BAG Urteil v. - 2 AZR 626/05

Leitsatz

[1] Ist der Arbeitgeber tariflich verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei Wegfall seines Arbeitsplatzes die Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz im Konzern zu verschaffen, so ist die Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers, dessen bisherige Tätigkeit entfallen ist, regelmäßig unzulässig, wenn seine Weiterbeschäftigung unter geänderten angemessenen Vertragsbedingungen auf einem anderen zumutbaren Arbeitsplatz im Konzern möglich ist und der Arbeitnehmer hierzu sein Einverständnis erklärt.

Gesetze: BGB § 626

Instanzenzug: ArbG Köln 7 Ca 14003/03 vom LAG Köln 3 Sa 1477/04 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung, über die Verpflichtung der Beklagten zu 1), dem Kläger einen neuen Arbeitsvertrag zu verschaffen und um einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers.

Der 1951 geborene, verheiratete und gegenüber zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Kläger ist seit dem bei der Beklagten zu 1), die zum D-Konzern gehört, bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als Sachbearbeiter beschäftigt, zuletzt als Key-Account-Manager zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von 4.382,32 Euro. Er war Mitglied des bei der Beklagten zu 1) gebildeten Betriebsrats. Auf das Arbeitsverhältnis finden - neben den konzernweit geltenden betrieblichen Regelungen - die einschlägigen Tarifverträge Anwendung, ua. der Manteltarifvertrag Nr. 14 für das Bodenpersonal vom (nachfolgend: MTV) und der Tarifvertrag "Abkommen zum Schutz der Mitarbeiter im D-Konzern vor nachteiligen Folgen aus Rationalisierungsmaßnahmen (Schutzabkommen)" vom idF vom (nachfolgend: TV-S). Die Tarifverträge waren ursprünglich für die Angehörigen des Bodenpersonals der ehemaligen Beklagten zu 3), der D (D), der L GmbH (L) und der C GmbH (C) abgeschlossen worden. Ihr Geltungsbereich wurde aufgrund des Tarifvertrags zur Erweiterung des Geltungsbereichs vom auf eine Vielzahl von Unternehmen des D-Konzerns erweitert, ua. auch auf die Beklagte zu 1), die ehemalige Beklagte zu 2) und die L-S I GmbH.

Der MTV enthält folgende Regelungen:

"§ 41 Ordentliche Kündigung

...

(3) Nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren ist eine ordentliche Kündigung einschließlich der ordentlichen Änderungskündigung durch D/L/C ausgeschlossen.

Das Recht von D/L/C, dem unkündbaren Mitarbeiter aus gerechtfertigten Gründen andere Aufgaben zu übertragen, bleibt hiervon unberührt. D/L/C sind zur Übertragung anderer angemessener Aufgaben verpflichtet, wenn der bisherige Arbeitsplatz des unkündbaren Mitarbeiters wegfällt.

Im TV-S heißt es ua.:

"§ 2 Zielsetzung

Die Tarifvertragsparteien stimmen überein, dass die Sicherung der Beschäftigungsverhältnisse eine vorrangige Bedeutung hat. Die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses mit einem von einer Maßnahme nach §§ 3 und 4 betroffenen Mitarbeiter zu geänderten angemessenen Bedingungen im D-Konzern ist daher vornehmliches Ziel der nachfolgenden Vorschriften.

§ 3 Betriebliche Veränderungen für erhebliche Teile der Belegschaft

Als Maßnahme im Sinne des Tarifvertrages gelten Betriebsänderungen gemäß § 111 BetrVG, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können.

...

§ 6 Einschränkung des ordentlichen Kündigungsrechts

(1) Bewirkt eine Maßnahme nach § 3, dass die bisherige Tätigkeit eines Mitarbeiters in Quantität und/oder Qualität ganz oder überwiegend entfällt, ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber gleichwohl nicht zulässig, wenn die Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters unter geänderten angemessenen Vertragsbedingungen auf einem anderen zumutbaren Arbeitsplatz im Konzern (D/C/L) möglich ist und der Mitarbeiter dazu sein Einverständnis erklärt hat, insbesondere

a) wenn der Mitarbeiter auf einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb innerhalb des Konzerns am gleichen oder einem anderen Ort in seiner bisherigen Tätigkeit oder in einer anderen zumutbaren Tätigkeit weiterbeschäftigt werden kann,

b) wenn eine Weiterbeschäftigung im Sinne des Buchstaben a) nach zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen möglich ist und ein Mitarbeiter sein Einverständnis zu Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen erklärt hat.

...

(3) Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit im Sinne der Vorschriften der Absätze (1) und (2) sind neben beruflichen und wirtschaftlichen Umständen auch die sozialen Belange des Betroffenen im Verhältnis zu den sozialen Belangen anderer Beteiligter ausreichend zu berücksichtigen. Die Zumutbarkeit des Einsatzes auf einem anderen Arbeitsplatz wird für jeden Fall unterstellt, wenn sie nach den Maßstäben des Arbeitsförderungsgesetzes (einschließlich ergänzender Regelungen) bzw. der Reichsversicherungsordnung (Verweisungsberufe) gegeben ist.

...

(5) Bewirkt eine Maßnahme nach §§ 3 und 4, dass der bisherige Arbeitsplatz eines Mitarbeiters, der eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren vollendet hat, entfällt, bleibt dessen Kündigung gleichwohl ausgeschlossen. D/C/L sind zur Übertragung anderer angemessener Aufgaben verpflichtet.

...

§ 10 Individualrechte im Interessenausgleich/Sozialplan

a) Die Vorschriften der §§ 111 ff. BetrVG bleiben unberührt. Im Interessenausgleich/Sozialplan nach §§ 111 ff. BetrVG sind Einzelheiten des Vollzuges nach den Vorschriften der §§ 6, 7, 9 und 12 dieses Tarifvertrages zu regeln.

...

§ 11 Wiedereinstellung

(1) Werden für Arbeitsplätze im Konzern Einstellungen vorgenommen, sind ehemalige Mitarbeiter des Konzerns, die aufgrund einer Maßnahme im Sinne des § 3 entlassen worden sind, anderen (externen) Bewerbern bei gleicher Qualifikation und Eignung vorzuziehen, wenn seit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr als 36 Monate vergangen sind.

..."

Die Regelungen im TV-S werden durch die Konzernbetriebsvereinbarung Interessenausgleich/Sozialplan für das Bodenpersonal vom idF der Verlängerungsregelung vom (nachfolgend: KBV IA/Sozplan) konkretisiert. Gemäß § 3 KBV IA/Sozplan werden durch Personalabbau freiwerdende Stellen nur dann neu besetzt, wenn dies zur Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Betriebs unerlässlich ist. § 4 KBV IA/Sozplan lautet auszugsweise:

"§ 4 Vermittlung freier Arbeitsplätze

Gemäß § 3 zu besetzende, freie Arbeitsplätze werden auf der Grundlage der BetrVbgen "Stellenausschreibung" und "Auswahlrichtlinien" ausgeschrieben, sofern sie nicht durch Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter besetzt werden können, deren Arbeitsplatz entfallen ist. Vorrangig sollen Arbeitsplätze am gleichen Ort, im selben Betrieb, einem anderen Unternehmensbetrieb oder bei anderen Konzerngesellschaften, nachrangig überörtlich im Unternehmens- und Konzernbereich angeboten und vermittelt werden.

..."

Die Beklagte entschied sich am , ihren Betrieb zum vollständig einzustellen. Im Zuge dieser Entscheidung vereinbarte sie am mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat vor dem Hintergrund des TV-S einen Teilinteressenausgleich (nachfolgend: Teil-IA LDD), der ua. folgenden Inhalt hat:

"§ 1

Regelungsgegenstand

Vorrangiges Ziel des bevorstehenden Interessenausgleichs ist es, den betroffenen Mitarbeitern eine Beschäftigungsmöglichkeit innerhalb des Konzerns zu erhalten.

LDD wird deshalb gemäß den hier getroffenen Regelungen dafür Sorge tragen, dass vor Durchführung sonstiger Maßnahmen geprüft worden ist, ob innerhalb des Konzerns Beschäftigungsmöglichkeiten für die von der Betriebsänderung betroffenen Mitarbeiter bestehen. Zur Förderung dieses Zieles werden gemäß § 10 Buchst. a) und 6 des Tarifvertrags Schutzabkommens vom in dieser Vereinbarung Vollzugsregelungen zu § 6 des Tarifvertrages geschaffen.

§ 2 Vermittlungsprozess

Der Vermittlungsprozess wird in zwei Schritten durchgeführt. In einem ersten Schritt ist vor Durchführung sonstiger Maßnahmen zu versuchen, den betroffenen Arbeitnehmern in eine andere Beschäftigung im Konzern zu vermitteln (Vorvermittlung). In einem zweiten Schritt wird auch während der Teilnahme von Mitarbeitern an Fördermaßnahmen bzw. bei Nichtteilnahme auch bis zum Ablauf ihrer Kündigungs-/ sozialen Auslauffrist der Versuch fortgesetzt, sie auf freie Arbeitsplätze im Konzern zu vermitteln."

§ 4 Teil-IA LDD enthält einzelne Vorschriften für das Prüfungsverfahren bei der Vorvermittlung. § 5 Teil-IA LDD regelt für die erfolgreiche Vorvermittlung Folgendes:

"§ 5

Erfolgreiche Vorvermittlung

1. Ist die Vorvermittlung erfolgreich, so schließt der vermittelte Mitarbeiter mit LDD einen Aufhebungsvertrag und begründet unter Anwendung der entsprechenden Konzernregelungen einen Arbeitsvertrag mit dem entsprechenden Unternehmen des L Konzerns (Versetzung im Konzern).

..."

Unter dem schlossen die Beklagte und der Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan (nachfolgend IA/Sozplan LDD), der unter Teil A - Interessenausgleich - Folgendes vorsieht:

"§ 3 Betriebliche Durchführung

...

6. Weitere Teilbetriebsübergänge werden ebenso angestrebt, wie die individuelle Vermittlung, insbesondere im Rahmen des Teilinteressenausgleichs vom ."

Für bis nicht übergegangene bzw. vermittelte Mitarbeiter sieht der IA/Sozplan LDD unter Teil B - Sozialplan - ein Beschäftigungssicherungsprogramm mit Übertritt in eine Transfergesellschaft vor. Daneben enthält der IA/Sozplan LDD Abfindungsregelungen.

Im Rahmen der Durchführung des Prüfungsverfahrens zur Vermittlung des Klägers nach § 4 Teil-IA LDD bat die Beklagte den Kläger, sich auf eine von der konzernangehörigen L-S I GmbH ausgeschriebene Stelle eines Referenten Sales-Support zu bewerben, deren fachliche Qualifikationsvoraussetzungen der Kläger erfüllt. Die Bewerbung des Klägers wurde seitens der L-S I GmbH mit der Begründung abschlägig beschieden, die Stelle sei nur versehentlich konzernweit ausgeschrieben worden und der bei ihr gebildete Betriebsrat habe eine interne Ausschreibung verlangt.

Die Beklagte zu 1) legte ihren Betrieb zum endgültig still und beendete sämtliche 81 Arbeitsverhältnisse. Auch gegenüber dem Kläger sprach sie wegen der Betriebsstilllegung mit Schreiben vom eine außerordentliche Kündigung zum aus. Zuvor hatte sie am den bei ihr gebildeten Betriebsrat nach § 102 BetrVG zur beabsichtigten Kündigung des Klägers angehört. Dieser hatte der Kündigung am widersprochen.

Der Kläger hat Kündigungsschutzklage erhoben und die Auffassung vertreten, die Beklagte zu 1) sei auf Grund der tarifvertraglichen bzw. kollektivrechtlichen Regelungen verpflichtet gewesen, ihm einen anderen Arbeitsplatz bei einem anderen Konzernunternehmen, insbesondere bei der früheren Beklagten zu 2), bzw. der früheren Beklagten zu 3), zu verschaffen. Bei diesen hätten im Sommer 2003 mehrere Beschäftigungsmöglichkeiten bestanden. Nach § 6 Abs. 5 TV-S bestehe eine konzernweite Weiterbeschäftigungspflicht. Eine Durchsetzung dieses Anspruchs sei der Beklagten zu 1) auch möglich gewesen, da die anderen Konzernunternehmen durch die konzernweit geltenden kollektivrechtlichen Regelungen gebunden seien. Die Pflicht der Beklagten zu 1) habe sich nicht nur auf die - von ihr offenbar nur lückenhaft vorgenommene - Prüfung, sondern auf die Vermittlung anderweitiger konzernweiter Beschäftigungsmöglichkeiten erstreckt. Außerdem hätte nach § 103 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung eingeholt werden müssen.

Der Kläger hat - soweit noch von Interesse - beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) nicht durch die schriftliche außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom mit Wirkung zum aufgelöst worden ist,

2. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, dem Kläger spätestens mit Wirkung zum zu den bislang bei ihr geltenden Arbeitsbedingungen einen Arbeitsvertrag bei der Beklagten zu 2) zu verschaffen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu 2.

3. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, dem Kläger spätestens mit Wirkung zum einen Arbeitsvertrag bei der Beklagten zu 3) zu verschaffen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Klageanträgen zu 2. und 3.

4. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, dem Kläger mit Wirkung zum einen angemessenen Arbeitsvertrag bei einem konzernangehörigen Unternehmen im Geltungsbereich des Abkommens zum Schutz der Mitarbeiter im D-Konzern vor nachteiligen Folgen aus Rationalisierungsmaßnahmen (Tarifvertrag Schutzabkommen) zu verschaffen,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Klageanträgen zu 1. bis 4.

5. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, den Kläger zunächst bis zum Abschluss dieses Kündigungsschutzverfahrens zu den arbeitsvertraglich geregelten Bedingungen als Key-Account-Manager weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte zu 1) hat ihren Klageabweisungsantrag im Wesentlichen damit begründet, die Kündigung sei wirksam, weil es ihr nicht zumutbar sei, den Kläger noch mindestens 13 Jahre bis zur Rente zu vergüten, ohne eine Gegenleistung abfordern zu können. Sie sei ihren kollektivrechtlichen Verpflichtungen in vollem Umfang nachgekommen und habe sich hinreichend um eine Vermittlung des Klägers an ein anderes Konzernunternehmen bemüht. Den Bewerbungen des Klägers auf andere Arbeitsplätze im Konzern habe mangels dessen Eignung nicht entsprochen werden können. Die Absage der L-S I GmbH hinsichtlich der Stelle als Referent Sales-Support sei gerechtfertigt gewesen, weil diese Stelle auf Grund kollektiver Regelungen gesperrt gewesen sei. Sie habe auch keine rechtliche Möglichkeit gehabt, dem Kläger bei anderen Konzerngesellschaften verbindlich einen Arbeitsvertrag zu verschaffen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage sowie dem Antrag zu 4) stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte zu 1) die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Kläger begehrt im Rahmen seiner Anschlussrevision die Verurteilung der Beklagten zu 1) entsprechend seinen zweitinstanzlich gestellten Klageanträgen.

Gründe

Die Revision und die Anschlussrevision sind teilweise begründet.

A. Das Landesarbeitsgericht hat - kurz zusammengefasst - angenommen, die außerordentliche Kündigung sei rechtsunwirksam. Die Beklagte zu 1) hätte die Kündigung durch andere geeignete Maßnahmen vermeiden können. Zwar habe sie seit der Betriebsstilllegung zum keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für den Kläger. § 6 Abs. 1 und Abs. 5 TV-S verlangten aber die Weiterbeschäftigung eines von der Betriebsänderung betroffenen Mitarbeiters im gesamten D-Konzern und zwar zumindest dann, wenn im Zeitpunkt der Kündigung ein anderweitiger freier Arbeitsplatz vorhanden sei. Dies sei vorliegend der Fall gewesen, da der Kläger die Anforderungen für die freie Stelle eines Referenten Sales-Support bei der L-S I GmbH erfülle. Der Kläger habe auch nach § 6 Abs. 5 Satz 2 TV-S einen Anspruch auf Verschaffung eines angemessenen Arbeitsplatzes bei einem konzernangehörigen Unternehmen im Geltungsbereich des TV-S. Notfalls müsse die Verpflichtung des anderen Konzernunternehmens zur Einstellung des betroffenen Arbeitnehmers durch das Beschäftigungsunternehmen im Rechtsweg durchgesetzt werden. Allerdings schulde die Beklagte zu 1) nur die Übertragung bzw. Verschaffung angemessener Aufgaben.

B. Dem folgt der Senat im Ergebnis und Begründung nur teilweise.

I. Das Landesarbeitsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Kündigung der Beklagten zu 1) das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht beendet hat.

1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Kündigung nicht bereits wegen fehlerhafter Beteiligung des Betriebsrats unwirksam. Nach § 103 Abs. 1 BetrVG bedarf die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats zwar dessen Zustimmung. Obwohl nach dem Wortlaut der Norm von dem Zustimmungserfordernis alle außerordentlichen Kündigungen erfasst sind, ist jedoch im Falle der tariflichen Unkündbarkeit eines Betriebsratsmitglieds dessen außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit notwendiger Auslauffrist beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 4 oder Abs. 5 KSchG nicht nach § 103 BetrVG zustimmungsbedürftig (Senat - 2 ABR 15/97 - BAGE 86, 298). Die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers beruht auf einem Sachverhalt, der von § 15 Abs. 4 KSchG umfasst wird, da die Beklagte zu 1) ihren Betrieb nach den für den Senat gemäß § 559 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum stillgelegt hat. Deshalb war die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG ausreichend.

2. Zu Recht geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass die Kündigung vom unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1) nicht beendet hat, da ein wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB nicht vorgelegen hat.

a) Die Prüfung, ob ein bestimmter Sachverhalt die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes nach § 626 BGB erfüllt, ist vorrangig Sache des Tatsachengerichts. Es handelt sich um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. Diese kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das angefochtene Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 626 BGB Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat und ob es alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände, die für oder gegen die außerordentliche Kündigung sprechen, beachtet hat (st. Rspr., etwa Senat - 2 AZR 242/05 - AP BGB § 626 Krankheit Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 9). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das angefochtene Urteil stand.

b) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Das Landesarbeitsgericht geht bei seiner Prüfung zutreffend von der ständigen Senatsrechtsprechung aus, wonach einem tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer nach § 626 BGB in Ausnahmefällen auch betriebsbedingt außerordentlich gekündigt werden kann ( - 2 AZR 355/02 -AP BGB § 626 Nr. 181 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 2; - 2 AZR 227/97 - BAGE 88, 10; - 2 AZR 391/01 - BAGE 101, 328).

aa) Eine außerordentliche fristlose Kündigung aus betriebsbedingten Gründen ist zwar auch gegenüber einem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer in aller Regel nach § 626 Abs. 1 BGB unzulässig (Senat - 2 AZR 355/02 - AP BGB § 626 Nr. 181 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 2).

bb) Eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist kommt allerdings dann in Betracht, wenn ein wichtiger Grund zur Kündigung gerade darin zu sehen ist, dass wegen des tariflichen Ausschlusses der ordentlichen Kündigung der Arbeitgeber den Arbeitnehmer notfalls bis zum Erreichen der Pensionsgrenze weiterbeschäftigen müsste und ihm dies unzumutbar ist. Eine solche außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist, die die tariflich ausgeschlossene ordentliche Kündigung ersetzt, kommt allerdings nur in Ausnahmefällen in Betracht. Es geht im wesentlichen darum zu vermeiden, dass der tarifliche Ausschluss der ordentlichen Kündigung dem Arbeitgeber Unmögliches oder evident Unzumutbares aufbürdet (Senat - 2 AZR 355/02 - AP BGB § 626 Nr. 181 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 2; - 2 AZR 227/97 - BAGE 88, 10). Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber ohne außerordentliche Kündigungsmöglichkeit gezwungen wäre, ein sinnloses Arbeitsverhältnis über viele Jahre hinweg allein durch Gehaltszahlungen, denen keine entsprechende Arbeitsleistung gegenübersteht, aufrechtzuerhalten. Dabei ist ein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen (so schon Senat - 2 AZR 39/54 - BAGE 2, 214). In erheblich weiterem Umfang als bei einer ordentlichen Kündigung ist es dem Arbeitgeber bei einer außerordentlichen Kündigung mit notwendiger Auslauffrist gegenüber einem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer zumutbar, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden (Senat - 2 AZR 227/97 - aaO; - 2 AZR 762/94 - AP BGB § 626 Krankheit Nr. 7 = EzA BGB § 626 nF Nr. 156; - 2 AZR 419/97 - AP BGB § 626 Nr. 148 = EzA BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 3).

c) Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht davon ausgeht, nach diesen Grundsätzen sei ein wichtiger Kündigungsgrund iSd. § 626 Abs. 1 BGB nicht gegeben.

aa) Zwar ist eine betriebsbedingte außerordentliche Kündigung gegenüber dem ordentlich unkündbaren Kläger nicht bereits gemäß § 42 Abs. 2 MTV, § 6 Abs. 5 TV-S ausgeschlossen.

Nach der Senatsrechtsprechung ( - 2 AZR 419/97 - AP BGB § 626 Nr. 148 = EzA BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 3) schließt § 42 Abs. 2 MTV den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung aus betriebsbedingten Gründen gegenüber einem nach § 41 Abs. 3 MTV ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer wie dem Kläger nicht aus.

Auch aus § 6 TV-S lässt sich der Ausschluss der außerordentlichen Kündigung nicht herleiten. § 6 Abs. 5 Satz 1 TV-S stellt als Spezialregelung für ordentlich unkündbare Arbeitnehmer lediglich klar, dass es auch im Fall einer Betriebsänderung bei der im MTV geregelten Unkündbarkeit bleiben, also nicht etwa ausnahmsweise eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit eröffnet sein soll (Senat - 2 AZR 419/97 - AP BGB § 626 Nr. 148 = EzA BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 3). Abgesehen davon würde auch ein tariflicher Ausschluss der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung die Anwendung des § 626 BGB nicht völlig ausschließen (Senat - 2 AZR 367/01 - BAGE 102, 40).

bb) Das Landesarbeitsgericht geht unter Berücksichtigung der kollektivrechtlichen Regelungen aber zu Recht davon aus, dass kein Ausnahmefall vorliegt, in dem eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist des tariflich ordentlich unkündbaren Klägers gerechtfertigt wäre. Der Arbeitsplatz des Klägers ist zwar unstreitig auf Grund der Betriebsstilllegung der Beklagten zu 1) zum weggefallen. Dennoch liegt kein auf unzumutbare Dauer sinnentleertes Arbeitsverhältnis vor. Die Beklagte zu 1) hatte im Zeitpunkt der Kündigung die Möglichkeiten, eine Beendigungskündigung zu vermeiden, noch nicht ausgeschöpft.

(1) Bei der außerordentlichen Kündigung eines tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber mit allen zumutbaren Mitteln eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses versuchen. Besteht noch irgendeine Alternative, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vermeiden, ist es dem Arbeitgeber regelmäßig zumutbar, diese andere Möglichkeit zu wählen. Erst wenn alle Lösungsversuche gescheitert sind, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist vorliegen (Senat - 2 AZR 362/04 - AP BAT § 53 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 14; - 2 AZR 355/02 - AP BGB § 626 Nr. 181 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 2). Bei der Abgrenzung, unter welchen Voraussetzungen eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist aus betriebsbedingten Gründen gegenüber einem tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer zulässig ist, ist stets die besondere Ausgestaltung des tariflichen Sonderkündigungsschutzes zu berücksichtigen (vgl. zu § 55 BAT: Senat - 2 AZR 367/01 - BAGE 102, 40).

(2) Welche Bemühungen hier zumindest erforderlich waren, ergibt sich aus dem TV-S. Die Beklagte zu 1) war nach § 6 Abs. 5 Satz 2 TV-S verpflichtet, dem Kläger die Weiterbeschäftigung auf einem anderweitigen freien Arbeitsplatz im Konzern zu verschaffen. Nach § 6 Abs. 1 TV-S ist die Kündigung von ordentlich kündbaren Mitarbeitern, deren bisherige Tätigkeit infolge einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG wie der vorliegenden für erhebliche Teile der Belegschaft (§ 3 TV-S) ganz oder teilweise entfällt, unzulässig, wenn ihre Weiterbeschäftigung unter geänderten angemessenen Vertragsbedingungen auf einem anderen zumutbaren Arbeitsplatz im Konzern möglich ist und der Mitarbeiter hierzu sein Einverständnis erklärt. Gleiches gilt nach § 6 Abs. 2 TV-S für Betriebsänderungen für nicht erhebliche Teile der Belegschaft (§ 4 TV-S). Wenn demgegenüber § 6 Abs. 5 Satz 2 TV-S im Hinblick auf ordentlich unkündbare Mitarbeiter die "D/C/L" zur Übertragung anderer angemessener Aufgaben verpflichtet, ergibt sich aus dem systematischen Gesamtzusammenhang des § 6 TV-S, dass auch § 6 Abs. 5 Satz 2 TV-S damit eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht normiert. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien ordentlich unkündbaren Mitarbeitern einen geringeren Schutz bei Betriebsänderungen einräumen wollten als ordentlich kündbaren Mitarbeiter. Daher kann § 6 Abs. 5 Satz 2 TV-S nur so ausgelegt werden, dass auch in den dort geregelten Fällen eine Beendigungskündigung ausgeschlossen sein soll, wenn die Weiterbeschäftigung des zu Kündigenden auf einem anderen zumutbaren Arbeitsplatz im Konzern möglich ist und dessen Einverständnis vorliegt. Hierfür spricht auch § 11 Abs. 1 TV-S, der bei - nachträglichen - Neueinstellungen im Konzern für immerhin 36 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Wiedereinstellungsanspruch für ehemalige Mitarbeiter vorsieht.

(3) Schon aus diesen weit reichenden kollektivrechtlichen Verpflichtungen der Beklagten ergibt sich, dass sich diese im Fall eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers nicht darauf beschränken durfte, wie bei einem ordentlich kündbaren Arbeitnehmer lediglich vor Ausspruch einer Kündigung das festgelegte Prüfprogramm abzuwickeln und wenn sich dabei nicht sofort ein ohne Weiteres mit dem Kläger zu besetzender Arbeitsplatz ergab, eine Weiterbeschäftigung des Klägers als unzumutbar anzusehen und ihm nach § 626 BGB außerordentlich mit notwendiger Auslauffrist zu kündigen.

Gerade bei einer konzernweiten tariflichen Regelung, die bei ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern die betriebsbedingte Beendigungskündigung als den absoluten Ausnahmefall ansieht und im Regelfall die Unterbringung des Betreffenden im Konzern als Lösung vorsieht, ist dieser Wille der Tarifpartner bei der Abwägung nach § 626 Abs. 1 BGB ganz entscheidend mit zu berücksichtigen. Bei einem Konzern mit über 50.000 Arbeitnehmern und entsprechender Fluktuation (188 zu besetzende Stellen in der Zeit vom 1. August bis ) sind bei einer derartigen Tarifsituation an die Voraussetzungen einer außerordentlichen Beendigungskündigung mit notwendiger Auslauffrist extrem hohe Anforderungen zu stellen.

Der TV-S geht, indem er für 36 Monate einen Wiedereinstellungsanspruch vorsieht, offenbar davon aus, dass sich in einem entsprechenden Zeitraum regelmäßig für einen Arbeitnehmer konzernweit andere Beschäftigungsmöglichkeiten finden. Ein wichtiger Grund an sich zur betriebsbedingten außerordentlichen Kündigung mit notwendiger Auslauffrist ist nicht bereits dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für eine derartige, verhältnismäßig kurze Übergangszeit von höchstens 36 Monaten weiter bezahlen müsste, ohne dass sich in dieser Zeit konzernweit für ihn Beschäftigungsmöglichkeiten ergeben hätten. Der Sachverhalt bietet auch nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger von seiner Ausbildung und bisherigen Tätigkeit her nicht für zahlreiche konzernweit zu besetzende Arbeitsplätze geeignet wäre und deshalb längerfristig seine Weiterbeschäftigung im Konzern unmöglich wäre. Die Beklagte hat sich unter diesen Umständen ihre konzernweiten Bemühungen, eine außerordentliche Kündigung des Klägers durch andere Maßnahmen zu verhindern, zu einfach gemacht. Der bloße Versuch, in dem kurzen Zeitraum bis zur Kündigung etwaige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten abzuklären, reichte nicht aus, die Beklagte in ihrer Annahme zu bestärken, sie müsse nunmehr den Kläger bis zu seiner Pensionierung weiter bezahlen, ohne dass sich bis dahin konzernweit andere Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger ergäben. Die Möglichkeit, den Kläger an ein anderes Konzernunternehmen vorübergehend auszuleihen, bis sich eine endgültige Beschäftigungsmöglichkeit findet, hat sie offenbar überhaupt nicht geprüft.

(4) Diese Erwägungen gelten erst recht, weil nach den den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bei Kündigungsausspruch die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung des Klägers als Referent Sales-Support bei der konzernangehörigen L-S I GmbH bestand. Der Kläger, der sich auf diese freie Stelle auch berufen hat, erfüllt die fachlichen Voraussetzungen für eine solche Tätigkeit. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht im Ergebnis davon aus, dass es an einem freien Arbeitsplatz nicht deshalb mangelt, weil der Betriebsrat der L-S I GmbH an Stelle der erfolgten konzernweiten Ausschreibung der Stelle des Referenten Sales-Support eine unternehmensinterne Ausschreibung verlangt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass der Betriebsrat der L-S I GmbH überhaupt um die nach § 99 Abs. 1 BetrVG erforderliche Zustimmung zur Einstellung des Klägers ersucht worden wäre. Die Beklagte zu 1) wäre zumindest verpflichtet gewesen, die L-S I GmbH um die Einstellung des Klägers und die Einleitung des Zustimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG zu ersuchen und hätte sich insoweit für den Kläger einsetzen müssen. Es kann deshalb dahinstehen, ob der Betriebsrat angesichts der nach dem TV-S vorrangigen konzernweiten Weiterbeschäftigungsverpflichtung der konzernweiten Ausschreibung überhaupt berechtigterweise entgegentreten konnte.

II. Der vom Kläger mit dem Hauptantrag zu 2) und dem Hilfsantrag zu 3) geltend gemachte Verschaffungsanspruch gegen die Beklagte zu 1) im Hinblick auf eine Beschäftigung bei den ursprünglichen Beklagten zu 2) und 3) ist nicht begründet. Der Hilfsantrag zu 4), dem das Landesarbeitsgericht stattgegeben hat, ist bereits unzulässig.

1. Soweit der Kläger beantragt hat, die Beklagte zu 1) zu verurteilen, ihm spätestens mit Wirkung zum zu den bislang bei ihr geltenden Arbeitsbedingungen einen Arbeitsvertrag bei der Beklagten zu 2), hilfsweise bei der Beklagten zu 3) zu verschaffen, ist der Antrag unbegründet. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht zumindest im Ergebnis zutreffend ausgegangen.

Es kann hier offenbleiben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen § 6 Abs. 5 Satz 2 TV-S auf Grund der besonderen tarifvertraglichen Gestaltung ausnahmsweise auch die einklagbare Pflicht der Vertragsarbeitgeberin mit sich bringt, dem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer vor Ausspruch einer Kündigung einen Arbeitsvertrag mit einem bestimmten anderen Konzernunternehmen für eine bestimmte Tätigkeit zu verschaffen. Ein derartiger Verschaffungsanspruch setzt jedenfalls einen freien Arbeitsplatz voraus. Da nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu keinem Zeitpunkt eine Beschäftigungsmöglichkeit bei den Beklagten zu 2) und 3) bestanden hat, sind die vom Kläger geltend gemachten Anträge auch in dem Umfang, in den sie sich hinreichend konkretisieren lassen und damit zulässig sind, jedenfalls unbegründet.

2. Soweit das Landesarbeitsgericht die Beklagte zu 1) verurteilt hat, dem Kläger mit Wirkung zum einen angemessenen Arbeitsvertrag bei einem konzernangehörigen Unternehmen im Geltungsbereich des Abkommens zum Schutz der Mitarbeiter im D-Konzern vor nachteiligen Folgen aus Rationalisierungsmaßnahmen (TV-S) zu verschaffen, ist die Klage unzulässig. Der entsprechende Hilfsantrag des Klägers genügt nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a) Nach dieser Norm muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Streitgegenstand und der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis müssen klar umrissen sein (vgl. - BAGE 105, 275). Die klagende Partei muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt (vgl. - AP ZPO § 253 Nr. 40 = EzA ZPO § 253 Nr. 23). Bei einer stattgebenden Entscheidung darf keine Unklarheit über den Umfang der Rechtskraft bestehen ( -). Der Streit der Parteien darf nicht in die Vollstreckung verlagert werden.

b) Diesen Anforderungen wird der Antrag, dem Kläger einen angemessenen Arbeitsvertrag bei einem konzernangehörigen Unternehmen im Geltungsbereich des TV-S zu verschaffen, nicht gerecht.

aa) Bereits die - an § 6 Abs. 5 Satz 2 TV-S angelehnte - Formulierung der Verschaffung eines "angemessenen" Arbeitsvertrags lässt nicht erkennen, welchen Inhalt der Arbeitsvertrag im Hinblick auf die Art der begehrten Beschäftigung und deren Umfang haben soll. Es wäre zumindest erforderlich gewesen, dass der Kläger konkrete, seiner Auffassung nach verfügbare Beschäftigungsmöglichkeiten im Konzern benennt, die er wahrnehmen kann und die ihm die Beklagte zu 1) verschaffen soll. In diesem Fall wäre die Frage der Angemessenheit der Überprüfung im Rahmen der Begründetheit zugänglich gewesen. Ohne eine entsprechende Einschränkung war die Beklagte zu 1) hingegen nicht in der Lage zu erkennen, welcher Verpflichtung sie nachkommen soll. Gleiches gilt, soweit der Kläger einen Vertrag bei "einem konzernangehörigen Unternehmen" begehrt, ohne dass konkrete Unternehmen genannt werden. Auch hier ist der Umfang der Verschaffungspflicht nicht bestimmbar.

bb) Die weit gefasste Antragsformulierung lässt sich auch nicht mit dem Argument rechtfertigen, der Kläger wolle mit ihr lediglich die materielle Rechtslage berücksichtigen.

Zwar beinhaltet die vom Kläger aus § 6 Abs. 5 Satz 2 TV-S hergeleitete Verschaffungspflicht eine Wahlschuld nach §§ 262 ff. BGB, bei der das Wahlrecht im Zweifel der Beklagten zu 1) als Schuldnerin zusteht. Auch das Vorliegen einer Wahlschuld führt jedoch nicht zur Zulässigkeit eines unbestimmten Antrags. Bei einer Wahlschuld mit Wahlberechtigung des Schuldners muss der Gläubiger alternativ auf Bewirkung der einen oder der anderen Leistung klagen; die entsprechende Verurteilung lässt das Wahlrecht des Schuldners unberührt, da erst der Beginn der Zwangsvollstreckung dieses Wahlrecht gemäß § 264 BGB beschneidet (MünchKomm BGB/ Krüger 4. Aufl. § 262 Rn. 9; Staudinger/Selb 1995 BGB § 262 Rn. 17; Stein/Jonas/Schumann ZPO 21. Aufl. § 253 Rn. 122).

Die Aufzeigung konkreter Beschäftigungsmöglichkeiten ist dem Kläger auch nicht wegen der Konzernstruktur unzumutbar. Zwar trifft im Rahmen einer Kündigungsschutzklage bei einem ausnahmsweise vorliegenden Konzernbezug des Arbeitsverhältnisses den Arbeitgeber im Bestreitensfall eine gesteigerte und den Arbeitnehmer eine geringere Darlegungslast hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten bei anderen zum Konzern gehörenden Unternehmen, bei denen der Arbeitnehmer vereinbarungsgemäß beschäftigt werden könnte (Senat - 2 AZR 648/97 - BAGE 90, 353). Dabei kann - je nach den Umständen - eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast in Betracht kommen (vgl. - NZA 2004, 489; - NJW-RR 2002, 1280). Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Kläger grundsätzlich anzugeben hat, wie er sich seine anderweitige konzernweite Beschäftigung auf einem zudem freien Arbeitsplatz vorstellt.

cc) Der Antrag lässt sich auch nicht einschränkend dahin auslegen, dass der Kläger mit ihm die Verschaffung eines Arbeitsplatzes als Referent Sales-Support bei der L-S I GmbH begehren wollte. Der Kläger hat sich im Hinblick auf die Unwirksamkeit der Kündigung auf eine Vielzahl von Beschäftigungsmöglichkeiten berufen und seine auf Verschaffung gerichteten Anträge bis zuletzt auf Beschäftigungsmöglichkeiten bei den Beklagten zu 2) und 3) beschränkt. Angesichts der Vielzahl von Klageanträgen, die der Kläger ausdrücklich in unterschiedliche Hilfsverhältnisse gesetzt hat, ist der vom Landesarbeitsgericht ausgeurteilte Antrag deshalb einer einschränkenden Auslegung, die dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen würde, nicht zugänglich.

III. Die Anschlussrevision mit der sich der Kläger gegen die Abweisung des hilfsweise zu sämtlichen anderen Anträgen verfolgten Weiterbeschäftigungsantrags durch das Landesarbeitsgericht wendet, ist begründet. Soweit das Landesarbeitsgericht diesen Weiterbeschäftigungsantrag als unbegründet abgewiesen hat, war seine Entscheidung bereits wegen Verstoßes gegen § 308 ZPO aufzuheben. Ist ein Antrag nur hilfsweise gestellt, darf über ihn nicht entschieden werden, bevor die Erfolglosigkeit des Hauptantrags feststeht ( - NJW-RR 1989, 650). Vorliegend hat der Kläger den gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Weiterbeschäftigungsantrag zuletzt - anders als sonst im Kündigungsschutzprozess üblich - nicht als uneigentlichen Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens mit seinem Kündigungsschutzantrag gestellt. Im Hinblick auf den von ihm in Anspruch genommenen Konzernbezug des Arbeitsverhältnisses sollte der Antrag ausdrücklich nur für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1) bis 5) zur Entscheidung gelangen. Da bereits die Kündigungsschutzklage erfolgreich war, endete die auflösend bedingte Rechtshängigkeit des Hilfsantrags daher durch die Entscheidung über den Hauptantrag (vgl. Zöller/Greger ZPO 25. Aufl. § 260 Rn. 6a). Der Kläger rügt im Rahmen seiner Anschlussrevision daher zu Recht, dass das Landesarbeitsgericht über den Weiterbeschäftigungsantrag nicht hätte entscheiden dürfen. Dies war im Tenor klarzustellen.

IV. Soweit der Kläger in den Vorinstanzen die Beklagten zu 2) und 3) "hilfsweise" - für den Fall des Unterliegens mit den gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Anträgen - auf Abschluss von Übernahmeverträgen in Anspruch genommen hat, sind diese Anträge nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Der Kläger hat ausdrücklich klargestellt, dass sich seine Anschlussrevision ausschließlich gegen die Beklagte zu 1) richtet.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 ZPO.

Fundstelle(n):
DB 2007 S. 2488 Nr. 45
ZIP 2008 S. 334 Nr. 7
DAAAC-58266

1Für die amtliche Sammlung: ja; Für die Fachpresse: nein