Ordnungsgemäße Klageerhebung erfordert Angabe der ladungsfähigen Anschrift
Gesetze: FGO § 65, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Antragstellers, Klägers und Beschwerdeführers (Antragsteller) mit der er sich gegen die Festsetzung von Zwangsgeld wendet, als unzulässig abgewiesen, weil der Antragsteller darin nicht ordnungsgemäß unter Angabe seiner tatsächlichen Wohnanschrift bezeichnet worden sei. Dem lag zu Grunde, dass schon die Einspruchsentscheidung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) wegen Schwierigkeiten mit der Zustellung an die vom Antragsteller angegebene Wohnanschrift in P. öffentlich zugestellt worden war und der Antragsteller in der Klageschrift ein Postfach in S. als Postanschrift und eine Steuerberatungs-GmbH als Postempfangsbevollmächtigte angegeben hatte. Auf gerichtliche Aufforderung, zugestellt (Einschreiben mit Rückschein) an die Postempfangsbevollmächtigte und an die in anderen beim FG anhängigen Verfahren mitgeteilte Anschrift in F., teilte er mit, er sei mittellos und habe keine Wohnung, die kostenfreie Unterkunft in F. laufe zum Monatsende aus. Als die „zur Klägerbezeichnung geforderte ladungsfähige Anschrift” benannte er eine Adresse in . (Ausland), da er dort kostenfreie Unterkunft und Verpflegung bei Freunden und Bekannten bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung in Deutschland genieße, gleichzeitig bezeichnete er als die deutsche ladungsfähige Anschrift eine Adresse in B., sowie die in der Klageschrift benannte Postempfangsbevollmächtigte. In einem weiteren Schreiben gegen die Ablehnung einer Terminsaufhebung heißt es „Dem Gericht ist auch bekannt, dass sich mein Hauptwohnsitz seit 2005 in X.../. (Ausland) befindet”.
Das FG urteilte, dass der Antragsteller mit diesen einander widersprechenden Angaben —auch in weiteren beim FG anhängigen Verfahren— seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei und Zweifel an der zutreffenden Angabe seines Wohnortes nicht ausgeräumt, sondern eher noch verstärkt habe. Gesicherte Erkenntnisse zum Lebensmittelpunkt des Antragstellers und damit zu seinem tatsächlichen Wohnort lägen dem Gericht somit nicht vor, die Klage erfülle nicht die Mindestanforderungen i.S. des § 65 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Gegen das Urteil des FG hat der Antragsteller Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt, über die hier zu entscheiden ist. Zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde macht er in Kenntnis der zur ladungsfähigen Anschrift ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen sinngemäß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage geltend, ob an dem Grundsatz festzuhalten sei, dass ladungsfähige Adresse gleichbedeutend sei mit tatsächlichem Wohnsitz, wenn dieser nicht identisch sei mit dem Ort des überwiegenden Aufenthaltes aus beruflichen Gründen. Die in B. angegebene Anschrift genüge den Anforderungen nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die im Urteil des FG ausgeführten Zweifel an seinem tatsächlichen Wohnsitz seien nicht berechtigt, das FG unterscheide nicht zwischen tatsächlichem Wohnsitz im Sinne der ladungsfähigen Adresse und dem tatsächlichen Aufenthaltsort zur Erzielung von Einnahmen zur Sicherung des Lebensunterhaltes.
II. Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist unbegründet.
Gemäß § 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung setzt die Bewilligung von PKH voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung für den Eintritt des Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (z.B. , BFH/NV 2000, 193). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.
Für die vom Antragsteller eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde besteht keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Denn aus den Ausführungen der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ergeben sich keine die Zulassung nach § 115 Abs. 2 FGO rechtfertigenden Gründe.
Insbesondere hat die vom Antragsteller bezeichnete Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung ist zunächst eine konkrete Rechtsfrage herauszustellen und auf ihre Bedeutung für die Allgemeinheit einzugehen. Erforderlich ist darüber hinaus ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus dem ersichtlich wird, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, m.w.N.). Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die bezeichnete Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da sie bereits geklärt ist (vgl. , BFH/NV 2002, 1044, m.w.N., den der Antragsteller selbst benannt hat). Danach erfordert eine ordnungsgemäße Klageerhebung regelmäßig die Bezeichnung des Klägers unter Angabe der ladungsfähigen Anschrift. Geklärt ist auch, dass unter Angabe der ladungsfähigen Anschrift die Angabe des tatsächlichen Wohnortes zu verstehen ist und dieser anzugeben ist, auch wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist (, BFH/NV 1997, 585; , BFH/NV 2001, 1282).
Das FG hat ausgehend von dieser Rechtsauffassung vom Antragsteller die Angabe seines tatsächlichen Wohnortes als ladungsfähige Anschrift verlangt. Indem es die von ihm genannte Anschrift in B. nicht als Anschrift i.S. des § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO akzeptiert hat, hat es keinen von der vorgenannten Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz aufgestellt, sondern die wechselnden Einlassungen des Antragstellers zu seiner Anschrift im Verfahren und in anderen anhängigen Rechtsstreiten dahin gewürdigt, dass der Antragsteller seinen tatsächlichen Wohnsitz nicht angegeben hat. Diese Sachverhaltswürdigung obliegt dem FG als Tatsacheninstanz und kann revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden, ob das FG von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen, seine Entscheidung insoweit nachvollziehbar begründet und nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst ist. Nach diesen Kriterien ist die Entscheidung des FG nicht zu beanstanden. Ob auch ein anderes Ergebnis der Würdigung des Falles vertretbar wäre, ist nicht von Bedeutung (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom VII R 21/02, BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016).
Entgegen der Beschwerdeansicht stellt sich außerdem die vom Antragsteller formulierte Frage im Streitfall nicht. Dem FG-Urteil ist nicht zu entnehmen, dass das FG zwischen dem tatsächlichen Wohnsitz und dem überwiegenden Aufenthaltsort aus beruflichen Gründen unterschieden und Letzteren nicht als ladungsfähige Anschrift anerkannt hat. Es hat vielmehr sämtliche im Laufe des Verfahrens vom Antragsteller benannten Anschriften gewürdigt und gerade aus der Vielzahl der verschiedenen Adressen gefolgert, dass er eine ladungsfähige Anschrift nicht benannt hat.
Die Zulassung der Revision ist schließlich auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil das FG nicht beachtet habe, „dass zum Zeitpunkt der Klageerhebung ein Schutzprogramm der . für den Kläger [Antragsteller] in Kraft war”, die . eine Offenlegung beim FG damals abgelehnt habe und dem Antragsteller deshalb die Nennung des tatsächlichen Wohnortes unzumutbar gewesen sei. Zwar hat der BFH in seiner Entscheidung vom IV R 25/00 (BFHE 193, 52, BStBl II 2001, 112) die Auffassung vertreten, dass für die Zulässigkeit einer Klage die Angabe der ladungsfähigen Anschrift jedenfalls dann, wenn die Identität des Antragstellers feststeht und die Möglichkeit der Zustellung durch einen Zustellungs- oder Prozessbevollmächtigten sichergestellt ist, nicht verlangt werden kann, wenn der Antragsteller sich bei ihrer Nennung der konkreten Gefahr einer Verhaftung aussetzen würde. Es ist aber vom Antragsteller im bisherigen Verfahren nicht vorgetragen und nach Aktenlage auch nicht ersichtlich, dass er bei Nennung einer ladungsfähigen Anschrift einer hiermit vergleichbaren Situation ausgesetzt sein würde. Das ergibt sich schon daraus, dass er eine Mehrzahl vermeintlich ladungsfähiger Anschriften benannt hat. Abgesehen davon könnte er —zumal er insofern Verfahrensrügen nicht erhoben hat— mit diesem im Revisionsverfahren neuen tatsächlichen Vorbringen nicht mehr gehört werden.
Fundstelle(n):
QAAAC-72632