondere möglich, bei Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Gewerbetreibenden oder bei Nichterfüllung der Anforderungen an die Berufsausübung einzuschreiten ( BVerwG 1 C 56.74 - a.a.O.). Damit zielt die gewerberechtliche Anzeigepflicht auf Zwecke, die durch die Unterstellung der Berufsbetreuer unter die Aufsicht des Vormundschaftsgerichts nicht erreicht werden können. Diese bezieht sich vornehmlich auf die ordnungsgemäße Führung der einzelnen konkreten Betreuung im Interesse des Betreuten (§ 1908i Abs. 1, §§ 1837 ff. BGB) sowie die Beobachtung der persönlichen Eignung des Betreuers zur Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten (§ 1908b BGB). Sie erstreckt sich indessen nicht auf die übrigen Voraussetzungen der (gewerberechtlichen) Zuverlässigkeit, etwa die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Erfüllung steuerlicher Anforderungen. Darüber hinaus existiert im Bereich der Aufsicht durch die Vormundschaftsgerichte auch kein Register, das die Funktion des Gewerbezentralregisters gemäß §§ 149 ff. GewO erfüllen könnte.

2. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
HFR 2008 S. 1182 Nr. 11
NJW 2008 S. 1974 Nr. 27
FAAAC-78748