BFH Beschluss v. - X B 44/07

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung bei behaupteter Verfassungswidrigkeit einer Rechtsnorm (hier: Verstoß gegen den Gleichheitssatz)

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, GG Art. 3

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg. Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.

1. Wird geltend gemacht, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), dann ist ausführlich darzulegen, aus welchen Gründen eine im Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Hierbei ist darauf einzugehen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und strittig ist. Hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, muss der Beschwerdeführer begründen, weshalb er gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu dieser Frage im Interesse der Allgemeinheit für erforderlich hält. Insbesondere muss er dartun, welche neuen und gewichtigen, vom BFH noch nicht geprüften Argumente in der Rechtsprechung der Finanzgerichte und/oder der Literatur gegen die Rechtsauffassung des BFH vorgebracht worden sind (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 31 ff., m.w.N. aus der Rechtsprechung). Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht, so ist zur substantiierten Darlegung eine an den Vorgaben des Grundgesetzes sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) orientierte Auseinandersetzung erforderlich (BFH-Beschlüsse vom III B 59/04, BFH/NV 2005, 1081, und vom VIII B 182/02, BFH/NV 2003, 1059, m.w.N). In der Beschwerdeschrift ist zu erläutern, gegen welche Verfassungsnormen die angewandte Rechtsnorm verstoßen soll; der geltend gemachte Verfassungsverstoß ist näher zu begründen. Dazu gehört insbesondere eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BFH (BFH-Beschlüsse vom III B 139/02, BFH/NV 2004, 187, 188, m.w.N., und vom II B 152/02, BFH/NV 2004, 533).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. In ihr führt der Kläger aus, es sei nicht einleuchtend, warum derjenige, der seinen Vorsorgebedarf über Geldanlagen zu decken versuche, besser gestellt sein solle als derjenige, der seine private Vorsorge darauf stütze, später mietfrei in seinem Eigenheim zu wohnen. Bei der Einführung der Quellensteuer sei dem privaten Geldanleger vom Gesetzgeber ein Sparerfreibetrag bewilligt worden, der ihn gegenüber dem „Häuslebauer” privilegiere. Sowohl der europäische als auch der nationale Gleichheitssatz geböten es, dass derjenige, der durch Erwerb eines Eigenheims für sein Alter vorsorge, die gezahlten Zinsen für die Anschaffung/den Erwerb eines Eigenheims zur Altersvorsorge —zumindest in Höhe eines Sockelbetrages— steuermindernd in Abzug bringen dürfe.

Diese Begründung genügt den oben dargestellten Darlegungsanforderungen für eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Hinweise auf eine finanzgerichtliche Rechtsprechung oder eine Auffassung im Schrifttum, die die Ansicht des Klägers stützen, werden von ihm nicht gegeben. Ebenso fehlt eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BFH zu den Fragen, unter welchen Voraussetzungen auf dem Gebiet des Steuerrechts eine Verletzung des Gleichheitssatzes überhaupt gegeben ist und inwieweit die —behauptete— Verletzung des Gleichheitssatzes einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine nicht gesetzlich vorgesehene Gewährung eines Steuervorteils begründen kann. Diese Darlegung wäre im vorliegenden Fall umso erforderlicher gewesen, da nicht erkennbar ist, warum die Gewährung eines Freibetrages, der bei einer bestimmten Einkunftsart zur Freistellung eines Teils der erzielten Einkünfte von der Besteuerung führt, aufgrund des Gleichheitsgebots zwingend die verfassungsrechtliche Konsequenz haben soll, dass in einem anderen, nicht der Einkünfteerzielung dienenden Bereich, nämlich bei den privaten Schuldzinsen, Beträge zum steuermindernden Abzug zugelassen werden müssen.

2. Aus denselben Gründen kommt die Zulassung der Revision auch nicht wegen des Erfordernisses einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) in Betracht (zur Qualifikation dieses Zulassungsgrundes als speziellen Tatbestand der „Grundsatzrevision” vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 38).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 970 Nr. 6
VAAAC-75915