BGH Beschluss v. - IX ZB 55/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: InsVV § 1 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a; InsVV § 1 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. b; InsVV § 3 Abs. 1 Buchst. a; InsVV § 3 Abs. 1 Buchst. b; InsO § 8 Abs. 3

Instanzenzug: AG Celle 29 IN 12/03 vom LG Lüneburg 3 T 12/06 vom

Gründe

I.

Der Rechtsbeschwerdeführer, der bereits als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt war, wurde mit zum Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Diese betrieb ein Dentallabor mit zuletzt 16 Angestellten.

Am setzte das Amtsgericht die Vergütung des Rechtsbeschwerdeführers für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter antragsgemäß auf 71.781,29 € fest. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin änderte der Verwalter seine Vergütungsberechnung auf 64.686,08 €. Mit Beschluss vom half das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde teilweise ab und setzte die Vergütung entsprechend der neuen Berechnung des Verwalters fest. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Beschwerdegericht die Vergütung auf 40.254,69 € reduziert. Hiergegen wendet sich der Insolvenzverwalter mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6, 7, 64 Abs. 3 Satz 1 InsO), jedoch unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Insbesondere der vom Rechtsbeschwerdeführer geltend gemachte Zulässigkeitsgrund der Einheitlichkeitssicherung liegt nicht vor.

1. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, der Insolvenzverwalter habe keine Kenntnis von den Schreiben der Schuldnerin vom , , , und erhalten. Er habe deshalb keine Möglichkeit gehabt, auf diese Schriftsätze zu erwidern und ergänzend vorzutragen. Darauf beruhe die Beschwerdeentscheidung, weil diese an mehreren Stellen darauf abstelle, dass es an ausreichendem Vortrag des Insolvenzverwalters fehle.

Außerdem sei die rechtsfehlerhafte Begründung der Beschwerdeentscheidung zu den vom Insolvenzverwalter beanspruchten Zuschlägen verallgemeinerungsfähig.

2. Ein Zulässigkeitsgrund ergibt sich daraus nicht. Insbesondere legt die Rechtsbeschwerde nicht in ausreichender Weise dar, dass der angegriffene Beschluss auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs des Insolvenzverwalters beruhen könnte.

a) Das Beschwerdegericht hat die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Verwalters um 12.918,15 € heraufgesetzt, weil es für den vom Amtsgericht gemäß dem Antrag des Verwalters vorgenommenen Abzug gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a InsVV keinen Anlass gebe. Aus den Akten sei nicht ersichtlich, dass der Verwalter eine solche Vergütung erhalten habe, insbesondere sei diese in der Schlussrechnung nicht ausgewiesen. Zudem könne er eine solche Vergütung auch nicht mehr geltend machen, weil er nicht mit der erforderlichen Qualifikation ausgestattet sei.

Der Rechtsbeschwerdeführer ist durch die Heraufsetzung der Bemessungsgrundlage nicht beschwert. Würde seinem Anliegen insoweit stattgegeben, müsste seine Vergütung weiter reduziert werden. Insoweit fehlt ein Rechtsschutzbedürfnis.

b) Die Rechtsbeschwerde meint, dass der Insolvenzverwalter Zuschläge von 25 % für eine lange Verfahrensdauer und für die Vornahme von Zustellungen, mit welchen er gemäß § 8 Abs. 3 InsO beauftragt worden war, gerechtfertigt habe, was das Beschwerdegericht gehörswidrig entweder nicht zur Kenntnis genommen oder ihre Berechtigung rechtssymptomatisch verkannt habe.

Dies ist zunächst hinsichtlich der langen Verfahrensdauer unzutreffend. Der Insolvenzverwalter hatte im Schriftsatz vom den Antrag auf einen Zuschlag wegen langer Verfahrensdauer ausdrücklich fallengelassen und in die Neuberechnung seiner Vergütung nicht mehr aufgenommen. Gegen den entsprechenden Abhilfebeschluss des hat er kein Rechtsmittel eingelegt.

Allerdings hatte er in diesem Schriftsatz hilfsweise für den Fall, dass ein anderer beantragter Zuschlag nicht gewährt werden würde, hilfsweise einen Zuschlag von 25 % beantragt, weil ihm die Zustellungen gemäß § 8 Abs. 3 InsO übertragen und von ihm durchgeführt worden seien. Hierüber ist nicht entschieden worden, weil das Beschwerdegericht diesen Hilfsantrag offenbar übersehen hat. Auch insoweit hat die Rechtsbeschwerde aber keinen Erfolg. Der Rechtsbeschwerdeführer hat nicht aufgezeigt, dass er die Voraussetzungen eines Zuschlags dargelegt hat oder bei Gewährung rechtlichen Gehörs dargelegt hätte.

Darüber, dass die Übertragung der Zustellung nach § 8 Abs. 3 InsO einen Zuschlag zur Regelvergütung rechtfertigen kann, wenn dadurch eine erhebliche Mehrbelastung bewirkt worden ist, herrscht kein Streit (, ZIP 2004, 1822, 1823). Eine erhebliche Mehrbelastung hat der Insolvenzverwalter jedoch weder behauptet noch schlüssig dargelegt.

c) Das Beschwerdegericht hat einen Zuschlag von 25 % für die Vorfinanzierung von Insolvenzgeld abgelehnt, weil diese Tätigkeit bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet war und bei der Festsetzung der Vergütung für die Tätigkeit als vorläufiger Verwalter bereits berücksichtigt worden sei; eine doppelte Vergütung sei unberechtigt.

Die damit zum Ausdruck gekommene Rechtsansicht ist zutreffend. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Rechtsbeschwerdebegründung auch nicht aus der Entscheidung des Senats vom (IX ZB 52/04, ZIP 2004, 2448). Wenn dort ausgeführt ist, dass die wegen erschwerender Umstände zu gewährenden Zuschläge bei gleicher Belastung von vorläufigem und endgültigen Verwalter grundsätzlich für beide mit dem gleichen Vomhundertsatz zu bemessen seien, bedeutet dies nicht, dass auch derjenige der beiden Verwalter den Zuschlag erhalten soll, der im konkreten Fall keine zuschlagspflichtige Tätigkeit ausgeübt hat. Im Übrigen gilt der genannte Grundsatz, dass Zuschläge bei in gleicher Weise erschwerender Tätigkeit bei vorläufigem und endgültigen Verwalter mit dem gleichen Hundertsatz zu vergüten sind, nur dann, wenn auch die Berechnungsgrundlagen vergleichbar groß sind (, Rn. 12, nicht veröffentlicht).

Inwieweit hinsichtlich der "Bearbeitung von Insolvenzgeld" und der "Abwicklung von Arbeitsverhältnissen" die Beschwerdeentscheidung zu beanstanden sein soll, wird von der Rechtsbeschwerdebegründung nicht nachvollziehbar dargelegt. Das Beschwerdegericht ist im Übrigen zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Bearbeitung arbeitsrechtlicher Sachverhalte bis zur Anzahl von 20 Arbeitnehmern von einem Normalfall auszugehen ist, der durch die Regelvergütung abgegolten wird. Das hat der Senat für Sozialplanverhandlungen und Insolvenzgeldvorfinanzierungen entschieden (, ZIP 2004, 518, 520; v. - IX ZB 212/03, ZInsO 2007, 439, 440; v. - IX ZB 120/06, ZIP 2007, 826, 827). Für die hier zu beurteilenden arbeitsrechtlichen Sachverhalte gilt nichts anderes.

d) Das Beschwerdegericht hat einen Zuschlag für die Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten nicht zugebilligt, weil der Rechtsbeschwerdeführer mitgeteilt hatte, dass nennenswerte Aussonderungsrechte nicht geltend gemacht worden seien und Absonderungsrechte nicht bestünden.

Die Rechtsbeschwerde meint, der Insolvenzverwalter hätte bei Gewährung rechtlichen Gehörs doch noch vorgetragen, dass verschiedene Unternehmen Aussonderungsrechte geltend gemacht hätten.

Dies macht die Rechtsbeschwerde nicht zulässig. Die erforderliche Darlegung hätte bereits Inhalt des Vergütungsfestsetzungsantrags sein müssen, in dem ein entsprechender Zuschlag begehrt wurde. Die Rechtsbeschwerde zeigt im Übrigen nicht auf, inwiefern eines der ihr nicht zugeleiteten Schreiben der Schuldnerin Anlass gegeben hätte, hierzu näher vorzutragen.

Zudem zeigt sie auch nicht auf, dass sie vorgetragen hat oder vorgetragen hätte, dass die Bearbeitung der jetzt dargelegten Aussonderungsrechte einen erheblichen Teil der Tätigkeit des Insolvenzverwalters ausgemacht hätte. Dies ist jedoch Voraussetzung eines Zuschlags nach § 3 Abs. 1 Buchst. a InsVV.

Soweit die Rechtsbeschwerde schließlich meint, der Insolvenzverwalter habe zu prüfen gehabt, ob die im Anlagevermögen der Schuldnerin aufgeführten Wirtschaftsgüter tatsächlich im Eigentum der Schuldnerin standen, stellt dies noch keine zuschlagsbegründende Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten dar, wie das Beschwerdegericht zutreffend bemerkt hat.

e) Hinsichtlich der Unternehmensfortführung über sieben Wochen hat das Beschwerdegericht einen Zuschlag von 10 % zugebilligt und dabei berücksichtigt, dass die Unternehmensfortführung bereits zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. b InsVV um 31.710,94 € und damit zu einer Erhöhung der Regelvergütung um 2.200 € geführt hatte.

Der Rechtsbeschwerdeführer meint dagegen, diese minimale Erhöhung der Regelvergütung falle nicht ins Gewicht, es sei gleichwohl ein Zuschlag von 25 % gerechtfertigt.

Damit verkennt die Rechtsbeschwerde die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Buchst. b InsVV. Dieser erfordert, dass durch die Fortführung des Unternehmens die Masse nicht entsprechend größer geworden ist. Bleibt die Erhöhung der Vergütung durch Massemehrung aufgrund Fortführung des Unternehmens hinter dem Betrag zurück, der dem Verwalter bei unveränderter Masse als Zuschlag gebühren würde, so ist ihm allerdings ein diese Differenz in etwa ausgleichender Zuschlag zu gewähren ( aaO).

Dies hat das Beschwerdegericht nicht verkannt. Es hat dabei im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls den zusätzlich zu gewährenden Zuschlag mit 10 % bemessen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Bemessung des Zuschlags im Einzelfall ist Aufgabe tatrichterlicher Würdigung (, NZI 2006, 464; v. - IX ZB 230/05, NZI 2007, 40, 41; v. - IX ZB 201/05, ZInsO 2007, 370). Die durch die Massemehrung eingetretene Erhöhung der Regelvergütung von 2.200 € entspricht im Ergebnis einem Zuschlag von ca. 10 % auf die Regelvergütung.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
JAAAC-63798

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