BFH Beschluss v. - V B 10/06

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; schlüssige Rüge eines Verfahrensfehlers

Gesetze: FGO § 76 Abs. 1, FGO § 115 Abs. 2, FGO § 116 Abs. 3

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betreibt ein Einzelunternehmen. Gegenstand des Unternehmens ist die Vermietung von Grundbesitz und Maschinen zum Laden- und Innenausbau.

Mit „Kaufvertrag” vom erwarb der Kläger von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Gesellschafter sein Vater und sein Bruder waren, deren gesamte Betriebs- und Geschäftsausstattung inklusive derjenigen Teile, die dem Kläger durch die GbR bereits zur Sicherung übereignet waren. Die GbR erteilte am eine Rechnung über netto . DM zzgl. 16 v.H. Umsatzsteuer in Höhe von . DM, gesamt . DM. Nach Abzug von 2 v.H. Skonto zahlte der Kläger am gleichen Tage . DM.

Die Betriebs- und Geschäftsausstattung vermietete der Kläger anschließend, nachdem er einen Teil —insbesondere den Fuhrpark— veräußerte, an die W-GmbH, deren Alleingesellschafter er ist.

In der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Januar 2000 machte der Kläger den in der Rechnung der GbR offen ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag als Vorsteuer geltend.

Mit Beschluss vom wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GbR eröffnet.

Im Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Januar 2000 vom lehnte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Berücksichtigung des als Vorsteuer geltend gemachten Betrages ab. Zur Begründung führte er aus, eine endgültige Entscheidung könne erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens getroffen werden, da der Veräußerungsvorgang vom Insolvenzverwalter angefochten werden könne.

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein.

Mit der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2000 begehrte der Kläger abziehbare Vorsteuern in Höhe von . DM. Darüber hinaus erklärte er in der Erklärung zur gesonderten Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von . DM.

Mit Umsatzsteuerbescheid vom setzte das FA die Umsatzsteuer ohne die Berücksichtigung von Vorsteuerbeträgen fest. Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns stellte es anstelle des erklärten Verlustes einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von . DM fest. Der Umsatzsteuerbescheid wurde gemäß § 365 Abs. 3 Satz 1 der Abgabenordnung Gegenstand des Einspruchsverfahrens.

Aufgrund eines weiteren Einspruchs gegen den Feststellungsbescheid stellte das FA mit Änderungsbescheid vom August 2001 einen Verlust von . DM fest, der Gegenstand dieses Einspruchsverfahrens wurde. Dabei berücksichtigte es Vorsteuerbeträge, die nicht auf den Erwerb der Betriebs- und Geschäftsausstattung entfielen, als Betriebsausgaben, und die übrigen Vorsteuerbeträge als Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter, so dass sich insoweit die Absetzung für Abnutzung erhöhte.

Das FA verband die Einsprüche zur gemeinsamen Entscheidung und wies mit Einspruchsentscheidung vom den Einspruch gegen den Feststellungsbescheid als unbegründet zurück; die Umsatzsteuer setzte es dagegen niedriger fest, weil es die nicht mit dem Erwerb der Betriebs- und Geschäftsausstattung der GbR im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge zum Abzug zuließ. Dagegen lehnte es den Vorsteuerabzug hinsichtlich der in der Rechnung der GbR offen ausgewiesenen Umsatzsteuer ab, weil die in der Rechnung aufgeführten Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung ausgeführt und deshalb nach § 1 Abs. 1 a des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG 1999) nicht steuerbar seien. Da dieser Vorsteuerbetrag nicht abziehbar sei, sei auch der Gewinn richtig festgestellt.

Die beim Finanzgericht (FG) erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das FG würdigte die von der GbR ausgeführten Umsätze als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung. Die Vorsteuer sei daher nicht abziehbar. Unschädlich sei die Insolvenzanfechtung, da sie nicht auf den Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäftes zurückwirke. Aus diesem Grunde fehle es auch an einer Änderung der Bemessungsgrundlage im Streitjahr; allenfalls könne die Nichtsteuerbarkeit der Geschäftsveräußerung in der Zukunft entfallen. Daher scheide auch der begehrte Betriebsausgabenabzug aus.

Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerde, mit der er die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Der Senat ist neben der Entscheidung über die Umsatzsteuer 2000 gemäß I. Nr. 1 der Ergänzenden Regelungen zum Geschäftsverteilungsplan des Bundesfinanzhofs (BFH) für das Jahr 2006 auch für die Entscheidung über die Gewinnfeststellung 2000 zuständig.

1. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der erforderlichen Weise dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Für die nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO zu fordernde Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) muss der Kläger konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Er muss zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Erforderlich ist darüber hinaus ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus dem ersichtlich wird, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage im allgemeinen Interesse liegt (vgl. BFH-Beschlüsse vom V B 154-156/04, V S 19/04, BFH/NV 2005, 727; vom VII B 179/04, BFH/NV 2005, 227).

Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdeschrift nicht. Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, dass das Urteil des FG nach seiner Auffassung materiell-rechtlich fehlerhaft sei.

Das reicht nicht aus. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht hinreichend begründet, wenn nur nach Art einer Revisionsbegründung geltend gemacht wird, das angefochtene Urteil sei unter Verletzung von Bundesrecht ergangen (Gräber/Ruban, FGO, 6. Aufl., § 116 Rz 27, mit Nachweisen aus der ständigen Rechtsprechung).

2. Soweit seine Ausführungen dahingehend zu verstehen sein sollten, dass auch eine Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zum (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1962, 57) geltend gemacht wird, fehlt es ebenfalls an der hinreichenden Darlegung des Zulassungsgrundes. Die Darlegung der Divergenz erfordert, dass der Beschwerdeführer rechtserhebliche (tragende) abstrakte Rechtssätze im Urteil des FG und in der Divergenzentscheidung des BFH so genau bezeichnet, dass die Abweichung erkennbar wird (Gräber/ Ruban, a.a.O., § 116 Rz 42, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Der Kläger hat weder Rechtssätze aus dem Urteil des FG noch aus der angeblichen Divergenzentscheidung herausgearbeitet.

3. Der Kläger hat auch keinen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO schlüssig gerügt.

Wird geltend gemacht, das FG hätte den Sachverhalt auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen näher aufklären müssen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), ist substantiiert darzulegen, aus welchen (genau bezeichneten) Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung auch ohne entsprechenden Antrag aufdrängen musste, welche (entscheidungserheblichen) Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. , BFH/NV 2004, 493). Daran fehlt es. Der Kläger bringt lediglich vor, das FG habe keine Feststellungen dazu getroffen, welche im Vertrag vom bezeichneten Gegenstände bereits an den Kläger sicherungsübereignet waren und ob hinsichtlich dieser Gegenstände ein Leistungsaustausch gegeben sei. Dabei begründet er nicht näher, warum sich dem FG eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen, zumal nach ständiger Rechtsprechung des BFH der Sicherungsgeber das Sicherungsgut dem Sicherungsnehmer nicht bereits bei der Sicherungsübereignung liefert, sondern regelmäßig erst zu dem Zeitpunkt, in dem der Sicherungsnehmer von seinem Verwertungsrecht Gebrauch macht. Die Sicherungsübereignung als solche führt noch nicht zur Verschaffung der Verfügungsmacht; denn sie wird insolvenz- und umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich wie eine Verpfändung behandelt (vgl. , BFHE 175, 164, BStBl II 1994, 878, m.w.N., und vom V R 102/89, BFHE 177, 520, BStBl II 1995, 564; Braun/Bäuerle, Insolvenzordnung, Kommentar, § 51 Rz 4).

Fundstelle(n):
UR 2007 S. 933 Nr. 24
TAAAC-57776