Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: GG Art. 9 Abs. 3; BGB § 313; TV-VZ 2003 § 14
Instanzenzug: ArbG Köln 1 Ca 8552/04 vom LAG Köln 2 (7) Sa 590/05 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, die Betriebsrente des Klägers um einen "Riester-Korrekturfaktor" zu kürzen.
Der Kläger ist am geboren. Er war in der Zeit vom bis zum bei der Beklagten beschäftigt, zunächst als Hauptsachbearbeiter, zuletzt als Abteilungsleiter. Während des gesamten Arbeitsverhältnisses galt § 11 des ursprünglichen Arbeitsvertrages vom 25./, der wie folgt lautet:
"Der WDR gibt dem Arbeitnehmer eine Versorgungszusage nach den beim WDR geltenden Bestimmungen."
Bei der Beklagten bestand bei Beginn des Arbeitsverhältnisses zunächst eine Versorgungszusage 62/70 in Form einer Gesamtzusage. Im Jahre 1979 ist diese erstmals durch eine Dienstvereinbarung abgelöst worden. Diese Dienstvereinbarung wurde erneut durch die Dienstvereinbarung vom in der Fassung vom abgelöst. Diese sah eine Nettogesamtversorgung und eine Nettogesamtversorgungsobergrenze vor. Die Regelung lautet auszugsweise:
"§ 14 Höhe und Fälligkeit der Renten
(1) Bei der Berechnung der Alters- oder der Berufsunfähigkeitsrente ist der vom WDR zu tragende Anteil an der Gesamtversorgung des/der Berechtigten so zu bemessen, dass die Netto-Gesamtversorgung (§ 12 Abs. 1) 90 % des Netto-Vergleichseinkommens nicht übersteigt. ...
§ 25 Ersatz bestehender Versorgungsvorschriften - Übergangsregelungen
...
(2) Für Berechtigte, deren letzte Beschäftigungszeit beim WDR vor dem begonnen hat, gilt Folgendes:
...
(b) Ist der/die Berechtigte vor dem in die Dienste des WDR eingetreten, so erhöht sich der in § 14 Abs. 1 genannte Prozentsatz für jedes gemäß § 2 auf die Wartezeit angerechnete Jahr sowie jedes beim WDR zurückgelegte Beschäftigungsjahr um 0,1 %, jedoch höchstens auf 93,5 % und mindestens auf 91,75 %. ...
§ 27 Inkrafttreten/
Ende der Nachwirkung der gekündigten Dienstvereinbarung über die Versorgungszusage des WDR vom
Diese Dienstvereinbarung tritt am in Kraft. Sie ersetzt die mit Schreiben des Intendanten vom zum gekündigte Dienstvereinbarung über die Versorgungszusage des WDR vom mit Wirkung für die in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Arbeitnehmer/innen. ..."
Diese Dienstvereinbarung kündigte die Beklagte zum .
Durch diese Kündigung wollte die Beklagte der zwischenzeitlichen Entwicklung im Steuer- und Sozialversicherungsrecht Rechnung tragen. Diese war dadurch gekennzeichnet, dass einerseits mit den Steuerreformen 1999 vom (BGBl. I S. 3779), dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom (BGBl. I S. 402) sowie dem Steuersenkungs- und Steuersenkungsergänzungsgesetz vom und vom (BGBl. I S. 1433, 1812) die aktiven Arbeitnehmer steuerlich entlastet und damit ihr Nettoeinkommen erhöht wurde. Andererseits wurde mit der "Riester-Rentenreform" 2002, nämlich dem Altersvermögensgesetz vom (BGBl. I S. 1310) und dem Altersvermögensergänzungsgesetz vom (BGBl. I S. 403, AVmEG) das Rentenniveau gesenkt. Insgesamt führte beides im Rahmen des Gesamtversorgungssystems bei der Beklagten zu Mehrbelastungen.
Zudem wurden die hohen - auch laufenden - Versorgungsleistungen der Rundfunkanstalten im Jahre 1999 von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten beanstandet. In die gleiche Richtung ging der Bericht des Rechnungshofes des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 2000.
Vor diesem Hintergrund kam es zu zentralen Tarifverhandlungen auf ARD-Ebene zwischen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, dem Deutschen Journalisten-Verband e.V. und der Deutschen Orchestervereinigung e.V. auf der einen und den Rundfunkanstalten der ARD, darunter auch der Beklagten, auf der anderen Seite. Diese wurden durch einen Tarifvertrag vom (TV 2003) abgeschlossen, der auszugsweise wie folgt lautete:
"Abschnitt IV
Änderungen der Gesamtversorgungsregelungen beim BR, DW, DRadio, NDR, RB, SFB, SWR, WDR
Die in der Anlage 1 genannten Versorgungsregelungen werden wie nachfolgend beschrieben geändert.
Soweit es sich bei den in der Anlage 1 genannten Versorgungsregelungen beim BR, SWR und beim WDR nicht um Tarifverträge, sondern um Dienstvereinbarungen handelt, verpflichten sich die Tarifpartner, diese nach Inkrafttreten dieses Tarifvertrages unverzüglich in eine tarifvertragliche Regelung zu überführen. Diese tarifvertraglichen Regelungen treten jeweils zu dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem bei BR, SWR bzw. beim WDR die entsprechenden Dienstvereinbarungen aufgehoben werden. Sowohl BR, SWR als auch WDR verpflichten sich, der Aufhebung der entsprechenden Dienstvereinbarungen nach Abschluss der angestrebten Tarifverträge zuzustimmen.
§ 1
Riester-Korrekturfaktor in den Gesamtversorgungsregelungen
Anlässlich der nächsten in den Gesamtversorgungsregelungen vorgesehenen Neuberechnungen der Gesamtversorgung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rente wird der der Rentenberechnung zugrunde liegende Betrag der Gesamtversorgungsobergrenze der in der Anlage genannten Versorgungsordnungen durch einen Korrekturfaktor von 0,9914 gemindert.
In den Folgejahren wird jeweils ab dem 1.7. eines jeden Jahres der Korrekturfaktor entsprechend der folgenden Tabelle bei der jeweils nächsten Neuberechnung der Gesamtversorgung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rente angewandt:
...
Gibt es keine gesetzliche Rente und wird stattdessen die Leistung aus einer befreienden Lebensversicherung angerechnet, wird der Korrekturfaktor nicht angewandt.
Beim BR, DRadio, DW und SWR gilt jedoch auch die befreiende Lebensversicherung als eine gesetzliche Rente, weil bei deren Gesamtversorgungsregelungen nicht die Leistungen aus der befreienden Lebensversicherung angerechnet wird, sondern ersatzweise eine fiktive gesetzliche Rente, berechnet mit dem aktuellen Rentenwert. Bei diesen Anstalten wird der Korrekturfaktor auch in diesen Fällen angewandt.
...
Der Riester-Korrekturfaktor ist anzuwenden, soweit durch die Veränderung der Rentenformel im AVmEG in der Fassung vom ein Auffülleffekt eintreten würde.
Jahr|Korrekturfaktor
2004|0,9882
2005|0,9850
...|...
...
Anlage 1
...|...
WDR|Dienstvereinbarung über die Versorgungszusage des Westdeutschen Rundfunks Köln vom ; Richtlinien über die Versorgungszusagen vom und ; Dienstvereinbarung vom
...|..."
Unter dem vereinbarte die Beklagte schließlich mit den genannten Gewerkschaften einen "Tarifvertrag über die Versorgungszusage des Westdeutschen Rundfunks Köln vom für Arbeitnehmer/innen, deren unbefristetes Arbeitsverhältnis mit dem WDR vor dem begonnen hat" (TV-VZ 2003). Dieser Tarifvertrag ist weitgehend mit der Dienstvereinbarung vom identisch. Abweichend davon lauten die §§ 14 und 27 auszugsweise wie folgt:
"§ 14 Höhe und Fälligkeit der Renten
(1) Bei der Berechnung der Alters- oder der Berufsunfähigkeitsrente ist der vom WDR zu tragende Anteil an der Gesamtversorgung des/der Berechtigten so zu bemessen, dass die Nettogesamtversorgung (§ 12 Abs. 1) 90 % des mit dem zum jeweiligen Berechnungsstichtag jeweils maßgeblichen Korrekturfaktor gemäß der nachstehenden Tabelle multiplizierten Nettovergleichseinkommens nicht übersteigt; er ist anzuwenden, soweit durch die Veränderung der Rentenformel im Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG) in der Fassung vom (BGBl. I S. 403) ein Auffülleffekt eintreten würde:
Jahr|Korrekturfaktor - Anwendung jeweils ab 01.07. des Jahres
2003|0,9914
2004|0,9882
2005|0,9850
...
§ 27
Inkrafttreten/Kündigung
(1) Der Tarifvertrag tritt am in Kraft. Er ersetzt die zum gekündigte Dienstvereinbarung über die Versorgungszusage vom in der Fassung der Dienstvereinbarungen Nr. 1 vom und Nr. 2 vom zur Ergänzung/Änderung der Dienstvereinbarung vom , der Ausführungsbestimmungen Nrn. 1 - 3 vom zur Dienstvereinbarung über die Versorgungszusage des WDR vom sowie der Grundsatz-Dienstvereinbarung vom zur Dienstvereinbarung über die ,Versorgungszusage' des WDR vom ; ..."
Die betriebliche Altersversorgung beim WDR wurde durch einen am mit Rückwirkung ab geltenden Tarifvertrag wieder neu geregelt. Den "Riester-Korrekturfaktor" gibt es seitdem nicht mehr. Stattdessen wird für "Altfälle" die Rente festgeschrieben und jährlich um den hälftigen Prozentsatz erhöht, der sich aus der Addition der Bruttotariferhöhung und der Rentenerhöhung ergibt.
Der Kläger schied mit Vollendung seines 63. Lebensjahres bei der Beklagten aus und erhält seitdem eine Betriebsrente. Diese betrug bei Eintritt des Versorgungsfalles monatlich 6.616,03 DM, was 3.382,72 Euro entspricht. Die Anwendung des streitbefangenen "Riester-Korrekturfaktors" macht ca. 80,00 Euro aus. In die Ausgangsrente des Klägers wurde nicht eingegriffen.
Der Kläger ist der Auffassung, ihm sei die Rente weiterhin ohne den "Riester-Korrekturfaktor" zu zahlen. Er werde von den tariflichen Regelungen nicht erfasst. Diese griffen auch übermäßig in seine Rechtsposition ein. Die Regelung verstoße zudem auch gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Für Rentner mit Mindestrente, Arbeitnehmer bestimmter höherer Vergütungsgruppen, Personen, die zu bestimmten Stichtagen vor ihm oder nach ihm in Ruhestand gingen, bei Betriebsrentnern, die Leistungen aus einer befreienden Lebensversicherung erhielten, habe der Korrekturfaktor keine Folgen oder werde nicht angewandt. Die Regelung werde im Übrigen auch nicht bei allen Anstalten umgesetzt.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, seine Betriebsrente könne nicht in der Weise ermittelt werden, dass die Gesamtversorgungsobergrenze nach Maßgabe des "Riester-Korrekturfaktors" gekürzt wird.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, auch tarifliche Änderungen schlügen auf den Kläger durch. Gegen ihre Wirksamkeit bestünden keine Bedenken.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
Die Revision ist begründet. Die Klage ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.
A. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
Vor dem Hintergrund des gesamten Streitstandes und der zwischen den Parteien im Grundsatz unstreitigen Rechenwege ist sie auch bestimmt genug (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Es geht um die nach § 14 Abs. 1 TV-VZ 2003, abgeschlossen am , eingeführten Korrekturen, den "Riester-Korrekturfaktor". Der Klage fehlt auch nicht deshalb das Rechtsschutzinteresse, weil die tarifliche Lage sich zwischenzeitlich wiederum geändert hat. Jedenfalls für den Zeitraum vom bis zum hat der "Riester-Korrekturfaktor" unmittelbar Wirkung entfaltet.
B. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistung einer Betriebsrente ohne "Riester-Korrekturfaktor".
I. Auf Grund der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ist die Betriebsrente des Klägers so zu berechnen, dass die bei der Beklagten geltenden Dienstvereinbarungen einschließlich solcher Änderungen auf kollektiv-rechtlicher Grundlage, die den in den Dienstvereinbarungen vorgesehenen Rechenweg wirksam ergänzen oder ersetzen, anzuwenden sind.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den arbeitsvertraglichen Bestimmungen der Parteien um individuelle Willenserklärungen, die revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbar sind, oder um typische Vereinbarungen handelt, deren Auslegung einer unbeschränkten revisionsgerichtlichen Kontrolle unterliegt ( - AP BetrAVG § 1 Unverfallbarkeit Nr. 11 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 80, zu I 2 a aa der Gründe). Das Landesarbeitsgericht hat eine Auslegung dieser Vereinbarung nicht vorgenommen, sondern sich auf allgemeine Erwägungen zur Systematik des Betriebsrentenrechts beschränkt, denen es Bedeutung für die Wirkung der Vereinbarung beigemessen hat. Es ist deshalb notwendig, die Vereinbarung erstmals auszulegen. Das kann der Senat selbst tun, weil das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen getroffen hat (vgl. - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 65 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 5, zu B II 3 c der Gründe).
2. Der Arbeitsvertrag der Parteien verweist auf die "beim WDR geltenden" Bestimmungen. Bei der Auslegung derartiger Bestimmungen ist - unabhängig von der Frage, ob eine ausdrückliche "Jeweiligkeitsklausel" enthalten ist - davon auszugehen, dass der Arbeitgeber betriebliche Altersversorgung für eine Mehrzahl von Arbeitnehmern im Regelfall als System erbringen will. Ein solches System darf nicht erstarren. Das ist bei der Auslegung dahingehender Vereinbarungen zu berücksichtigen. Daher ist für den Regelfall eine dynamische Verweisung anzunehmen. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte folgt hier daraus, dass ein Verweis auf die bei der Beklagten jeweils einschlägigen Regelungen hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung gemeint war. Es sollte auf die Regelungen ankommen, die bei der Beklagten allgemein jeweils als Grundlage für die betriebliche Altersversorgung heranzuziehen sind. Dafür spricht zudem, dass auf die geltenden "Bestimmungen" Bezug genommen, also sprachlich Plural gewählt wurde. Zu den damit in Bezug genommenen Regelungen gehören deshalb auch Tarifverträge (vgl. für die hier gefundene Formulierung bereits - AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 49 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 45, zu A I der Gründe).
3. Rechtliche Bedenken gegen diese Auslegung bestehen nicht.
a) Die Formulierungen im Arbeitsvertrag sind eindeutig und schließen Zweifel an dem gefundenen Ergebnis aus. Auch sonst unterliegt eine dynamische Verweisung auf tarifliche Regelungen keinen rechtlichen Bedenken. Dies gilt jedenfalls, soweit es sich - wie hier - um repräsentative Regelungen handelt ( - AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 49 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 45, zu A I der Gründe; vgl. auch - 4 AZR 536/04 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 32, zu I 2 c (1) der Gründe).
b) Auch die vom Landesarbeitsgericht gegen ein derartiges Ergebnis aus der Systematik des Betriebsrentenrechts entwickelten Bedenken greifen nicht durch.
Das Landesarbeitsgericht hat maßgeblich darauf abgestellt, eine Jeweiligkeitsklausel in einer Vereinbarung, die auch Zeiten nach dem Versorgungsfall erfasst, könnte deswegen ausgeschlossen sein, weil damit eine Besserstellung vorzeitig ausgeschiedener gegenüber bis zum Versorgungsfall betriebstreuer Arbeitnehmer eintrete. Damit entstehe ein Wertungswiderspruch zu § 2 Abs. 5 BetrAVG und dem dort geregelten Festschreibeeffekt für vorzeitig ausgeschiedene Arbeitnehmer. Das Landesarbeitsgericht übersieht insofern jedoch, dass der Festschreibeeffekt nach der genannten Regelung sich auch bei vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern lediglich auf den Zeitraum zwischen ihrem Ausscheiden und dem Eintritt des Versorgungsfalls bezieht. Nach Eintritt des Versorgungsfalls können die Renten vorzeitig ausgeschiedener Arbeitnehmer in demselben Umfang gekürzt werden wie die der bis Eintritt des Versorgungsfalls betriebstreuen Arbeitnehmer.
II. Der TV-VZ 2003 hat die vorangegangenen Dienstvereinbarungen kollektiv-rechtlich wirksam überlagert, so dass die durch ihn geschaffene Regelung auch für den Kläger maßgeblich ist.
1. Die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien deckt die getroffene Neuordnung.
Sie erstreckt sich nicht nur auf aktive Arbeitsverhältnisse, sondern auch auf Ruhestandsverhältnisse. Während die Tarifvertragsparteien ohne Weiteres für die Arbeitnehmer auch den Erwerb von Anwartschaften regeln können, weil es um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geht, könnte fraglich sein, ob sie auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses das sich anschließende Ruhestandsverhältnis regeln können (ausführlich dazu - BAGE 63, 100, zu II 2 a und b der Gründe). Dies ist zu bejahen:
Auszugehen ist dabei von Art. 9 Abs. 3 GG. Diese Verfassungsnorm gewährleistet die Tarifautonomie als Teil der Koalitionsfreiheit ( - BVerfGE 103, 293, zu B 1 der Gründe). Das Tarifvertragsgesetz füllt den von der Verfassung vorgegebenen Rahmen lediglich aus ( - BAGE 113, 343, zu II 2 b aa und bb der Gründe). Sein durch die Verfassungsordnung vorgegebener Zweck ist es, die Tarifautonomie möglichst weitgehend zu aktualisieren. Diese ist aber hinsichtlich ihres persönlichen Anwendungsbereichs, wie aus der Formulierung "jedermann" deutlich wird, nicht auf aktive Arbeitsverhältnisse beschränkt, sondern besteht auch darüber hinaus. Wenn § 1 Abs. 1 TVG deshalb Normen über den Inhalt von Arbeitsverhältnissen ermöglicht, so betrifft dies auch solche auf das Arbeitsverhältnis bezogene Rechtsnormen, die sich erst nach dessen Ende aktualisieren. Dazu gehören auch Normen, die die betriebliche Altersversorgung regeln. Dafür spricht auch § 17 BetrAVG. Diese Vorschrift erlaubt den Tarifvertragsparteien, von betriebsrentenrechtlichen Regelungen abzuweichen. Für die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien behandelt der Gesetzgeber das betriebsrentenrechtliche Versorgungsverhältnis wie ein Arbeitsverhältnis ( - zu B I 3 a der Gründe; im Ergebnis ebenso Däubler/Reim TVG 2. Aufl. § 1 Rn. 287 ff. und Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 1 Rn. 58).
2. Personalvertretungsrechtliche Gründe stehen der Regelung nicht entgegen, sondern führen dazu, dass die Dienstvereinbarung bei der Beklagten nicht mehr anwendbar ist. Der Kläger könnte aus den Bestimmungen des LPVG NW nicht mehr herleiten als aktive Arbeitnehmer. Aus den allgemeinen Regeln dieses Gesetzes zum Verhältnis von Dienstvereinbarungen und Tarifvertrag einerseits und den dort enthaltenen Bestimmungen über Mitbestimmungsrechte des Personalrats andererseits ergibt sich, dass eine Regelung der betrieblichen Altersversorgung durch Tarifvertrag der durch Dienstvereinbarung vorgeht. Das hat der Senat in seinem Urteil vom (- 3 AZR 255/05 - AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 49 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 45, zu B I der Gründe) ausführlich begründet. Daran ist festzuhalten. Ebenso wie aktiven Arbeitnehmern gegenüber ist die Dienstvereinbarung auch gegenüber den Betriebsrentnern des TV-VZ 2003 nicht mehr anwendbar, sondern durch den Tarifvertrag überlagert.
3. Die tarifvertragliche Regelung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
Eine Überprüfung anhand des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgt nicht. Dieses Recht gilt für Tarifverträge auch dann nicht, wenn lediglich auf sie verwiesen wird (§ 310 Abs. 4 Satz 1 BGB). Das gilt jedenfalls, wenn sie - wie hier - in ihrer Gesamtheit arbeitsvertraglich in Bezug genommen werden (BT-Drucks. 14/6857 S. 54). Auch sonst bestehen keine Bedenken:
a) Das vom Senat für die materielle Überprüfung von Eingriffen in Versorgungsanwartschaften entwickelte dreistufige Prüfungsschema (dazu erstmals: - 3 AZR 72/83 - BAGE 49, 57, 66 ff.) ist auf tarifvertragliche Regelungen nicht übertragbar ( - BAGE 115, 304, zu B II 1 a der Gründe). Die eingeschränkte Überprüfung tarifvertraglicher Regelungen rechtfertigt sich daraus, dass die Tarifautonomie - wie dargelegt - durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt ist. Den Tarifvertragsparteien steht bei der inhaltlichen Gestaltung dieser Regelungen ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu. Tarifverträge unterliegen keiner Billigkeitskontrolle. Die Gerichte haben sie nur daraufhin zu überprüfen, ob sie gegen das Grundgesetz oder anderes höherrangiges Recht verstoßen. Der Gesetzgeber des Betriebsrentengesetzes hat den Tarifvertragsparteien sogar die Möglichkeit eingeräumt, den Wert erdienter Anwartschaften abweichend von § 2 BetrAVG festzusetzen und abweichend von § 5 BetrAVG Regelungen über die Auszehrung laufender Betriebsrenten zu treffen (§ 17 Abs. 3 BetrAVG). Allerdings sind die Tarifvertragsparteien - ebenso wie der Gesetzgeber - an die aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gebunden (zum Ganzen - AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 49 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 45, zu B II 2 a der Gründe mwN).
b) Die danach einzuhaltenden Grenzen sind hier zunächst im Hinblick darauf gewahrt, dass der am geschlossene TV-VZ 2003 auf den zurückwirkt. Das folgt schon daraus, dass mit diesem Tarifvertrag nur umgesetzt wurde, was durch den am abgeschlossenen TV 2003 bereits - zumindest für die Zukunft - vereinbart war. Nach den Formulierungen des TV 2003 war nicht eindeutig, ob dieser selbst bereits eine entsprechende rechtliche Wirkung entfalten wollte und konnte. Damit diente der TV-VZ 2003 auch der Klarstellung einer unklaren Rechtslage, so dass von vornherein kein schützenswertes Vertrauen entstehen konnte ( - AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 49 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 45, zu B II 2 b aa der Gründe mwN).
c) Gleiches gilt, soweit ab dem die Berechnung der laufenden Betriebsrente des Klägers geändert wurde.
aa) Anzuwenden sind insoweit die Regeln, die für eine unechte Rückwirkung gelten. Eine solche betrifft den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm. Die Wirkungen einer Neuregelung treten erst nach Verkündung der Norm ein, sie erfassen aber Sachverhalte, die bereits vorher "ins Werk gesetzt" worden sind. Die Neuregelung macht also den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vorher abhängig (vgl. zu den Begriffen: - BVerfGE 109, 133, zu C IV 1 a der Gründe). So liegt der Fall hier, da einerseits der Kläger seine Arbeitsleistung bereits erbracht und er Betriebsrentenansprüche erworben hatte, andererseits aber die Betriebsrente nach dem Tarifgefüge nur für die Zukunft gekürzt werden sollte. Eingriffe dieser Art müssen durch besondere, sie legitimierende Gründe gerechtfertigt sein. Dabei ist das Interesse der Tarifvertragsparteien, die beanstandete Regelung auch auf Betriebsrentner anzuwenden, mit dem Interesse der Betriebsrentner am Fortbestand der bisherigen Regelung abzuwägen (vgl. - AP BetrAVG § 2 Nr. 49, zu III 2 b der Gründe).
bb) Ein solcher rechtfertigender Grund kann vorliegend nicht im Abbau einer Überversorgung gesehen werden. Eine Überversorgung wurde bereits durch die nettolohnbezogene Obergrenze, die auch in der alten Fassung der Versorgungsordnung enthalten war, vermieden. Die Rechtsprechung des Senats, die den Abbau einer Überversorgung grundsätzlich billigt (vgl. zB - 3 AZR 123/03 - AP BetrAVG § 1 Überversorgung Nr. 11), ist deshalb nicht einschlägig.
cc) Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Betriebsrente des Klägers zuletzt durch Dienstvereinbarung geregelt war. Dienstvereinbarungen sind ein Regelungsinstrument, das grundsätzlich kollektiv-rechtlicher Änderung zugänglich ist, sei es durch Dienststelle und Personalrat, sei es - wie dargelegt - durch Tarifvertragsparteien. Der Kläger musste deshalb damit rechnen, dass diese kollektiv-rechtlichen Änderungsmechanismen sich auch aktualisieren würden und es deshalb zu Neuregelungen, grundsätzlich auch zu seinen Lasten, kommen würde. Damit ist durch die hier streitbefangene Neuregelung nicht in ein berechtigtes Vertrauen des Klägers eingegriffen worden.
dd) Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nicht verletzt. Abzustellen ist dabei auf den der tariflichen Regelung zugrunde liegenden Zweck, nämlich die Änderungen des Rentenrechts durch die "Riester-Rentenform" zu berücksichtigen.
(1) Das gilt zunächst insoweit, als die Tarifvertragsparteien keine Regelung mit dem Inhalt getroffen haben, dass die anzurechnende Rente aus der Sozialversicherung so zu berechnen wäre, als hätte die gesetzliche Änderung durch die "Riester-Rentenreform" nicht stattgefunden. Mit einer derartigen Regelung hätten sie die Auswirkungen der Gesetzesänderung bezogen auf jedes einzelne Betriebsrentenverhältnis punktgenau beseitigt. Stattdessen haben die Tarifvertragsparteien eine pauschalierende Regelung beschlossen, die die Gesamtversorgungsobergrenze betraf. Im Ergebnis waren Betriebsrentner stärker betroffen, deren Altersversorgung zu einem höheren Prozentsatz als bei anderen aus einer Betriebsrente und zu einem geringeren Prozentsatz aus der gesetzlichen Rente bestand. Das waren insbesondere diejenigen, deren Arbeitsentgelt während ihres aktiven Arbeitsverhältnisses die Beitragsbemessungsgrenze überschritt und deren Sozialversicherungsrente deshalb relativ niedrig war. Der "Riester-Korrekturfaktor" in der Ausgestaltung durch die Tarifvertragsparteien traf deshalb ehemals gut verdienende Arbeitnehmer und damit nunmehr besser versorgte Rentner im Verhältnis stärker als andere. Die Betriebsrentner mit relativ niedrigem Arbeitsentgelt wurden dadurch begünstigt.
Das ist nicht zu beanstanden. Zum Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien gehört die Umsetzung tarifpolitischer Vorstellungen auch im Verhältnis unterschiedlicher Tarifunterworfener zueinander. Das gilt auch dann, wenn sie eine gesetzliche Änderung bei der Regelung ihrer Folgen zum Anlass nehmen, gestaltend tätig zu werden. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass sich die von den Tarifvertragsparteien gefundene Regelung in der Systematik einer Gesamtversorgung hielt und sich der jeweilige Versorgungsgrad nicht unterschiedlich entwickelte.
(2) Die von den Tarifvertragsparteien gefundene Regelung ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil etwa insgesamt ein Finanzvolumen zugunsten der Arbeitgeberseite so umgeschichtet worden ist, dass dies in keinem Verhältnis mehr zum Anlass der tariflichen Änderung, nämlich der Einführung eines "Riester-Korrekturfaktors", steht.
Diese Auswirkungen wurden von den Parteien im Verfahren umfassend anhand von Unterlagen dargestellt. Daraus ergibt sich der Barwert der Betriebsrenten: Er wäre, hätten die Tarifvertragsparteien nicht auf die "Riester-Rentenreform" reagiert, um etwa 52 Millionen Euro höher gewesen, als wenn bei der Berechnung der Betriebsrenten die sich ohne Geltung der "Riester-Reform" ergebende - fiktive - gesetzliche Rente zugrunde gelegt worden wäre. Dadurch, dass stattdessen der "Riester-Korrekturfaktor" eingeführt wurde, ist die Beklagte um insgesamt etwa 55 Millionen Euro und damit um ein weiteres Barwertvolumen von etwa 3 Millionen Euro entlastet worden. Angesichts der Größenordnung, um die es hier geht, und im Hinblick darauf, dass den Tarifvertragsparteien auch pauschalierende Lösungen möglich sind, ist ein derartiger zusätzlicher Effekt zugunsten der Beklagten als Arbeitgeber nicht unverhältnismäßig.
(3) Schließlich sind auch die Untergrenzen, die den Tarifvertragsparteien bei Eingriff in laufende Betriebsrenten gesetzt sind, gewahrt.
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Tarifvertragsparteien in bereits entstandene Ansprüche - zu denen auch Betriebsrenten gehören, weil die ihnen entsprechende Arbeitsleistung bereits erbracht ist - in der Regel nicht eingreifen dürfen, soweit nicht bereits vor Entstehung des Anspruchs Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Tarifvertragsparteien verschlechternd eingreifen würden ( -). Es kann dahingestellt bleiben, wann eine Ausnahme von dieser Regel zu machen ist. Denkbar wäre eine Anlehnung an die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Die Tarifvertragsparteien haben hier nicht in die Ausgangsrente des Klägers und damit in die Rente, die er bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erdient hatte, eingegriffen.
Schließlich ist ein Eingriff von etwas mehr als 80,00 Euro bei einer Betriebsrente von mehr als 3.300,00 Euro der Höhe nach auch im Übrigen maßvoll.
III. Dem Kläger steht der Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zu. Es ist aus den Darlegungen des Klägers nicht ersichtlich, inwieweit die von ihm beklagten unterschiedlichen Versorgungssysteme und Behandlungen der Betriebsrentner durch die Beklagte tatsächlich auf dem "Riester-Korrekturfaktor" beruhen. Eine unterbliebene Umsetzung des TV 2003 in anderen Anstalten wäre weder der Beklagten noch den Tarifvertragsparteien zuzurechnen. Soweit sich der Kläger auf die Fußnote 1 zu § 1 des Abschn. IV des TV 2003 beruft, greift auch dies nicht durch. Der "Riester-Korrekturfaktor" wurde dort nur für solche Fallgestaltungen ausgeschlossen, in denen die "Riester-Rentenreform" sich nicht auf die Gesamtversorgungsregelung auswirkt. Das ist ein zulässiges Differenzierungskriterium.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
RAAAC-48683
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein