BFH Beschluss v. - IX B 104/06

Keine Bedenken gegen das verfassungsgemäße Zustandekommen des Art. 6 (Änderung der Eigenheimzulage) des Haushaltsbegleitgesetzes 2004; Parlamentsvorbehalt; Verlust des Rügerechts

Gesetze: EigZulG § 2 Abs. 2; EigZulG § 19 Abs. 8; HBeglG Art. 6; FGO § 115

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Bei den beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Verfahren (2 BvR 412/04, 2 BvR 2491/04) steht zwar das Haushaltsbegleitgesetz 2004 (HBeglG 2004) vom (BGBl I 2003, 3076, 2004, 69, BStBl I 2004, 120) auch unter dem Gesichtspunkt des Parlamentsvorbehalts (Art. 20 Abs. 3, Art. 76 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—; vgl. , BVerfGE 101, 297, BStBl II 2000, 162, m.w.N.) auf dem Prüfstand, so dass dessen Art. 6 (Änderung des Eigenheimzulagengesetzes) ebenso betroffen ist. Die mit Bezug darauf aufgeworfene Frage nach der Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO) oder einer Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO ist jedoch nicht grundsätzlich bedeutsam und so wie vom Finanzgericht (FG) begründet zu beantworten. Auf der Basis der vorstehenden Rechtsprechung des BVerfG hat das FG zu Recht keine Bedenken gegen das verfassungsgemäße Zustandekommen des Haushaltbegleitgesetzes 2004 gesehen; denn schon im Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 15/1502) war der vollständige Wegfall der Eigenheimzulage für Neufälle ab 2004 vorgesehen, während sich der Bundesrat für eine Beibehaltung der Eigenheimzulage eingesetzt hat (dagegen wiederum die Bundesregierung, BTDrucks 15/1639, S. 2; s.a. Beratungen des Haushaltsausschusses: BTDrucks 15/1751). Unter dem so vorgegebenen Rahmen (Wegfall oder Beibehaltung der Eigenheimzulage) wurde der Vermittlungsausschuss angerufen, das Gesetz grundlegend zu überarbeiten und die sog. Koch-Steinbrück-Liste einzubeziehen (BTDrucks 15/1992). Der danach Gesetz gewordene Vorschlag des Vermittlungsausschusses (soweit hier von Bedeutung: Streichung des § 2 Abs. 2 des EigenheimzulagengesetzesEigZulG— und Anfügung der Anwendungsregelung in § 19 Abs. 8 EigZulG) hielt sich —unabhängig von der sog. Koch-Steinbrück-Liste— im Rahmen des Anrufungsbegehrens und des ihm zugrunde liegenden Gesetzgebungsverfahrens.

2. Insoweit hat das FG auch keine Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO begangen. Mangels Verstoßes gegen den Parlamentsvorbehalt (s. vorstehend unter 1.) kamen weder eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO noch eine Vorläufigkeitsverpflichtung durch das FG in Betracht. Letztere lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung mit Blick auf die ergangenen Verwaltungsanweisungen betr. „Vorläufige Steuerfestsetzungen im Hinblick auf anhängige Musterverfahren” annehmen. Denn diese Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen —BMF— (vom , BStBl I 2005, 609; zuletzt vom , Der Betrieb 2007, 831, jeweils Nr. 7) ordnen einen Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich des Haushaltbegleitgesetzes 2004 jedenfalls nicht für Festsetzungen der Eigenheimzulage an.

Ebenso greift die Rüge der fehlenden Protokollierung des Antrags bezüglich § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO nicht durch. Denn der rechtskundig vertretene Kläger hat rügelos zur Sache verhandelt und damit sein Rügerecht durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der ZivilprozessordnungZPO—). Auch hat er nicht schlüssig dargetan, warum der Kläger nicht schon in der mündlichen Verhandlung den vermeintlichen Verstoß gerügt hat oder weshalb ihm eine derartige Rüge nicht möglich war. Denn in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nach Durchführung der Beweisaufnahme und Erörterung der Sach- und Rechtslage trotz entsprechender Gelegenheit keine weiteren Anträge gestellt (s. Sitzungsprotokoll S. 3; zu dessen Beweiskraft: § 94 FGO i.V.m. § 165 ZPO; vgl. , BFH/NV 2001, 638, m.w.N.).

3. Auch ist eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht erforderlich. Das FG weicht nicht vom ab, das wegen der durch Art. 15 HBeglG 2004 geänderten ermäßigten Steuersätze in § 2 Abs. 2 Satz 1 des Biersteuergesetzes im Hinblick auf die beim BVerfG anhängige Verfassungsbeschwerde 2 BvR 412/04 die betreffenden Bescheide ausgesetzt hat; das ist bereits den Ausführungen vorstehend unter 1. zu entnehmen. Auch liegt keine Abweichung vom (BFH/NV 2006, 784) vor; denn im Gegensatz dazu bestand im Streitfall keine das Eigenheimzulagengesetz betreffende Verwaltungsanweisung (s. BMF-Schreiben unter 2.), zudem waren für das FG hinreichende Gründe gegeben (s. unter 1.) durchzuentscheiden.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1282 Nr. 7
XAAAC-46941