Oberfinanzdirektion Karlsruhe - S 1978/20 - St 111

Einbringungsfälle nach § 24 UmwStG;
Fehlerquellen und Checklisten

1. Grundprinzip des § 24 UmwStG

Gewährung von Gesellschaftsrechten

§ 24 UmwStG begünstigt die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten.

Grundsätze:

  • Einbringender

    Einbringender kann eine natürliche Person, eine Körperschaft oder auch eine Personengesellschaft sein.

  • Wertansatzwahlrecht

    Die aufnehmende Personengesellschaft hat ein Wertansatzwahlrecht (Buchwerte, Teilwerte oder Zwischenwerte; für Einbringungen nach dem : gemeine Werte statt Teilwerte).

  • Bindungswirkung des Wertansatzes

    Bindungswirkung: Der Wertansatz bei der übernehmenden Personengesellschaft gilt als Veräußerungspreis für das übergehende Vermögen. Wird das übergehende Vermögen mit einem höheren Wert als dem Buchwert angesetzt, entsteht auf der Seite des Einbringenden ein Einbringungsgewinn. Bei Teilwertansatz ist der Gewinn ggf. nach §§ 16, 34 EStG begünstigt.

2. Fehlerquellen und Praxishinweise

Fehlerquellen

Der Bundesrechnungshof hat vor einiger Zeit die steuerliche Behandlung der Einbringung freiberuflicher Praxen mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG in Personengesellschaften nach § 24 UmwStG geprüft. Aus dem Prüfungsbericht sowie aus bekannt gewordenen Einzelfällen ergeben sich bei der Anwendung des § 24 UmwStG folgende Fehlerquellen:

  • Gewährung anderer Gegenleistungen als Gesellschaftsrechte

    Nach § 24 UmwStG begünstigt ist nur die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten. Werden sonstige Entgelte gewährt, führt dies – anders als bei der Anwendung des § 20 UmwStG – insoweit zur Steuerschädlichkeit, d.h. zur zwingenden Aufdeckung von stillen Reserven. Als sonstiges Entgelt in diesem Sinne ist auch die Gutschrift auf einem Darlehenskonto anzusehen (Tz. 24.08 des UmwSt-Erlasses, Anhang 28 II ESt-Handbuch 2006). Zur Abgrenzung eines Darlehens- von einem Kapitalkonto gelten die zu § 15a EStG entwickelten Grundsätze entsprechend (vgl. Teil A Tz 3.1 des Fortbildungsmanuskripts „Besteuerung von Personengesellschaften: Praxisrelevante Rechtsänderungen”, abrufbar in FAIR/ESt/Fortbildungen).

  • Zuzahlungen ins Privatvermögen

    Erhält der Einbringende neben dem Mitunternehmeranteil eine Zuzahlung, die nicht Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft wird, sind die anteiligen stillen Reserven ebenfalls aufzudecken (vgl. Tz. 24.09 ff. des UmwSt-Erlasses).

  • Rückwirkung

    Nach § 24 Abs. 4 UmwStG kann die Einbringung in eine Personengesellschaft mit einer Rückwirkung von acht Monaten erfolgen (Verweis auf § 20 Abs. 7 und 8 UmwStG). Dies gilt allerdings nur in Fällen der Gesamtrechtsnachfolge (= Umwandlungen nach dem UmwG) und nicht bei Einzelrechtsnachfolge (Einbringungen). Bei Einzelrechtsnachfolge kann allenfalls eine sog technische Rückwirkung von sechs bis acht Wochen anerkannt werden.

  • Verträge

    Um zu erkennen, ob ein Fall des § 24 UmwStG vorliegt, müssen zwingend die Einbringungs- und Gesellschaftsverträge in der jüngsten Fassung vorliegen. Ohne vertragliche Unterlagen ist eine rechtliche Prüfung des § 24 UmwStG schon dem Grunde nach nicht durchführbar. Vertragsunterlagen sind deshalb in jedem Fall zwingend anzufordern! Dies gilt auch dann, wenn ein neuer Gesellschafter in eine bereits bestehende Personengesellschaft gegen Sacheinlage aufgenommen wird.

  • Eröffnungsbilanz

    Ebenso sind die Einbringungsbilanz des Einbringenden sowie die Eröffnungsbilanz der übernehmenden Personengesellschaft anzufordern.

  • Übergang zum BVV

    Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist ein Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG erforderlich, wenn für den eingebrachten Betrieb bisher eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erfolgt ist (Einnahmen-Überschuss-Rechnung: z.B. bei Einbringung einer Freiberufler-Praxis). Dies gilt grundsätzlich auch bei einer Einbringung zu Buchwerten. Der insoweit abweichenden Auffassung des , BStBl 2002 II S. 287, ist nicht zu folgen.

    Übergangsgewinn ermitteln

    Aufgrund der Bilanzierungspflicht ist beim Übergang von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ein Übergangsgewinn zu ermitteln, der als laufender Gewinn zu behandeln ist. Bei Einbringung einer freiberuflichen Praxis handelt es sich dabei vor allem um die offenen Honorarforderungen. Der Übergangsgewinn wird noch in voller Höhe dem Einbringenden zugerechnet.

  • Rückkehr zur EÜR

    Es ist zulässig, unmittelbar nach der Einbringung wieder zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zurück zu kehren. Der dabei entstehende Übernahmeverlust ist grundsätzlich allen Gesellschaftern entsprechend dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn sich der einbringende Mitunternehmer – wie in der Praxis häufig – die bestehenden Honorarforderungen zurückbehält. Diese stellen bis zu ihrer Begleichung notwendiges Sonderbetriebsvermögen des Einbringenden bei der Personengesellschaft dar. Somit ist in diesem Fall auch der durch die Honorarforderungen bedingte Übergangsverlust ausschließlich dem einbringenden Gesellschafter zuzurechnen. Bei einer Einbringung zum 1.1. eines Jahres ist es allerdings denkbar, dass der Übergangsgewinn noch im Altjahr (also am 31.12.) entsteht, der Übergangsverlust dann aber erst den Gewinn des Folgejahres mindert.

3. Checklisten

Zwei Checklisten

Zur Erleichterung der Handhabung von Einbringungsfällen in eine Personengesellschaft nach § 24 UmwStG übersendet die OFD zwei Checklisten:

  • Checkliste für den Einbringenden (Anlage 1)

  • Checkliste für die übernehmende Personengesellschaft (Anlage 2).

Anwendungsbereich: § 24 UmwStG a.F.

Die beiden Checklisten sind für Einbringungsfälle konzipiert, die noch nicht unter das SEStEG (vgl. dazu das Fortbildungsmanuskript „Aktuelle Gesetzesänderungen SEStEG/JStG 2007”, vom April/Mai 2007, Teil B, abrufbar in FAIR/KSt/Fortbildungen) fallen, d.h. bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister bzw. der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bis zum erfolgt sind.

Inlandsfälle § 24 UmwStG n.F.

Für Einbringungsfälle ohne Auslandsbezug, auf die bereits § 24 UmwStG i.d.F. des SEStEG anwendbar ist, können die beiden Checklisten ebenfalls angewendet werden.

FAIR

Diese Verfügung ist in FAIR/ESt/Arbeitshilfen eingestellt.

Anlage

III. Benötigte Unterlagen [1]
  1. Gesamtrechtsnachfolge (vgl. Tzn. 24.01 e u. f sowie Tz. 24.02 UmwStE):

    1. Verschmelzungsvertrag (§§ 47 UmwG), Spaltungsvertrag (§ 126 UmwG).

    2. Soweit vorgeschrieben: Verschmelzungs- oder Spaltungsbericht (§§ 8, 127 UmwG).

    3. Verschmelzungs- oder Spaltungsbeschluss (§§ 13, 125 UmwG).

    4. Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister.

    5. Handelsregisterauszug.

    6. Handelsrechtliche und steuerliche Übertragungsbilanz zum steuerlichen Übertragungsstichtag.

    7. Eröffnungsbilanz, wenn die übernehmende Gesellschaft neu gegründet wird.

  2. Einzelrechtsnachfolge (vgl. Tzn. 24.01 a – d sowie 24.02 UmwStE):

    1. Gesellschaftsvertrag, ggf. Sachgründungsbericht.

    2. Handelsregisterauszug, wenn aufnehmende Gesellschaft eine OHG oder KG ist.

    3. Ggf. handelsrechtliche und steuerliche Einbringungsbilanz, wenn die Gesellschaft/das EU mit der Einbringung untergeht.

    4. Eröffnungsbilanz, wenn die übernehmende Gesellschaft neu gegründet wird.

IV. Beachte

Steuerlicher Übertragungsstichtag

  1. Grundsatz:

    Übergang des wirtschaftlichen Eigentums, d.h. regelmäßig Übergang von Nutzen und Lasten laut Einbringungsvertrag

  2. Bei Gesamtrechtsnachfolge auf Antrag Rückbezug möglich (§§ 24 IV, 20 VII u. VIII UmwStG a.F,; Tzn. 20.19 ff. UmwStE):

    > Zeitpunkt, für den die Schlussbilanz des einbringenden Unternehmens aufgestellt ist.

    > Höchstens 8 Monate vor der Anmeldung zum Handelsregister.

V. Weitere Hinweise
  1. Eine zum BV gehörende 100 %ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gilt als Teilbetrieb i.S.d. § 24 UmwStG a.F. (Tz. 24.03 UmwStE u. R 16 III S. 6 EStR 2005).

  2. Es ist ein Übergang zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich erforderlich, wenn der Gewinn des eingebrachten Betriebes bisher durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelt wurde.

  3. Für die Anwendung des § 24 UmwStG a.F. ist es unschädlich, wenn die WG in das SBV übertragen werden (Tz. 24.06 UmwStE).

  4. Es ist zu prüfen, ob ggf. ein Einbringungsfolgegewinn entstanden ist (§§ 24 IV, 22 V. 6 I u. II UmwStG a.F.: beachte § 26 I UmwStG a.F.).

  5. Die für den gewerbesteuerlichen Verlustabzug erforderliche Unternehmeridentität besteht im Fall einer Einbringung i.S.d. § 24 UmwStG a.F., soweit die Gesellschafter der eingebrachten PersG auch Gesellschafter der aufnehmenden PersG sind (vgl. A 68 III Nr. 5 GewStR 1998).

    Wird ein Einzelunternehmen gem. § 24 UmwStG a.F. in eine Personengesellschaft eingebracht, kann der in dem Einzelunternehmen entstandene Fehlbetrag insgesamt, jedoch nur von dem Betrag abgezogen werden, der von dem gesamten Gewerbeertrag der Personengesellschaft auf den früheren Einzelunternehmer entfällt (vgl. A 68 II GewStR 1998).

  6. Der Einbringungsgewinn ist wie folgt zu ermitteln (§ 16 II EStG):

    Veräußerungspreis (§ 24 III S. 1 UmwStG a.F. = Wertansatz bei der übernehmenden PersG)

    Tabelle in neuem Fenster öffnen
    ./. BW des übertragenen BV bzw. Anteils am BV
    ./. Einbringungskosten
    = Einbringungsgewinn/-verlust
  7. Es ist zu prüfen, ob und ggf. wie weit § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b KStG bei der Ermittlung des Einbringungsgewinns anzuwenden sind.

  8. Der Gewinn aus der Einbringung eines (Teil-)Betriebs ist ab dem EZ 2002 gewerbesteuerpflichtig, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligtem Mitunternehmer entfällt. Gleiches gilt für den Gewinn aus der Einbringung eines Mitunternehmeranteils (§§ 7 S. 2 Nrn. 1 u. 2 GewStG).

VI. Hinweise zur Grunderwerbsteuer
  1. Betrifft die Einbringung unmittelbar oder mittelbar auch Grundbesitz, führt dies zur Realisierung eines grunderwerbsteuerlichen Erwerbstatbestandes. Einzelheiten ergeben sich aus dem Merkblatt über Miteilungen an die die Grunderwerbsteuerstellen (Veranlagungsordner, Fach 11, Teil 1).

  2. Es empfiehlt, sich in diesen Fällen Rücksprache mit der GrESt zu halten. Ggf. ist der Vorgang (Kopien der HR-Eintragung und der Verträge) mit dem Vordruck S 2532/16 („Mitteilung für Zwecke der Grunderwerbsteuer”) oder S 2532/17 („Mitteilung über die Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft”) an das zuständige Finanzamt zu senden.

VII. Hinweise zur Adressierung bei Abspaltungen und Ausgliederungen

In den Fällen der Abspaltung oder Ausgliederung liegt keine Gesamtrechtsnachfolge i.S.d. § 45 AO der übernehmenden Personengesellschaft vor. Dies gilt unabhängig von einer Vereinbarung über die Übernahme von Steuerverbindlichkeiten (vgl. BStBl II 2003, S. 835). Deshalb ist ausschließlich der übertragende Rechtsträger Inhalts- und Bekanntgabeadressat. (Vgl. im Einzelnen: AEAO zu § 45 AO. Nr. 2 und AEAO zu § 122 AO, Nr. 2.15)

Oberfinanzdirektion Karlsruhe v. - S 1978/20 - St 111

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
DStR 2007 S. 2326 Nr. 51
ZAAAC-62546

1Die Unterlagen sind in Abstimmung mit dem für die übernehmende PersG zuständigen FA anzufordern (siehe auch § 24 UmwStG a.F. – Checkliste für die übernehmende PersG).