BFH Beschluss v. - I R 57/06 BStBl 2007 II S. 945

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH: Übergangsregelung zu § 8b Abs. 3 KStG 1999 i.d.F. des UntStFG gemeinschaftsrechtswidrig ?

Leitsatz

Dem EuGH wird die folgende Rechtsfrage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Steht Art. 56 EG der Regelung eines Mitgliedstaates entgegen, nach welcher ein Abzugsverbot von Gewinnminderungen im Zusammenhang mit der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft bezogen auf Auslandsbeteiligungen früher in Kraft tritt als für Inlandsbeteiligungen?

Gesetze: EG Art. 56KStG 1999 i.d.F. des UntStFG § 8b Abs. 3KStG 1999 i.d.F. des UntStFG § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2

Instanzenzug: (EFG 2006, 1696)

Gründe

I. Sach- und Streitstand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, hielt in 2001, neben 2002 einem der beiden Streitjahre, in ihrem Anlagevermögen ausländische Aktien. Es handelte sich jeweils um Beteiligungen von weniger als 10 %. Dazu, ob es sich um Aktien von Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten oder aus Drittstaaten handelte, hat das Finanzgericht (FG) keine Feststellungen getroffen. In ihrer Bilanz zum setzte die Klägerin die Aktien gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1999 mit dem niedrigeren Teilwert von 139 775,35 DM an. Der bisherige Buchwert betrug 220 021,09 DM; es ergab sich eine Gewinnminderung von 80 245,74 DM.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) erkannte den Ansatz des niedrigeren Teilwerts an, da es sich bei den gesunkenen Kurswerten der Aktien um eine dauerhafte Wertminderung handele. Er ging jedoch davon aus, dass das Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 KStG 1999 i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (UntStFG) vom (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35 —KStG 1999 n.F.—) bei Auslandsbeteiligungen bereits im Veranlagungszeitraum 2001 anwendbar sei. Infolgedessen hielt er die Gewinnminderung bei der steuerrechtlichen Einkommensermittlung für nicht berücksichtigungsfähig und nahm eine entsprechende außerbilanzielle Hinzurechnung vor.

Die Klage gegen die auf dieser Grundlage für die Streitjahre ergangenen Steuerbescheide war erfolgreich (, Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2006, 1696).

Das FA rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hält ihr Begehren aufrecht, hat im Revisionsverfahren aber keinen ausdrücklichen Antrag gestellt.

II. Rechtslage nach deutschem Recht

Die Entscheidung über die Revision ist von der Beantwortung der im Leitsatz genannten Vorlagefrage abhängig. Sofern jene Frage zu verneinen ist, müssen das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen werden. Ist sie aber zu bejahen, ist die Revision jedenfalls für einen Teil der mit der Klage angefochtenen Bescheide als unbegründet zurückzuweisen.

1. Gemäß § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG 1999 i.d.F. des Gesetzes zur weiteren Förderung von Stiftungen (StiftFöG) vom (BGBl I 2000, 1034, BStBl I 2000, 1192 —KStG 1999 a.F.—) blieben bei den dort genannten unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften, die an einer ausländischen Gesellschaft beteiligt waren, Gewinne aus der Veräußerung der Beteiligung bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. Voraussetzung hierfür war eine Mindestbeteiligungsquote von 10 %, was sich aus § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG 1999 a.F. (i.V.m. dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen sowie § 8b Abs. 5 KStG 1999 a.F. bzw. i.V.m. § 26 Abs. 2 und 3 KStG 1999 a.F.) ergab. Unter den gleichen Voraussetzungen ordnete § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 1999 a.F. ein Abzugsverbot für Verluste aus der Veräußerung solcher Beteiligungen an. Gewinnminderungen aufgrund eines Ansatzes mit dem niedrigeren Teilwert (Teilwertabschreibung) erfasste dieses Abzugsverbot nicht.

Im Zuge der Systemumstellung vom (früheren) körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahren auf das sog. Halbeinkünfteverfahren durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (StSenkG) vom (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) wurden die vorgenannten Regelungen geändert. Gemäß § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG 1999 n.F. bleiben Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen an den dort genannten Körperschaften und Personenvereinigungen nunmehr unabhängig davon außer Ansatz, ob die Beteiligung an einer inländischen oder ausländischen Gesellschaft sowie in welcher Höhe sie besteht. § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. (inzwischen § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom , BGBl I 2003, 2840, BStBl I 2004, 14) sieht korrespondierend hierzu ein Abzugsverbot für Gewinnminderungen vor, die im Zusammenhang mit einer solchen Beteiligung entstehen. Dieses greift ebenfalls unabhängig von einer Mindestbeteiligungsquote ein. Es erfasst außerdem jegliche die Substanz betreffende Gewinnminderungen und damit auch solche aufgrund einer Teilwertabschreibung.

Zur erstmaligen Anwendung des § 8b Abs. 2 und 3 KStG 1999 n.F. besteht eine besondere Übergangsregelung in § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 n.F. (inzwischen § 34 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG i.d.F. des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom , BGBl I 2002, 2715, BStBl I 2002, 714). Diese Regelung, die im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens nicht näher erläutert werden soll, läuft im Kern auf eine unterschiedliche Behandlung von Beteiligungen an inländischen und Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften hinaus: Besteht die Beteiligung an einer inländischen Gesellschaft, so ist die beschriebene Neufassung des § 8b Abs. 2 und 3 KStG 1999 n.F. regelmäßig erstmals für den Veranlagungszeitraum 2002 anwendbar; ihre Anwendung für den Veranlagungszeitraum 2001 kommt nur dann in Betracht, wenn die Beteiligungsgesellschaft im Jahr 2001 ihr Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr auf einen davon abweichenden Zeitraum umgestellt hat. Im Zusammenhang mit Beteiligungen an einer ausländischen Gesellschaft ist hingegen jedenfalls dann, wenn das Wirtschaftsjahr der beteiligten Gesellschaft mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, die Neufassung stets bereits für den Veranlagungszeitraum 2001 anzuwenden. Diese Handhabung entspricht der Praxis der deutschen Finanzverwaltung (, BStBl I 2003, 292, Tz. 64 ff.) und der im Schrifttum ganz vorherrschenden Auslegung der Übergangsregelung (vgl. z.B. Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 34 KStG n.F. Rz 60; Bott in Ernst & Young, KStG, § 34 Rz 104.2; Gosch, KStG, § 8b Rz 90; Lambrecht in Gosch, KStG, § 34 Rz 71; Gröbl/Adrian in Erle/Sauter, KStG, 2. Aufl., § 34 Rz 74; Watermeyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8b KStG Rz 7; Blümich/Menck, § 8b KStG Rz 174; Töben, Finanz-Rundschau 2000, 905, 906 und 911 ff.; Crezelius, Der Betrieb —DB— 2001, 221, 223; van Lishaut/Köster, GmbH-Rundschau —GmbHR— 2000, 1121, 1128; Dieterlen/Schaden, Betriebs-Berater 2000, 2492, 2497; Seibt, Deutsches Steuerrecht —DStR— 2000, 2061, 2068; a.A. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 8b KStG Rz 34; Mössner/Rouenhoff, Internationale Wirtschafts-Briefe —IWB— Fach 3 Gruppe 4, 429, 432 ff.; Ackermann/Strnad, DB 2002, 237, 239; Rödder/Schumacher, DStR 2000, 1453, 1456 f.; Eilers/ Wienands, GmbHR 2000, 1229, 1240), der sich der vorlegende Senat anschließt.

2. Vor diesem gesetzlichen Hintergrund wäre die Klage im Streitfall abzuweisen. Für die hier in Frage stehenden Auslandsbeteiligungen wäre, da die Klägerin ein dem Kalenderjahr entsprechendes Wirtschaftsjahr hat, das Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. bereits im Veranlagungszeitraum 2001 anzuwenden. Da dieses sich auch auf Beteiligungen von weniger als 10 % erstreckt und überdies Gewinnminderungen aufgrund von Teilwertabschreibungen erfasst, wäre danach die Gewinnminderung im Streitfall nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) würde dies in gleicher Weise für die Gewerbesteuer gelten.

III. Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht

Der vorlegende Senat erachtet die für Auslandsbeteiligungen vorgezogene Geltung des Abzugsverbots in § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht jedoch nicht als zweifelsfrei (vgl. auch Mössner/Rouenhoff, IWB Fach 3 Gruppe 4, 429, 436). Sie könnte gegen die in Art. 56 des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG) sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— 1997 Nr. C 340, 1) verbürgte Freiheit des Kapitalverkehrs verstoßen, deren Auslegung dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vorbehalten ist (vgl. Art. 234 Abs. 1 Buchst. a EG).

1. Das Abzugsverbot fällt in den Geltungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 EG. Zwar ist mangels Feststellungen des FG im Streitfall nicht gesichert, ob es sich bei den von der Klägerin gehaltenen Beteiligungen um solche an Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten oder aus Drittstaaten handelt. Die Kapitalverkehrsfreiheit erfasst aber im Unterschied zu den übrigen Grundfreiheiten nicht nur grenzüberschreitende Kapitalanlagen innerhalb des Gemeinschaftsgebiets, sondern grundsätzlich auch solche in einem Drittstaat. Ob die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn es sich bei den Beteiligungsgesellschaften um „Tochtergesellschaften” i.S. des Art. 43 Abs. 1 Satz 2 EG handeln würde, muss im Streitfall nicht erörtert werden; die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43, 48 EG ist im Streitfall nicht einschlägig, da es sich bei den hier in Rede stehenden Beteiligungen durchgängig um sog. Streubesitz von unter 10 % der jeweiligen Anteile handelt.

2. Zwar dürfte das Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. für sich genommen nicht zu einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit führen, da es nach seinem Tatbestand für Inlands- und Auslandsbeteiligungen gleichermaßen gilt. Eine Beschränkung kann sich jedoch daraus ergeben, dass das Verbot für Auslandsbeteiligungen zeitlich früher zur Anwendung kommt als für Inlandsbeteiligungen.

Für die im Streitfall in Frage stehende Situation der voraussichtlich dauerhaften Wertminderung einer Beteiligung im Jahr 2001 folgt hieraus regelmäßig eine ungünstigere Besteuerung von Auslandsbeteiligungen. Jedenfalls für den vorliegend gegebenen Fall eines kalenderjahrgleichen Wirtschaftsjahres beim Anteilseigner war eine solche Gewinnminderung bezogen auf derartige Beteiligungen in 2001 nicht abziehbar. Für Inlandsbeteiligungen galt § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. demgegenüber —abhängig vom Wirtschaftsjahr der Gesellschaft, an der die Anteile bestanden— im Grundsatz frühestens für ab 2002 entstandene Gewinnminderungen. Bis dahin war für diese kein entsprechendes Abzugsverbot vorgesehen. Deshalb wären die von der Klägerin vorgenommenen Teilwertabschreibungen steuermindernd zu berücksichtigen gewesen, wenn sie sich auf Beteiligungen an inländischen Gesellschaften bezogen hätten. Für das Vorliegen der einzig möglichen Konstellation, in der § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 n.F. auch für Inlandsbeteiligungen zu einer Anwendung von § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. bereits in 2001 führen würde, nämlich bei Umstellung des Wirtschaftsjahres der Beteiligungsgesellschaft (dazu oben unter II.1.), sind im Streitfall keine Anhaltspunkte ersichtlich.

3. Für die gemeinschaftsrechtliche Beurteilung könnte allerdings von Bedeutung sein, dass die dargelegte ungünstigere Behandlung auf einer Übergangsregelung beruht und sich diese nur für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum ergeben konnte, der von Fall zu Fall unterschiedlich war, aber jedenfalls unter zwei Jahren lag. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass bereits zuvor ein nur auf Auslandsbeteiligungen anwendbares Abzugsverbot bestand (§ 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 1999 a.F., dazu oben unter II.1.). Dieses war nämlich weniger weitgehend und betraf weder die im Streitfall gegebene Situation einer Teilwertabschreibung noch überhaupt Beteiligungen von weniger als 10 %. Später galt das Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. dann gleichermaßen für Inlands- und Auslandsbeteiligungen. Eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit sieht der EuGH indes (nur) darin, dass durch die Benachteiligung inländische Steuerpflichtige „davon abgehalten” bzw. „davon abgeschreckt” werden, ihr Kapital in Gesellschaften in anderen Mitgliedstaaten anzulegen (vgl. etwa „Manninen”, EuGHE I 2004, 7477 Tz 22; vom Rs. C-35/98 „Verkooijen”, EuGHE I 2000, 4071 Tz 34). Es erscheint eher fernliegend, dass die hier lediglich kurzzeitig bestehende ungünstigere Behandlung tatsächlich eine solche Abschreckungswirkung auszulösen vermochte. Andererseits hat der EuGH zur Niederlassungsfreiheit ausgeführt, diese verbiete auch „geringfügige oder unbedeutende” Beschränkungen ( „Lasteyrie du Saillant”, EuGHE I 2004, 2409 Tz 43).

Zu erwägen ist auch, dass das Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. Bestandteil des sog. Halbeinkünfteverfahrens ist, welches nicht zuletzt deshalb eingeführt wurde, weil gegen das bisherige körperschaftsteuerrechtliche Anrechnungsverfahren gemeinschaftsrechtliche Bedenken bestanden (so BTDrucks 14/2683, S. 95; vgl. zu dessen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit inzwischen „Meilicke”, Internationales Steuerrecht 2007, 247). Im Rahmen dieser Systemumstellung traten nicht nur das hier zu beurteilende Abzugsverbot, sondern sämtliche Regelungen des Halbeinkünfteverfahrens für Auslandsbeteiligungen zeitlich vorgezogen in Kraft (vgl. § 34 Abs. 4 Satz 1 KStG 1999 n.F. für § 8b KStG 1999 n.F., § 52 Abs. 4b Satz 1 EStG für § 3 Nr. 40 EStG und § 52 Abs. 34a Satz 1 EStG für § 17 EStG). Es könnte insoweit von einer vorgezogenen „Teilreform” gesprochen werden, die aufgrund der Entlastungsregelungen in § 8b Abs. 1 und 2 KStG 1999 n.F. und § 3 Nr. 40 EStG im Grundsatz für Auslandsbeteiligungen vorteilhaft war und die bisherige Benachteiligung zumindest „abmilderte”. Im Zusammenhang mit solchen an sich vorteilhaften „Teilreformen” zur Behebung von Gemeinschaftsrechtsverstößen stehende Beschränkungen könnten möglicherweise übergangsweise in Kauf zu nehmen sein (vgl. zu diesem Aspekt , BFHE 212, 285, 296, BStBl II 2006, 523, 527, und Vorabscheidungsersuchen des , EFG 2007, 46 = EuGH Rs. C 436/06 „Gronfeldt”, Amtsblatt der Europäischen Union —ABlEU— 2006, Nr. C 326, 33).

4. Davon abgesehen berührt Art. 56 EG nach Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG nicht das Recht der Mitgliedstaaten, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln. Derartige Maßnahmen und Verfahren dürfen nach Art. 58 Abs. 3 EG zwar weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs i.S. des Art. 56 EG darstellen. So verhält es sich nach der ständigen Spruchpraxis des EuGH jedoch nur dann, wenn die steuerrechtlichen Unterscheidungen auf Situationen angewandt werden, die nicht objektiv vergleichbar sind oder durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, insbesondere die Kohärenz der Steuerregelung, gerechtfertigt sind. Dabei wird die Rechtfertigung von Behinderungen für den freien Kapitalverkehr einerseits denselben Regeln unterworfen wie die Beschränkung anderer gemeinschaftsvertraglich verbürgter Grundfreiheiten (vgl. z.B. EuGH-Urteile in EuGHE I 2000, 4071; vom Rs. C-436/00 „X und Y”, EuGHE I 2002, 10847; vom Rs. C-315/02 „Lenz”, EuGHE I 2004, 7063; Beschluss vom Rs. C-268/03 „De Baeck”, EuGHE I 2004, 5961; Schön in Gocke/Gosch/Lang, Körperschaftsteuer, Internationales Steuerrecht, Doppelbesteuerung, Festschrift für Wassermeyer, 2005, S. 489, 513 ff., m.w.N.). Andererseits hat der EuGH auf den Grad der unter den Mitgliedstaaten erreichten rechtlichen Integration hingewiesen, insbesondere angesichts der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen nationalen Steuerbehörden wie die sog. Amtshilfe-Richtlinie (Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom , ABlEG Nr. L 336/15) und daraus abgeleitet, die Besteuerung wirtschaftlicher Tätigkeiten innerhalb des Gemeinschaftsgebiets sei nicht immer mit der Besteuerung von Drittstaatensachverhalten vergleichbar. Der EuGH hat in diesem Zusammenhang die Möglichkeit unterschiedlicher Maßstäbe für eine Rechtfertigung des Freiheitsverstoßes erwogen (vgl. „Test Claimants in the FII Group Litigation”, BFH/NV Beilage 2007, 173).

Dieser letzte Gesichtspunkt könnte im Streitfall bedeutsam sein, weil die in Rede stehende Gewinnminderung auf einer bloßen Wertminderung der Anteile beruht, welche sich regelmäßig nur aus den Verhältnissen bei der ausländischen Gesellschaft ergibt, an der die Anteile bestehen. Es erscheint vor diesem Hintergrund nicht ausgeschlossen, insoweit den Aspekt der Steueraufsicht infolge der in Drittstaatensachverhalten nicht in gleicher Weise gegebenen Amtshilfemöglichkeiten zu berücksichtigen. Allerdings kann diese Überlegung wiederum nur diejenigen Fälle betreffen, in denen es sich nicht wie vorliegend um Beteiligungen in Form von an der Börse notierten Aktien handelt, bei denen eine Wertminderung bereits aus dem gesunkenen Kurswert ersichtlich ist.

5. Der Senat erachtet die Gemeinschaftsrechtlage zu den erwähnten Punkten nicht als derart eindeutig, dass er von einer Vorlage an den EuGH gemäß Art. 234 Abs. 3 EG absehen dürfte (vgl. „C.I.L.F.I.T.”, EuGHE 1982, 3415).

IV. Vorlage an den EuGH

Der Senat setzt das Revisionsverfahren deshalb gemäß § 74 i.V.m. § 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung aus und legt dem EuGH die im Leitsatz genannte Rechtsfrage gemäß Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vor.

Fundstelle(n):
BStBl 2007 II Seite 945
BB 2007 S. 1886 Nr. 35
BB 2007 S. 2044 Nr. 38
BFH/NV 2007 S. 2028 Nr. 10
BStBl II 2007 S. 945 Nr. 19
DB 2007 S. 1840 Nr. 34
DStR 2007 S. 1474 Nr. 34
DStRE 2007 S. 1213 Nr. 18
DStZ 2007 S. 576 Nr. 18
EStB 2007 S. 367 Nr. 10
EStB 2007 S. 367 Nr. 10
FR 2007 S. 1168 Nr. 24
GmbHR 2007 S. 989 Nr. 18
HFR 2007 S. 1136 Nr. 11
IStR 2007 S. 670 Nr. 18
IWB-KN Nr. 177/2007 (EuGH-Vorlage: Übergangsregelung zu § 8b Abs. 3 KStG 1999 i. d. F. des UntStFG gemeinschaftsrechtswidrig?)
IWB-Kurznachricht Nr. 4/2008 S. 202
NWB-Eilnachricht Nr. 34/2007 S. 2930
RIW 2007 S. 958 Nr. 12
StB 2007 S. 363 Nr. 10
StBW 2007 S. 5 Nr. 18
StuB-Bilanzreport Nr. 17/2007 S. 675
HAAAC-52589