Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung (hier: Berufung auf Verfassungswidrigkeit im Zusammenhang mit der Lohnsteuerpauschalierung für Minijobs)
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, EStG § 40 Abs. 3, EStG § 40a
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Ehegatten, begehrten, von ihrem Einkommen jeweils Teilbeträge von 7 200 € steuerfrei zu belassen, höchstens aber mit 2 % zu besteuern. Zur Begründung brachten sie vor, dass die Lohnsteuerpauschalierungen nach § 40a Abs. 2 und § 40a Abs. 2a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes und die daraus folgende horizontale Steuergerechtigkeit verstießen, weil nach § 8 Abs. 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung und Einkommen aus nicht geringfügiger Beschäftigung nicht zusammenzurechnen seien. Bei einem Steuersatz von 2 % bestünden bei gleicher Leistungsfähigkeit nicht unbedeutende Unterschiede in der Steuerbelastung.
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Das pauschale Lohnsteuerabzugsverfahren für Geringverdiener verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Arbeitnehmer mit Einnahmen aus einem Vollzeitarbeitsverhältnis und Arbeitnehmer, die zusätzlich zu einem Vollzeitarbeitsverhältnis weitere Einnahmen aus einer geringfügigen Beschäftigung erzielten, unterschieden sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. So könne ein Arbeitnehmer, der zusätzlich aus einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis Einkünfte erziele, die daraus entstehenden Aufwendungen nach § 40 Abs. 3 EStG nicht als Werbungskosten abziehen.
Mit der dagegen erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend. Sie brachten dazu ihre verfassungsrechtlichen Einwendungen vor und wandten ein, dass auch die in der Gesetzesbegründung zu den sog. Mini-Jobs genannten Ziele wie Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze, Arbeitslose zum ersten Arbeitsmarkt zu führen, Rückgang von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit, Schaffung flexibler Beschäftigungsverhältnisse und Erhalt der sozialen Absicherung der Arbeitnehmer jeweils nicht durch eine ermäßigte Besteuerung, sondern nur durch eine Entlastung von Sozialversicherungsbeiträgen zu erreichen seien.
II. Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung wurde nicht in einer den Voraussetzungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Art und Weise schlüssig dargelegt.
1. a) Eine erfolgreiche Berufung auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung erfordert die substantiierte Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist. Es ist auszuführen, dass die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Dazu hat sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinanderzusetzen.
b) Wird —wie im Streitfall— die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht, so sind zur substantiierten Darlegung darüber hinaus an den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes orientierte Ausführungen unter Einbeziehung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) erforderlich. Der geltend gemachte Verfassungsverstoß ist unter Benennung der einschlägigen Verfassungsnormen näher zu begründen. Dazu gehört insbesondere eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BFH (vgl. BFH-Beschlüsse vom III B 1/04, BFH/NV 2005, 1080; vom III B 65/01, BFH/NV 2002, 217, jeweils m.w.N.).
2. Diesen vorgenannten gesetzlichen Anforderungen einer substantiierten Darlegung genügt die Beschwerdebegründung nicht. Denn die Kläger gehen zwar zutreffend davon aus, dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Regelung der sog. Mini-Jobs bestimmte Förderziele verfolgte. Sie haben sich jedoch in keiner Weise mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG zur Förderung bestimmter Ziele mit dem Mittel des Steuerrechts auseinandergesetzt.
a) So ist nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG der Gesetzgeber nicht daran gehindert, außerfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele zu verfolgen. Die Steuerentlastung oder Besteuerungsausnahme, die einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht, kann —bei ausreichenden Gemeinwohlgründen— von Verfassungs wegen zulässig sein, wenn der Gesetzgeber das Verhalten des Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will. Dabei ist auch in Kauf zu nehmen, dass das Lenkungsziel nicht in jedem Fall erreicht wird. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen dem Gesetzgeber in weitem Umfang zu Gebote, solange insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist.
Der Lenkungszweck muss allerdings auch von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen und seinerseits wiederum gleichheitsgerecht ausgestaltet sein. Die Begünstigungswirkung muss den Begünstigungsadressaten möglichst gleichmäßig zugute kommen, nicht von Zufälligkeiten abhängen und sich direkt von der Entlastungsentscheidung des Gesetzgebers ableiten lassen (vgl. zuletzt , BVerfGE 117, 1, m.w.N.).
b) Wenn die Kläger angesichts dessen lediglich die Verfassungswidrigkeit der fraglichen Regelungen behaupten und andere Maßnahmen als besser geeignet ansehen, die in der Gesetzesbegründung zu den sog. Mini-Jobs genannten Ziele zu erreichen, fehlt es an einer hinreichend substantiierten Auseinandersetzung mit den vorgenannten umfassenden Vorgaben der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 981 Nr. 6
CAAAC-76513