BFH Beschluss v. - XI B 25/07

Uneinbringliche Darlehensforderung eines Rechtsanwalts als notwendiges Betriebsvermögen; Verletzung der Sachaufklärungspflicht

Gesetze: EStG § 4 Abs. 4, FGO § 76, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) muss der Beschwerdeführer schlüssig und substantiiert vortragen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) geboten erscheinen lassen (z.B. BFH-Beschlüsse vom VII B 260/02, BFH/NV 2004, 69, und vom I B 239/04, BFH/NV 2005, 1840).

a) Mit dem Vortrag, eine Darlehensforderung gegenüber Mandanten, die im Wege der Übernahme von Bankverbindlichkeiten entstanden sei, gehöre nach der Rechtsprechung des BFH zum notwendigen Betriebsvermögen eines Rechtsanwalts, haben die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) keine im Allgemeininteresse und im Streitfall klärbare Rechtsfrage aufgeworfen.

Denn nach der Rechtsprechung des BFH ist bereits geklärt, unter welchen Voraussetzungen eine Darlehensforderung zum notwendigen Betriebsvermögen gehört. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn die Gewährung des Darlehens auf einem Vorgang beruht, der in den betrieblichen Bereich fällt. Letzteres kommt in Betracht, wenn das Darlehen gewährt wurde, um eine Honorarforderung zu retten (, BFHE 115, 432, BStBl II 1975, 573, und vom VIII R 236/77, BFHE 130, 454, BStBl II 1980, 571). Im Übrigen stellt die Hingabe von Darlehen im Regelfall eine dem Anwalt berufsfremde Tätigkeit dar, wenn nicht ganz besondere Umstände den Zusammenhang mit der Anwaltstätigkeit ergeben (, BFHE 104, 311, BStBl II 1972, 334). Andere „Geldgeschäfte” —wie etwa Bürgschaftsaufwendungen— eines Freiberuflers sind ebenfalls regelmäßig als berufsfremde Vorgänge anzusehen, die in der Gewinnermittlung außer Betracht bleiben müssen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Tätigkeit des Freiberuflers in diesem Zusammenhang die eigene berufliche Tätigkeit ergänzt (, BFHE 158, 254, BStBl II 1990, 17, m.w.N., und vom V R 30/86, BFH/NV 1991, 126).

Die Kläger haben zwar teilweise auf die ergangene Rechtsprechung hingewiesen, einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf im Streitfall aber nicht dargetan.

b) Soweit die Kläger der Rechtsfrage eine grundsätzliche Bedeutung beimessen, „ob und inwieweit die streitgegenständlichen Tätigkeiten nicht oder nicht mehr den steuerpflichtigen Tätigkeiten zugeordnet werden oder werden können, insbesondere auch dann, wenn diese Tätigkeiten notwendig und dienlich sind, den Auftrag des jeweiligen Mandanten mit Erfolg abzuwickeln”, ist diese Rechtsfrage im Streitfall auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärungsfähig.

Denn das FG hat über die begehrte sofortige Abschreibung einer nach Darstellung des Klägers uneinbringlichen Forderung befunden. Es hat für diesen Einzelfall entschieden, dass der Kaufpreis für den Erwerb der Darlehensforderung wegen seiner Höhe außer Verhältnis zu den erzielbaren Mandantenhonoraren stand und daher nicht der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers zuzuordnen war. Das FG-Urteil enthält keine tatsächlichen Feststellungen dazu, dass der Kläger sich als Rechtsanwalt mit „Ablösungen und Umfinanzierungen” befasst und hierzu in größerem Umfang Forderungskäufe getätigt hat. Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage war damit nicht entscheidungserheblich (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 53, m.w.N.).

2. Auch der von den Klägern behauptete schwere Rechtsfehler, der ausnahmsweise nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO die Zulassung der Revision begründen kann (, BFH/NV 2006, 1285), ist nicht gegeben.

a) Die Kläger tragen insoweit vor, das FG habe die Rechtsprechung des , BFHE 152, 84, BStBl II 1988, 424) und die Vorschriften des Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG) unzutreffend angewandt. Das FG habe zu Unrecht einen über dem unstreitigen tatsächlichen Verkehrswert des Grundstücks liegenden Wert angenommen. Ferner hätte das FG sich nicht auf die Äußerung beschränken dürfen, die sofortige Abschreibung der verbliebenen Darlehensforderung unter Hinweis darauf zu versagen, dass sie nicht zu der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers gehöre. Insoweit hätte das FG zwingend eine andere Zuordnung vornehmen müssen.

b) Aus diesem Vorbringen geht kein schwerer Rechtsfehler des FG hervor.

Insbesondere hat das FG die Grundsätze des BFH-Urteils in BFHE 152, 84, BStBl II 1988, 424 erkennbar lediglich sinngemäß auf den Streitfall übertragen. Eine Anwendung des ZVG kam von vorneherein nicht in Betracht, da der Kläger das Grundstück nicht im Zwangsversteigerungsverfahren erworben hat. Im Hinblick auf den vom FG zugrunde gelegten Verkehrswert des Grundstücks haben die Kläger den Verkehrswert von . DM ausgehend von dem Grundstückskaufpreis zwar behauptet. Diese Behauptung hat das FA auch nicht bestritten. Das FG hat aber rechtlich nachvollziehbar in Anlehnung an die genannte BFH-Rechtsprechung begründet, weshalb es einen höheren Grundstückskaufpreis angenommen hat.

3. Mit ihrem Einwand, das FG habe seine Argumentation nicht damit beenden dürfen, eine Einkunftsart zu verneinen, wenden sich die Kläger im Kern gegen die materielle Rechtmäßigkeit des FG-Urteils, wobei sie die Rechtsauffassung des FG durch ihre eigene Meinung ersetzen. Dieses Vorbringen vermag die Zulassung der Revision aber nicht zu rechtfertigen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1285).

4. Mit ihrem Vortrag, das FG habe unzutreffend einen Verkehrswert des Grundstücks von ca. ... DM angenommen, ohne zuvor ein entsprechendes Sachverständigengutachten einzuholen, rügen die Kläger außerdem sinngemäß die Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO als Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.

Insoweit ist die Beschwerde bereits unzulässig, da die Kläger die Rüge schon nicht schlüssig dargelegt haben (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Für eine schlüssige Verfahrensrüge wären Ausführungen dazu erforderlich gewesen, welche Tatsachen das FG hätte aufklären müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiellen-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und aus welchen Gründen sich dem FG unter Berücksichtigung seines Rechtsstandpunkts die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2005, 43, m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Kläger in ihrer Beschwerdeschrift nicht. Insbesondere ist nicht vorgetragen oder erkennbar, aus welchen Gründen sich dem FG eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen. Das FG hat in den Entscheidungsgründen seines Urteils im Einzelnen ausgeführt, weshalb es abweichend von dem angegebenen Grundstückskaufpreis von . DM einen Kaufpreis von ca. ... DM angenommen hat. Insbesondere hat das FG darauf verwiesen, dass dem Kläger im Jahr 1995 zur Sicherung des Erwerbs der Darlehensforderung Grundschulden an dem Grundstück über ... DM übertragen wurden und dass der Kläger erkennbar nicht mehr versucht hat, die verbleibende Darlehensforderung beizutreiben. Aus maßgeblicher Sicht des FG war eine weitere Sachverhaltsaufklärung zur Verkehrswertermittlung daher entbehrlich.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1888 Nr. 10
DAAAC-53678