BGH Beschluss v. - IV ZR 24/06

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3; ZPO § 544 Abs. 7; AKB § 2b; AKB § 2b (1) Satz 1 Buchst. c; AKB § 2b (1) Satz 2; VVG § 6 Abs. 1 Satz 3

Instanzenzug: LG Frankfurt/Main 2/7 O 144/04 vom OLG Frankfurt/Main 7 U 213/04 vom

Gründe

Die Klägerin macht mit Recht geltend, dass das Berufungsgericht die Präklusionsvorschrift des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO offenkundig unrichtig angewandt und dadurch das Recht auf Gehör vor Gericht (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.

Das Berufungsgericht hat die Klage auf Erstattung von Reparaturkosten nach einem Verkehrsunfall aufgrund der bei der Beklagten genommenen Kfz-Kaskoversicherung abgewiesen, weil die Versicherungsnehmerin das Fahrzeug unter Verstoß gegen ihre Obliegenheit aus § 2b (1) Satz 1 Buchst. c in Verbindung mit Satz 2 AKB einem Fahrer ohne Fahrerlaubnis überlassen hatte. Aus diesem Gesichtspunkt kann sich die Beklagte gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 VVG auf Leistungsfreiheit aber nur berufen, wenn sie den Versicherungsvertrag innerhalb eines Monats kündigt. Eine solche Kündigung hat das Berufungsgericht zutreffend einem Schreiben der Beklagten vom entnommen, das an die Versicherungsnehmerin gerichtet war.

Auf dieses Schreiben hatte sich die Beklagte bereits in ihrer Klageerwiderung berufen. Die Klägerin hat noch in erster Instanz erwidert, nach ihren Unterlagen sei das Vertragsverhältnis nicht durch die Beklagte gekündigt worden. Das Landgericht hat die Klage aus anderen Gründen abgewiesen und ausdrücklich offen gelassen, ob der Fahrer, dem die Versicherungsnehmerin das Fahrzeug überlassen hatte, Inhaber einer Fahrerlaubnis gewesen sei. In der Berufungsbegründung hat die Klägerin allein die zur Klagabweisung führende Argumentation des Landgericht angegriffen. Die Beklagte hat sich in ihrer Berufungserwiderung zusätzlich wiederum auf die Verletzung einer Obliegenheit nach §§ 2b (1) Satz 1 Buchst. c in Verbindung mit Satz 2 AKB, 6 Abs. 1 VVG berufen und die Ansicht vertreten, die insoweit erforderliche Kündigung sei unstreitig. Darauf hat die Klägerin (mit einem nachgehefteten Schriftsatz vom , GA 243 III) bestritten, dass das erstinstanzlich vorgelegte Schreiben vom der Versicherungsnehmerin, an die es adressiert ist, zugegangen sei. Ausweislich des Verhandlungsprotokolls hat das Berufungsgericht abschließend die Obliegenheitsverletzung aus § 2b AKB erörtert; die zu anderen Themen als Zeugin vernommene Versicherungsnehmerin ist aber nicht zum Zugang des Kündigungsschreibens befragt worden.

Danach hat die Klägerin zwar erst in zweiter Instanz ausdrücklich den Zugang des Kündigungsschreibens bestritten. Sie macht aber mit Recht geltend, dass sie schon in erster Instanz die Kündigung überhaupt bestritten habe und dies seinem erkennbaren Sinne nach zumindest auch dahin zu verstehen sei, dass sie jedenfalls den Zugang eines Kündigungsschreibens bei der Versicherungsnehmerin bestreite. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass ein Vorbringen zweiter Instanz nicht neu ist, wenn damit ein bereits in erster Instanz ausreichender Vortrag lediglich durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird (st. Rspr. vgl. BGHZ 159, 245, 251; - BGH-Report 2007, 358 Tz. 7). Eine Zurückweisung des zweitinstanzlichen Vorbringens der Klägerin nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO kam danach nicht in Betracht.

Zweifelhaft ist zwar, ob das Berufungsurteil auf dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht. Die Versicherungsnehmerin hat die Frage im Schadensmeldeformular der Beklagten, wer das Fahrzeug zum Schadenszeitpunkt gelenkt habe, objektiv unrichtig beantwortet. Sie hat dort die Zeugin S. angegeben; unstreitig war aber W. der Fahrer. In seiner von der Beschwerde nicht angegriffenen Beweiswürdigung kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, die Behauptung der Klägerin, die Versicherungsnehmerin habe das Fahrzeug der Zeugin S. und nicht dem W. überlassen, treffe nicht zu. Danach ist nicht ersichtlich, weshalb die Versicherungsnehmerin ihre falsche Angabe im Schadensmeldeformular etwa subjektiv für richtig gehalten haben sollte. Mangels weiterer tatrichterlicher Feststellungen ist aber nicht auszuschließen, dass das Berufungsurteil auf der Gehörsverletzung beruht.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
NJW-RR 2007 S. 1253 Nr. 18
EAAAC-48777

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein