BFH Beschluss v. - X B 90/07

Vorliegen eines qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers

Gesetze: FGO § 76, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Die fachkundig vertretenen Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die von ihnen geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotenen Art und Weise dargelegt.

1. Die Rüge der Kläger, das Finanzgericht (FG) hätte den Sachverhalt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens weiter aufklären müssen, ist unbeachtlich.

a) Wird eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des FG in Form eines Verstoßes gegen den Grundsatz der unmittelbaren Beweisaufnahme geltend gemacht, gehört zur ordnungsgemäßen Bezeichnung des Verfahrensmangels auch der Vortrag, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2004, 217). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz nach § 76 Abs. 1 FGO einschließlich des Prinzips der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter —ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge— verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust zur Folge.

Die Kläger haben weder substantiiert dargelegt noch ist aus dem Sitzungsprotokoll des FG ersichtlich, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem FG Beweisanträge zu Protokoll erklärt und die unterlassene Beweisaufnahme gerügt haben. Ausweislich des Sitzungsprotokolls sind außer den Sachanträgen keine weiteren Anträge —also auch keine Beweisanträge— gestellt worden.

b) Soweit die Kläger mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung geltend machen, das FG hätte auch unabhängig von einem entsprechenden Beweisantrag von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 FGO) eine Beweisaufnahme durchführen müssen, wären für eine schlüssige Verfahrensrüge u.a. Ausführungen dazu erforderlich gewesen, aus welchen Gründen sich dem FG unter Berücksichtigung seines Rechtsstandpunktes die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2005, 43, m.w.N.).

Der Vortrag der Kläger genügt diesen Anforderungen nicht. Vielmehr wird aus ihrem Vorbringen deutlich, dass aus der maßgeblichen Sicht des FG gerade keine weitere Beweisaufnahme geboten war. Das FG ist bei der Sachverhaltswürdigung (auffällig spätes Einreichen einer endgültigen Einnahmen-Überschussrechnung für das Jahr 2003 im Herbst 2006 nach Ablauf der Investitionsfrist, auffällige Abweichung von der vorläufigen Einnahmen-Überschussrechnung für 2003) zu dem Ergebnis gelangt, dass die Aufzeichnungen über ihr Investitionsvorhaben erst nach Ablauf der Investitionsfrist von zwei Jahren angefertigt wurden.

2. Auch soweit die Kläger eine Abweichung des angefochtenen FG-Urteils von dem (BFHE 202, 250, BStBl II 2004, 187) rügen und damit sinngemäß geltend machen, dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordere, genügt diese Rüge nicht den gesetzlichen Anforderungen.

a) Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Divergenzrüge muss der Beschwerdeführer u.a. tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der bezeichneten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. z.B. , BFH/NV 2002, 1484; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 42, m.w.N.).

b) Daran fehlt es im Streitfall schon deshalb, weil die Kläger keinen abstrakten und entscheidungserheblichen Rechtssatz aus dem angefochtenen FG-Urteil formuliert haben, der von dem BFH-Urteil in BFHE 202, 250, BStBl II 2004, 187 abweichen soll, sondern lediglich darauf hingewiesen haben, dem BFH-Urteil liege ein anderer Sachverhalt zugrunde als dem Streitfall.

3. Mit ihrem weiteren Vorbringen, das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Rücklage nach § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht innerhalb des zweijährigen Investitionszeitraums gebildet worden sei, machen die Kläger keinen zur Zulassung der Revision führenden sog. qualifizierten Rechtsanwendungsfehler geltend.

Ein solcher Rechtsanwendungsfehler ist gegeben, wenn er von erheblichem Gewicht und deshalb geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen. Dies ist nur bei offensichtlichen materiellen oder formellen Rechtsanwendungsfehlern des FG im Sinne einer willkürlichen oder zumindest greifbar gesetzwidrigen Entscheidung der Fall (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2007, 2067). Eine nur fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls oder ein Rechenfehler genügen hierfür nicht.

Im Übrigen hat das FG seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Kläger erstmals am eine Einnahmen-Überschussrechnung vorgelegt haben, die ein Rücklagenverzeichnis gemäß § 7g EStG enthielt. Im Jahr 2006 war auch nach dem Vorbringen der Kläger die zweijährige Investitionsfrist abgelaufen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 610 Nr. 4
AAAAC-72591