Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; kein Klärungsbedarf, ob § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG verfassungsrechtlichen Grundsätzen entspricht
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 2001 und 2002 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2001 und 2002 machten die Kläger erfolglos Aufwendungen für die musikalische Ausbildung ihrer Tochter in Höhe von 5 846 DM (2001) und 3 004 € (2002) geltend. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) gewährte den Klägern in den Einkommensteuerbescheiden für 2001 und 2002 vom lediglich einen Ausbildungsfreibetrag (2001) und einen Kinderfreibetrag (2002) für ihre Tochter. Die hiergegen gerichteten Einsprüche blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde berufen sich die Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) und rügen Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Kläger werfen sinngemäß die Rechtsfrage auf, ob die unterschiedliche Behandlung von Unterhaltsleistungen an geschiedene oder getrennt lebende Ehegatten und an Verwandte in gerader Linie —im Streitfall Kinder— verfassungsgemäß sei. Das Kindergeld bzw. der Kinderfreibetrag vermehrt um den Ausbildungsfreibetrag reichten nicht aus, die Schlechterstellung gegenüber dem Realsplitting auszugleichen. Auch der Bundesrat habe seinerzeit verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einführung des Realsplittings (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes —EStG—) erhoben (BTDrucks 8/2118, 69). Ferner hätte das FG den anwaltlich nicht vertretenen Klägern keinen Verzicht auf die mündliche Verhandlung antragen dürfen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet und wird zurückgewiesen (§ 132 FGO).
1. Soweit sich die Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache berufen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), haben sie diesen Zulassungsgrund nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall auch voraussichtlich klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit gegebenenfalls veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzen. Handelt es sich —wie im Streitfall— um verfassungsrechtliche Fragen, so ist auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einzugehen (z.B. Senatsbeschluss vom III B 28/05, BFH/NV 2006, 2273, m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung der Kläger nicht. Mit Beschluss vom X B 158/94 (BFH/NV 1995, 777) hat der BFH entschieden, die Rechtsfrage, ob § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG verfassungsrechtlichen Grundsätzen entspricht, ist nicht klärungsbedürftig. Der BFH hat dort insbesondere einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verneint, da es für die unterschiedliche Behandlung von Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten und von Unterhaltsleistungen an die ledige Mutter hinreichende sachliche Gründe gibt. Diese sind im Wegfall des Ehegattensplittings in Verbindung mit den weiterbestehenden Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu sehen. Mit dieser Rechtsprechung —die im Übrigen vom (Steuer-Eildienst 1998, 386) bestätigt worden ist— haben sich die Kläger nicht auseinandergesetzt. Dazu hätte aber vor allem deshalb Anlass bestanden, weil nach dem BFH-Beschluss in BFH/NV 1995, 777 erst recht nicht die Ausdehnung des Realsplittings auf Unterhaltsleistungen an Kinder oder andere Personen geboten ist (vgl. auch Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Rz 50).
Die Kläger wenden sich mit ihren Ausführungen im Grunde gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils des FG, was die Zulassung der Revision jedoch nicht rechtfertigt.
2. Es liegt auch kein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) vor. Gemäß § 90 Abs. 2 FGO kann das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Der Verzicht auf mündliche Verhandlung kann im finanzgerichtlichen Verfahren auch vom Kläger selbst wirksam erklärt werden (vgl. § 62a FGO). Es ist deshalb kein Grund ersichtlich, weshalb das FG den Klägern nicht den Verzicht auf mündliche Verhandlung hätte antragen dürfen, zumal das FG im Streitfall zuvor in einem Erörterungstermin die Sach- und Rechtslage mit den Klägern eingehend erörtert hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1528 Nr. 8
QAAAC-49103