BFH Beschluss v. - III B 56/06

Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdebegründungsfrist; Zurechnung des Verschuldens einer Hilfsperson

Gesetze: FGO § 56, FGO § 116 Abs. 3, BGB § 278

Instanzenzug:

Gründe

I. Im November 1998 beantragte der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für seinen Sohn (S) Kindergeld, das das seinerzeit zuständige Regierungspräsidium ab Oktober 1998 festsetzte. Im Rahmen der Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen gelangte das Regierungspräsidium zur Auffassung, die Einkünfte des S hätten im Jahr 1999 den Grenzbetrag von 13 020 DM überschritten und hob daher die Kindergeldfestsetzung ab Januar 1999 auf. Zugleich forderte es die Erstattung überzahlten Kindergeldes in Höhe von 3 000 DM zurück. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit am zugestellten Urteil als unbegründet ab.

Der Kläger legte am (Montag) Nichtzulassungsbeschwerde ohne Begründung ein. Die Beschwerdebegründungsfrist ist am abgelaufen. Die Begründung der Beschwerde ging beim Bundesfinanzhof (BFH) am , also verspätet, ein. Nach Hinweis auf § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stellte der Kläger Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründete ihn wie folgt: Das FG habe den vorgelegten Einkommensteuerbescheid 1999 seines Sohnes nicht als Grundlage für die Gewährung des Kindergeldes akzeptiert. Da er, der Kläger, noch Unterlagen seines Sohnes benötigt habe, habe er die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde erst am 22. und fertigen können. Am habe er seine Angestellte beauftragt, die Begründung sofort an den BFH zu faxen. Seine Mitarbeiterin —eine zuverlässige Angestellte— habe das Schreiben aber versehentlich bei der Post eingeworfen. Dieses Versehen habe er am bemerkt. Aufgrund der wenigen Leerungen bei der Post und des Feiertags () sei die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde somit erst am beim BFH eingegangen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist beim BFH am eingegangen.

Nach Aufforderung durch die Vorsitzende des III. Senats des BFH übersandte der Kläger eine Bestätigung seiner Angestellten (A) —seiner Ehefrau—. Die Bestätigung weist den Namen A mit Adresse und Datum aus und enthält unterschrieben von Frau A folgenden Text: „Seit einigen Jahren erledige ich bei größerem Arbeitsanfall notwendige Büroarbeiten für meinen Mann . Hiermit bestätige ich, dass ich am ein Schreiben per Fax an den Bundesfinanzhof übermitteln sollte. Ich habe dieses Schreiben aber mit anderen Schriftstücken versehentlich bei der Post eingeworfen.” Das Schreiben enthält keinen Adressaten und auch keine Überschrift, die auf eine eidesstattliche Erklärung hinweist.

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Der Kläger hat gegen das ihm am zugestellte Urteil des FG mit Schreiben vom , eingegangen beim BFH am Montag, den , rechtzeitig Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese mit Schreiben vom , eingegangen beim BFH erst am , begründet.

Gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist endete somit am , so dass die am beim BFH eingereichte Begründung verspätet erfolgt ist. Der Kläger hat keinen Antrag innerhalb der Begründungsfrist auf Verlängerung der Frist zur Begründung um einen weiteren Monat gestellt (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO). Die Beschwerde ist damit unzulässig.

Wiedereinsetzung in die Beschwerdebegründungsfrist kann dem Kläger nicht gewährt werden. Die eine unverschuldete Verhinderung begründenden Tatsachen sind von ihm nicht vollständig und schlüssig innerhalb der Antragsfrist (§ 56 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz FGO) vorgetragen worden.

Gemäß § 56 Abs. 1 FGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten; dabei sind die Tatsachen zur Begründung des Antrags bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen (§ 56 Abs. 2 Satz 2 FGO). Die Tatsachen selbst sind jedoch innerhalb der Antragsfrist vorzutragen (s. , BFH/NV 2007, 2124).

Wie sich aus der Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung ergibt, hat der Kläger, der selbst Steuerberater ist, seine Ehefrau beauftragt, das vom datierte Schreiben mit der Beschwerdebegründung sofort per Fax an den BFH zu senden. Er hat sich damit seiner Ehefrau als Hilfsperson bei der Wahrnehmung eigener Pflichten bedient. Ihm, dem Kläger, ist zwar nicht das Verschulden seiner Ehefrau —anders als dies bei einem Prozessbevollmächtigten der Fall ist— zuzurechnen, da eine dem § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechende Regelung dem Prozessrecht fremd ist (Söhn in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 56 FGO Rz 284). Den Kläger trifft jedoch ein eigenes Verschulden an der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist. Nimmt der Prozessbevollmächtigte, auch wenn er sich in einer eigenen Angelegenheit vertritt, eine Hilfsperson in Anspruch, muss er innerhalb der Antragsfrist darlegen, dass er die Hilfsperson auf die Befristung und die Eilbedürftigkeit der Sache hingewiesen hat (vgl. , BFH/NV 1995, 51). Das gilt insbesondere dann, wenn —wie im Streitfall— die Hilfsperson, wie es sich aus der schriftlichen Erklärung der Ehefrau ergibt, nur bei größerem Arbeitsanfall notwendige Büroarbeiten erledigt und damit nur gelegentlich für den Kläger tätig wird. Der bloße Vortrag des Klägers, dass seine „Mitarbeiterin” eine zuverlässige Angestellte sei, reicht nicht aus (vgl. , BFH/NV 2007, 1684).

Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass er seine Ehefrau im Zusammenhang mit der Fax-Absendung beauftragt hat, bei der erforderlichen Ausgangskontrolle einen Sendebericht auszudrucken und die Richtigkeit der verwendeten Empfangsnummer zu überprüfen (vgl. , BFH/NV 2008, 81). Zur notwendigen Überwachung von Hilfspersonen gehören aber auch entsprechende Belehrungen bzw. Anweisungen (Söhn in HHSp, § 56 FGO Rz. 285).

2. Schließlich genügt auch die auf Anforderung der Vorsitzenden des III. Senats des BFH eingereichte schriftliche Erklärung nicht den formalen Anforderungen an eine Versicherung an Eides statt. Zwar sind bei der eidesstattlichen Erklärung der Gebrauch gerade der Worte „an Eides statt” nicht zwingend, es genügen auch gleichbedeutende Wendungen, sofern nur der Sinn unzweifelhaft ist (Lenckner in Schönke/Schröder, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 27. Aufl., § 156 StGB Rz 4). Die schriftliche Erklärung enthält aber weder den BFH als Adressaten der Erklärung noch etwa die Worte „ich versichere” oder sonst irgend einen Hinweis z.B. in der Überschrift, dass die Erklärung den Willen erkennen lässt, dass sie an Eides statt abgegeben wird (vgl. Schönke/Schröder, a.a.O., Rz 4).

Fundstelle(n):
QAAAC-78270