BFH Beschluss v. - IV B 162/06

Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; steuerrechtliche Anerkennung eines Darlehensvertrags zwischen nahen Angehörigen zu unüblichen Konditionen

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3

Instanzenzug:

Gründe

I. Streitig ist die steuerliche Anerkennung von zwei Darlehensverträgen sowie der Abzug von Reisekosten als Betriebsausgaben.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Am Stammkapital der Komplementär-GmbH sind die Eheleute R. beteiligt. Allein am Vermögen der Klägerin beteiligt ist die Ehefrau als Kommanditistin. Der Ehemann ist Geschäftsführer der GmbH. Er hat der Klägerin in den Jahren 1990 bis 1996 Darlehen in Höhe von insgesamt 214 000 DM gewährt.

Ein weiteres Darlehen in Höhe von 155 000 DM hat im Jahr 1994 die damals siebenjährige Tochter der Eheleute R. der Klägerin gewährt.

Diesen beiden Darlehen versagte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) nach einer Betriebsprüfung die steuerliche Anerkennung mit der Begründung, dass die Darlehensbedingungen nicht dem entsprächen, was fremde Dritte miteinander vereinbart hätten. Den Abzug der von der Klägerin als Betriebsausgaben behandelten Zinsen ließ das FA nicht mehr zu. Die Reiskosten erkannte das FA wegen privater Mitveranlassung nicht als Betriebsausgaben an. Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Die Revision gegen sein Urteil ließ das Finanzgericht (FG) nicht zu.

II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist —bei Bedenken gegen ihre Zulässigkeit— jedenfalls unbegründet.

Nach dem Vorbringen der Klägerin sollen folgende Fragen grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) haben:

  • Sind Darlehensverträge zwischen einander nahestehenden Personen auch dann steuerlich anzuerkennen, wenn die Zinsen nicht ausbezahlt, sondern jährlich berechnet und als Verbindlichkeiten passiviert werden, keine Zinseszinsen berechnet und auch keine laufenden Tilgungen vereinbart werden sowie wenn neben der Ausstattung des Darlehensnehmers mit Fremdkapital auch eine Altersversorgung des Darlehensgebers herbeigeführt werden soll und die Zinsen tatsächlich bei Rentenbeginn ausbezahlt werden?

  • Sind Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen anzuerkennen, wenn zwar keine laufenden Tilgungen und keine laufende Auszahlung der Zinsen vereinbart werden, die nachträgliche Genehmigungserklärung der zunächst minderjährigen Darlehensgeberin drei Jahre nach Feststellung des Fehlens eines Ergänzungspflegers aber unmittelbar nach Eintritt der Volljährigkeit vorgelegt wird und mit der Gewährung des Darlehens die Ausstattung des Darlehensnehmers mit Kapital bezweckt wird?

1. Die erste Frage ist in der gestellten Form nicht klärungsfähig, die zweite bedarf angesichts der bereits bestehenden Rechtsprechung keiner (erneuten) Klärung durch den Bundesfinanzhof (BFH).

a) Für die steuerrechtliche Anerkennung von Darlehensverträgen, die zwischen nahen Angehörigen geschlossen werden, ist erforderlich, dass die Darlehensvereinbarung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht und von den Beteiligten tatsächlich durchgeführt wird. Wie generell bei der Beurteilung von Angehörigenverträgen ist maßgebend die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Nicht jede Abweichung vom Üblichen schließt notwendigerweise die steuerrechtliche Anerkennung aus. Je mehr aber die Umstände auf eine private Veranlassung hindeuten, desto strengere Anforderungen sind an den Fremdvergleich zu stellen. Grundsätzlich müssen Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen fremdübliche Vereinbarungen über Laufzeit, Art und Weise der Rückzahlung sowie Höhe und Zahlungszeitpunkt der Zinsen enthalten; bei langfristigen Darlehen muss der Rückzahlungsanspruch ausreichend gesichert sein. Wird das Darlehen zwischen volljährigen, voneinander wirtschaftlich unabhängigen Verwandten vereinbart und „dem Anlass nach wie von einem Fremden” gewährt (z.B. zur Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes), ist es nach der Rechtsprechung aber unschädlich, dass es unter im Einzelnen anderen Bedingungen als unter Fremden überlassen wird, soweit es sich nicht um eine verschleierte Schenkung oder um einen Missbrauch von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten handelt (, BFHE 165, 53, BStBl II 1991, 838, und vom X R 139/95, BFH/NV 1999, 780).

b) In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen hat das FG den —nicht zu konkreten Anlässen gewährten— Darlehen des Ehemannes die steuerliche Anerkennung versagt, weil sie in nahezu allen Punkten einem Fremdvergleich nicht standhielten. Zusätzlich zu den von der Klägerin selbst —in der von ihr als klärungsbedürftig angesehenen Frage— erwähnten fremdunüblichen Bedingungen hat das FG noch in Betracht gezogen, dass fremde Vertragspartner den Zinssatz am jeweils geltenden Marktzins orientiert hätten, dass für die Fälligkeit der Zinsen ein weiterer Fünf-Jahres-Zeitraum nach Kündigung des Darlehens eingeräumt gewesen sei und dass die vereinbarten Sicherheiten in offenkundigem Missverhältnis zur Höhe der abzusichernden Forderungen gestanden hätten. Aufgrund einer Gesamtschau aller Umstände konnte das FG unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung des BFH zu dem Schluss gelangen, dass mit den gewählten unüblichen Vereinbarungen die Unverzinslichkeit der Darlehen oder jedenfalls die Beliebigkeit der Verzinsung verdeckt werden sollte.

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Rechtssache nicht daraus herleiten, dass mit der Zinsregelung auch eine Altersversorgung des Darlehensgebers herbeigeführt werden sollte und die Zinsen tatsächlich bei Rentenbeginn ausbezahlt würden. Vielmehr ist es gerade unsicher, ob es jemals zu einer Auszahlung der Zinsen kommen wird.

2. Auch hinsichtlich des von der Tochter der Eheleute R. gewährten Darlehens konnte das FG unter Zugrundlegung der bestehenden Rechtsprechung des BFH nach einer Gesamtwürdigung der ungewöhnlichen Zins-, Tilgungs- und Sicherungsvereinbarungen zu dem Schluss gelangen, dass in Wirklichkeit die entgeltliche Überlassung von Kapital seitens der Tochter nicht gewollt war. Hinzu kommt in diesem Fall, dass anders als in den oben unter 1.a genannten Fällen an die Fremdüblichkeit der Darlehensbedingungen höhere Anforderungen zu stellen sind, wenn einer der beiden Vertragspartner von dem anderen wirtschaftlich abhängig ist (vgl. z.B. , BFH/NV 2002, 334).

3. Hinsichtlich der Behandlung der Reisekosten hat die Klägerin keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargelegt. Soweit sie die Auffassung vertritt, das FG hätte das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Großen Senats des BFH über die Anfrage des VI. Senats vom VI R 94/01 (BFHE 214, 354, BStBl II 2007, 121) aussetzen müssen, könnte hierin allenfalls die Rüge eines Verfahrensmangels gesehen werden. Das FG hat indessen seine Entscheidung darauf gestützt, dass betriebliche Zeitanteile der Reise nicht feststellbar gewesen seien, so dass es auch nicht zu der vom VI. Senat des BFH für richtig gehaltenen Aufteilung der Aufwendungen für die Hin- und Rückreise kommen könne.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
CAAAC-72615