BGH Urteil v. - XII ZR 24/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BauO NRW § 68; BGB § 307; BGB § 536; BGB § 543 Abs. 1; BGB § 550

Instanzenzug: LG Köln 8 O 455/04 vom OLG Köln 22 U 112/05 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Mietverhältnis durch fristlose Kündigung des Klägers beendet worden ist.

Mit schriftlichem Vertrag vom mietete der Kläger von der Rechtsvorgängerin des Beklagten Gewerberäume zum Betrieb eines "Büro(s)/Lager(s) etc. einer Filmcateringgesellschaft mit Küche" fest bis zum .

§ 1 Nr. 5 des Mietvertrages lautet:

"Der Vermieter leistet keine Gewähr dafür, dass die gemieteten Räume den in Frage kommenden technischen Anforderungen sowie den behördlichen und anderen Vorschriften entsprechen. Der Mieter hat behördliche Auflagen auf eigene Kosten zu erfüllen."

In § 14 Nr. 1 des Mietvertrages heißt es:

"Bauliche Änderungen durch den Mieter, insbesondere Um- und Einbauten, Installationen, auch die Vergitterung der Fenster und die Herstellung und Veränderung von Feuerstätten, dürfen nur mit schriftlicher Einwilligung des Vermieters vorgenommen werden. Erteilt der Vermieter eine solche Einwilligung, so ist der Mieter für die Einholung der bauaufsichtsamtlichen Genehmigung verantwortlich und hat alle Kosten hierfür zu tragen."

Die vom Kläger gemieteten baulichen Anlagen waren als "Autokarosseriewerkstatt und Fahrzeughalle" baurechtlich genehmigt. Der Kläger betrieb in diesen Räumen sein Cateringunternehmen bis April 2004 unbeanstandet. Mit Schreiben vom wies das zuständige Bauaufsichtsamt ihn jedoch im Rahmen einer Bußgeld-Anhörung darauf hin, dass die geänderte Nutzung der Mieträume als Cateringbetrieb ohne Genehmigung ordnungswidrig sei. Daraufhin forderte der Kläger den Beklagten auf, an der Einholung der Genehmigung der geänderten Nutzung mitzuwirken, was dieser jedoch ablehnte. Mit Schreiben vom drohte das Bauaufsichtsamt unter Hinweis auf sein Anhörungsschreiben vom dem Kläger den Erlass einer Ordnungsverfügung an. Weiterhin räumte es ihm Frist zur Beantragung einer Baugenehmigung bis zum ein. Daraufhin stellte der Kläger beim Bauaufsichtsamt den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung nach § 68 BauO NRW für die erfolgte Nutzungsänderung. Der Antrag wurde mit Bescheid vom zurückgewiesen, weil bestimmte Planunterlagen fehlten. Daraufhin erklärte der Kläger mit Anwaltschreiben vom , eingegangen bei der Beklagten am , die fristlose Kündigung des Mietvertrages und erhob Klage auf Feststellung, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom beendet sei. Nachdem das Bauaufsichtsamt mit Schreiben vom erneut den Erlass einer Ordnungsverfügung wegen Fehlens der Genehmigung der Nutzungsänderung angedroht hatte, kündigte der Kläger mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom das Mietverhältnis erneut fristlos. Weiter kündigte der Kläger das Mietverhältnis fristlos mit Schreiben vom , weil der Beklagte trotz Abmahnung keine Heizung zur Verfügung stelle.

Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der dieser die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

Gründe

Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.

Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, dass die Kündigungen vom und vom unwirksam seien, da der Kläger keinen wichtigen Grund zur Kündigung des Mietverhältnisses (§ 543 BGB) habe dartun können. Zwar könne eine zur fristlosen Vertragskündigung berechtigende Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs bzw. eine erhebliche Mangelhaftigkeit der Mietsache dann vorliegen, wenn die im Mietvertrag vorgesehene Nutzung der Mieträume gegen Vorschriften des öffentlichen Baurechts verstoße und die zuständige Baubehörde deshalb ein Einschreiten androhe. Vorliegend sei eine Haftung des Beklagten für den vom Kläger geltend gemachten Mangel aber wirksam ausgeschlossen. Dies ergebe sich zwar nicht aus § 1 Nr. 5 des Mietvertrages. Vielmehr bestünden gegen diese formularvertragliche Regelung Bedenken, weil sie dem Mieter auch das Risiko aufbürde, dass eine erforderliche behördliche Erlaubnis nicht zu erreichen sei. Im vorliegenden Fall komme jedoch die Regelung in § 14 Nr. 1 des Vertrages hinzu. Danach habe es der Kläger übernommen, selbst für die zum Betrieb seines Cateringunternehmens erforderliche baurechtliche Nutzungsänderungsgenehmigung zu sorgen, insbesondere sei es seine Aufgabe gewesen, die erforderlichen Planunterlagen für eine Genehmigung der Nutzungsänderung auf eigene Kosten zu beschaffen. Die Regelung halte auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Sie beziehe sich nämlich nach ihrem Sinn und Zweck nur auf genehmigungsfähige Nutzungsänderungen und würde deshalb nicht eingreifen, wenn feststünde, dass die vom Kläger vorgenommene Nutzungsänderung aus Gründen des öffentlichen Baurechts nicht genehmigt werden könnte. Soweit der Kläger geltend mache, die für seinen Betrieb erforderliche Küche sei nicht genehmigungsfähig, sei sein Vortrag ohne hinreichende Substanz. Die Klausel benachteilige den Mieter nicht unangemessen. Denn der Vermieter könnte dem Mieter lediglich Planunterlagen über den baulichen Zustand vor der Nutzungsänderung zur Verfügung stellen. Da es allein die Entscheidung des Mieters sei, welche Baumaßnahmen er für seinen Betrieb für erforderlich halte und in welchem Umfang deshalb eine Nutzungsänderungsgenehmigung erwirkt werden müsse, sei es auch sachgerecht, dass der Mieter diese Unterlagen - durch Beauftragung eines Architekten - selbst beschaffe. Unzumutbar hohe Kosten seien dabei nicht zu erwarten.

Nicht entschieden zu werden brauche, ob die Einführung der Kündigungserklärung vom in den Prozess dahin auszulegen sei, dass der Kläger seine Klage hilfsweise auch hierauf habe stützen wollen. Denn sein Vortrag, der Beklagte habe die Heizung einfach abgeklemmt, sei wegen des Umstands, dass die Räume durch Fernwärme beheizt würden, nicht nachvollziehbar.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

1. Zu Recht geht das Oberlandesgericht allerdings davon aus, dass das Fehlen der erforderlichen behördlichen Genehmigung zur vertragsgemäßen Nutzung von Mieträumen einen Mangel im Sinne von § 536 BGB darstellt, der den Mieter zur fristlosen Kündigung berechtigt, wenn ihm durch eine mit einer Zwangsmittelandrohung verbundene Ordnungsverfügung die vertragsgemäße Nutzung untersagt wird und für ihn zumindest Ungewissheit über deren Zulässigkeit besteht ( - NJW 1988, 2664, 2665; Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 9. Aufl. Rdn. 228 f.; Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete Kap. 14, Rdn. 259 ff.).

2. Nicht zu beanstanden ist weiter die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klausel in § 1 Nr. 5 des Mietvertrages der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhält, weil sie eine Haftung des Vermieters auch für den Fall ausschließt, dass die erforderliche behördliche Genehmigung für den vom Mieter vorgesehenen Gewerbebetrieb aus Gründen versagt wird, die ausschließlich auf der Beschaffenheit oder der Lage des Mietobjekts beruhen. Damit sind nach der Klausel im Falle der Verweigerung der Genehmigung nicht nur Gewährleistungsrechte des Mieters, sondern auch dessen Befugnis zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages ausgeschlossen. Ein so weit gehender Haftungsausschluss benachteiligt aber den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist deshalb nach § 307 BGB unwirksam (vgl. aaO).

3. Die Auslegung jedoch, die das Berufungsgericht § 14 Nr. 1 des Mietvertrages gegeben hat, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Da nunmehr auch gegen Berufungsurteile der Landgerichte eine Revision stattfinden kann, vermag der Senat die Klausel selbst auszulegen, ohne dass es - im Gegensatz zur Meinung der Revisionserwiderung - darauf ankommt, ob die Klausel über den Bezirk des Oberlandesgerichts (oder auch nur eines Landgerichts) hinaus verwendet wird (vgl. - NJW 2005, 2919, 2921). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich aus der Klausel nicht, dass der Kläger selbst für die zum Betrieb seines Cateringunternehmens erforderliche baurechtliche Nutzungsänderungsgenehmigung zu sorgen hätte. Dieser vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung steht der Wortlaut der Klausel entgegen, der die Verpflichtung des Vermieters unberührt lässt, für den vertragsgemäßen Zustand der Mietsache zu sorgen. Vielmehr handelt es sich bei der genannten Klausel um die in vielen Mietverträgen anzutreffende Regelung, wonach der Mieter bauliche Änderungen an der Mietsache nur mit Zustimmung des Vermieters vornehmen darf und ggf. die hierfür anfallenden Kosten selbst zu tragen hat.

4. Der Senat kann jedoch nicht selbst entscheiden, ob die Weigerung des Beklagten, an der Einholung der Genehmigung zur Nutzungsänderung mitzuwirken, den Kläger zur fristlosen Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 BGB berechtigte, so dass zwischen den Parteien ein Mietverhältnis nicht mehr besteht. Vielmehr sind weitere Feststellungen erforderlich.

a) Vorab wäre zu klären, ob der Kläger nicht mit der Rechtsvorgängerin des Beklagten in einer mündlichen Vereinbarung, die allerdings entgegen § 550 BGB keinen Niederschlag im schriftlichen Vertrag gefunden hat, es übernommen hat, die Räume selbst in den vertragsgemäßen Zustand zu versetzen und die entsprechenden Genehmigungen herbeizuführen. Hierfür mag sprechen, dass der Kläger nach seinem Vortrag 75.000 € in die Räume investiert hat. Auch hat der Beklagte jedenfalls vorprozessual den Abschluss einer solchen mündlichen Vereinbarung behauptet).

In diesem Falle würde ein Mangel der Mietsache - vorbehaltlich getroffener Absprachen - allenfalls dann vorliegen, wenn, wie der Kläger behauptet, eine Küche zur Zubereitung von Speisen für den Cateringbetrieb nicht genehmigungsfähig gewesen wäre.

b) Sollte eine solche mündliche Vereinbarung nicht geschlossen worden sein, wird das Oberlandesgericht zu prüfen haben, ob die Weigerung des Beklagten, an der Herbeiführung der Genehmigung der Nutzungsänderung mitzuwirken, tatsächlich einen wichtigen Grund im Sinne von § 543 Abs. 1 BGB darstellt. Dabei kann - auch im Rahmen von Treu und Glauben - eine Rolle spielen, welcher Aufwand für den Kläger erforderlich gewesen wäre, um die im Bescheid des Bauaufsichtsamts vom genannten Auflagen zu erfüllen.

c) Falls sich ergeben sollte, dass die Kündigungen des Klägers vom und unwirksam waren, so wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob das Mietverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Klägers vom beendet worden ist. Der Feststellungsantrag des Klägers ist dahingehend auszulegen, dass er sich nicht auf die Wirksamkeit einer bestimmten Kündigung bezieht, sondern darauf, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien ab bzw. ab beendet ist (vgl. Senatsurteil vom - XII ZR 313/98 - NJW 2000, 354, 356). Die Einführung der Kündigungserklärung vom im Schriftsatz vom in den Rechtsstreit ist daher dahingehend aufzufassen, dass der Kläger damit weiter hilfsweise zu erreichen sucht, dass die Beendigung des Mietverhältnisses zwischen den Parteien für die Zeit ab Zugang dieser Kündigungserklärung festgestellt werde. Ansonsten wäre die Einführung der genannten Kündigungserklärung ohne Sinn erfolgt.

d) Die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht gibt den Parteien Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
YAAAC-66171

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein