BFH Beschluss v. - IX B 54/07

Führung eines selbständigen Haushalts auch ohne Bad oder Dusche; Verletzung der Sachaufklärung

Gesetze: EigZulG § 2 Abs. 1, FGO § 76, FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug: (Ez)

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Denn die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.

1. Entgegen der Ansicht der Kläger ist eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der FinanzgerichtsordnungFGO—) nicht erforderlich; denn die gerügte Divergenz zum (BFH/NV 2007, 810) liegt nicht vor. Eine Divergenz kann nur vorliegen, wenn das Finanzgericht (FG) bei einem gleichen, vergleichbaren oder gleichgelagerten Sachverhalt in ein und derselben Rechtsfrage eine von einer Entscheidung des BFH oder des Bundesverfassungsgerichts oder eines FG abweichende Rechtsauffassung vertreten hat (z.B. , BFH/NV 2007, 715). Hieran fehlt es im Streitfall. Denn anders als in dem mit Urteil in BFH/NV 2007, 810 entschiedenen Fall, in dem die einzelnen Studentenwohnräume nur über eine Gemeinschaftsküche und ein Gemeinschaftsbad mit WC verfügten, bestand die (ca. 1936 erbaute) Wohnung der Kläger nach den bindenden Feststellungen des FG aus „zwei Zimmern, Küche, Flur und Toilette"; sie war damit auch ohne Bad oder Dusche zur Führung eines selbständigen Haushalts geeignet.

Im Übrigen ist das FG von der BFH-Rechtsprechung zur Herstellung einer Wohnung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 des EigenheimzulagengesetzesEigZulG— (s. , BFH/NV 2005, 543, unter II. 1. a; vom III R 53/00, BFHE 202, 57, BStBl II 2003, 565) und insbesondere vom maßgebenden bewertungsrechtlichen Wohnungsbegriff (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 810, m.w.N.) ausgegangen. Denn es hat die von den Klägern erworbene Eigentumswohnung trotz fehlenden Bades oder Dusche konkludent als Wohnung angesehen. Es hat die (Neu-)Herstellung einer Wohnung i.S. des § 2 Abs. 1 EigZulG aufgrund von Baumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verneint, weil unter Berücksichtigung der Umstände des Streitfalles die angeschaffte Wohnung nicht als bautechnisch neu zu beurteilen sei.

2. Die gerügten Verfahrensmängel liegen —abgesehen von zum Teil nicht hinreichender Darlegung gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO— nicht vor. Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten und damit eine Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist u.a. gegeben, wenn das FG bei seiner Entscheidung eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen hat und die angefochtene Entscheidung darauf beruht (vgl. BFH-Beschlüsse vom II B 106/05, BFH/NV 2006, 975; vom X B 86/02, BFH/NV 2003, 337, m.w.N.). Bei der Beurteilung, ob das FG einen Verfahrensfehler begangen hat, kommt es aber auf dessen materiell-rechtlichen Standpunkt an (vgl. z.B. , BFHE 189, 148, BStBl II 1999, 731, m.w.N.).

Danach bestand für das FG im Streitfall, in dem es auf der Grundlage der BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 202, 57, BStBl II 2003, 565) mangels neu eingefügter und prägender Gebäudeteile die bautechnische Neuheit der Wohnung verneint hatte, kein Anlass, auf das auch aus dem Tatbestand des Urteils ersichtliche Wertverhältnis zwischen neu eingefügten Teilen und Altbausubstanz näher einzugehen; entsprechend war auch eine diesbezügliche weitere Sachaufklärung nicht geboten (zu den Darlegungsanforderungen bei Verletzung der Sachaufklärungspflicht i.S. von § 76 Abs. 1 FGO: z.B. , BFH/NV 1999, 630).

Im Übrigen haben die Kläger ihr Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache (s. Sitzungsprotokoll; zu dessen erhöhter Beweiskraft s. § 94 FGO i.V.m. § 165 der ZivilprozessordnungZPO—) und damit durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO); auch fehlt der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. , BFH/NV 2007, 1179). Wurde —wie im Streitfall— zur mündlichen Verhandlung kein Zeuge geladen, ist für den Kläger erkennbar, dass das FG die beantragte Zeugeneinvernahme nicht beabsichtigt; wird dies in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt, liegt ein Verzicht auf den Verfahrensmangel des Übergehens eines Beweisantrags vor (vgl. , BFH/NV 2006, 314).

3. Letztlich rügen die Kläger die unzutreffende Tatsachen- und Beweiswürdigung sowie die fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG, also materiell-rechtliche Fehler; damit kann jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden, wenn für einen darüber hinausgehenden offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht keine Anhaltspunkte ersichtlich sind (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 77/00, BFH/NV 2002, 359; vom IX B 239/02, BFH/NV 2005, 1052).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 30 Nr. 1
KÖSDI 2008 S. 15928 Nr. 3
IAAAC-62530