Bayerisches Landesamt für Steuern - S 2256 - 33 St 32/St 33

Einkommensteuerliche Folgen der Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrags

(BStBl 2007 II S. 162)

Zur Frage der einkommensteuerlichen Behandlung der Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrags nimmt das Bayerische Landesamt für Steuern anhand des folgenden Beispielsachverhalts Stellung:

Der Steuerpflichtige A hatte im Januar 2004 ein Mietwohngrundstück zum Kaufpreis von 1 Million EUR erworben. Die Anschaffungsnebenkosten (Notar, Grundbuch, Grunderwerbsteuer) beliefen sich auf 40.000 EUR. A erklärte in den Jahren 2004 und 2005 folgende Vermietungseinkünfte, die bestandskräftig veranlagt sind:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
 
 
 
 
 
 
 
VZ 2004
 
VZ 2005
 
Mieteinnahmen
 
40.000 EUR
 
45.000 EUR
 
Schuldzinsen
./.
35.000 EUR
./.
30.000 EUR
 
Gebäude-AfA
./.
15.000 EUR
./.
15.000 EUR
 
Sonstige Werbungskosten
./.
5.000 EUR
./.
5.000 EUR
 
Verlust
./.
15.000 EUR
./.
5.000 EUR

Anfang des Jahres 2006 entdeckte A an dem Gebäude schwerwiegende bauliche Schäden, die ihm der Verkäufer böswillig verschwiegen hatte. Nach Rücktritt vom Kaufvertrag nach §§ 346, 323 BGB erstattete der Veräußerer A den damals gezahlten Kaufpreis, die seinerzeit angefallenen Notar- und Grundbuchgebühren und die zwischenzeitlich geleisteten Aufwendungen auf das Grundstück einschließlich der gezahlten Schuldzinsen. Gegen gerechnet wurden die vereinnahmten Mieten. Außerdem zahlte der Veräußerer Zinsen für den Kaufpreis, der ihm für zwei Jahre zur Verfügung stand (§§ 346 Abs. 1 Satz 1, 347 Abs. 1 Satz 1 BGB). Im Jahr 2006 erhielt A aus diesem Grund 1,09 Millionen EUR, die sich wie folgt zusammensetzen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Erstattung Kaufpreis und Nebenkosten
1.040.000 EUR
+ Erstattung Schuldzinsen und sonstige Werbungskosten
75.000 EUR
– gegen zurechnende Mieteinnahmen
– 85.000 EUR
+ Verzinsung des Kaufpreises
60.000 EUR
Gesamtbetrag
1.090.000 EUR

Welche steuerlichen Auswirkungen ergeben sich aus der Rückabwicklung des Kaufvertrags bei A?

Ergebnis:

Bei A ergeben sich im Jahr 2006 folgende Auswirkungen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG)
– 10.000 EUR
Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG)
+ 60.000 EUR

Zivilrechtlich entfaltet die Aufhebung des Kaufvertrags Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags. Steuerlich gilt jedoch der Grundsatz, dass zivilrechtlich zurückwirkende Vereinbarungen bzw. Gerichtsentscheidungen keine steuerliche Rückwirkung entfalten können. Wenn der Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklicht worden ist, lässt sich das nicht rückwirkend ändern (§§ 38, 41 AO). Die zivilrechtliche Rückwirkung wird deshalb bei laufend veranlagten Steuern nicht nachvollzogen, sondern beschränkt sich auf einmalig festgesetzte Steuern wie Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer. Für den Bereich der Einkommensteuer gilt der „Grundsatz der Unabänderlichkeit des verwirklichten Einkünfteerzielungstatbestandes” ( BStBl 2000 II S. 424 sowie vom , BFH/NV 2000 S. 1185).

Im vorliegenden Fall hat der Steuerpflichtige A bis zur Rückübertragung des Grundstücks den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung erfüllt. Dieser Tatbestand wird nicht rückgängig gemacht, wenn er das Grundstück rücküberträgt, ihm die Grundstückskosten ersetzt werden und er die vereinnahmten Mieten (im Wege der Verrechnung) herausgibt. Bis zur Vereinbarung über die Rückabwicklung des Kaufvertrags war der Steuerpflichtige rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks. Ihm sind deshalb die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen.

Die Vereinbarungen des Jahres 2006 entfalten danach einkommensteuerliche Wirkung erst für dieses Jahr. Dabei ist davon auszugehen, dass sämtliche in der Vereinbarung einzeln aufgeführten Berechnungsposten in diesem Jahr bei dem Steuerpflichtigen zu- bzw. abgeflossen sind, teilweise im Wege der Verrechnung. Damit ergeben sich folgende Auswirkungen bei den verschiedenen Einkunftsarten:

Vermietung und Verpachtung

Die erstatteten (= empfangenen) Schuldzinsen und sonstigen Werbungskosten sind im Jahr der Zahlung als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen (75.000 EUR). Die Herausgabe der vereinnahmten Mieten führt zu negativen Einnahmen (./. 85.000 EUR), so dass bei A im VZ 2006 ein Verlust von 10.000 EUR bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen ist.

Über die gesamte Besitzzeit weist A damit einen Vermietungsverlust in Höhe der in Anspruch genommenen Gebäudeabschreibungen (./. 30.000 EUR sowie ggf. anteilige AfA 2006 bis zur Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht bzgl. der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) aus.

Hinsichtlich der AfA wird auf Folgendes ergänzend hingewiesen:

Eine Rückgängigmachung von AfA beim Rücktritt vom Immobilienverkauf kann ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn und soweit der Käufer (hier A) den Kaufpreis tatsächlich gar nicht erbracht hat, also in Wahrheit keine AK getragen hat. Ist demnach der Erwerber den Kaufpreis bis zum Rücktritt ganz oder teilweise schuldig geblieben, könnte eine Änderung der bestandskräftigen Veranlagungen gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO erfolgen.

In allen anderen Fällen bleibt die AfA erhalten.

Privater Veräußerungsgewinn

Nach dem BStBl 2007 II S. 162 stellt die Rückabwicklung eines Anschaffungsgeschäfts kein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar. Ein etwaiger Veräußerungsgewinn in Höhe der rückgängig gemachten AfA fällt somit – entgegen früherer Verwaltungsauffassung nicht an.

Einnahmen aus Kapitalvermögen

Die von dem Grundstücksveräußerer gezahlten Zinsen für den vereinnahmten und später erstatteten Kaufpreis (60.000 EUR) gehören bei A zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Dabei handelt es sich nicht um eine Entschädigung im Sinne von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG, das heißt, dass die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG nicht in Betracht kommt.

Der zu verzinsende Geldbetrag stand dem Veräußerer des Grundstücks zur Verfügung. Für diese Nutzung bzw. Nutzungsmöglichkeit hat er nach den Vorschriften des BGB unmittelbar Zinsen zu entrichten und ist nicht etwa zur Zahlung von Schadensersatz wegen entgangener Nutzungsvorteile verpflichtet.

Die Zusammenballung der Zinsen stellt nach der BFH-Rechtsprechung auch keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit dar i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ( BStBl 1966 III S. 462).

Hinweis:

Der Inhalt der Verfügung entspricht im Wesentlichen dem .

Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 2256 - 33 St 32/St 33

Fundstelle(n):
DAAAC-65410