Schlüssige Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; Fehlen der Entscheidungsgründe; Qualifizierung anschaffungsnaher Aufwendungen als Anschaffungskosten oder Herstellungskosten bzw. Erhaltungsaufwand
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2; FGO § 105 Abs. 2 Nr. 5; FGO § 119 Nr. 6; HGB § 255
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) angeführten Zulassungsgründe liegen entweder nicht vor oder sind nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotenen Weise dargelegt.
1. Das Vorbringen, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Schlüssig dargelegt ist dieser Revisionszulassungsgrund nur dann, wenn der Beschwerdeführer eine in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, wenn also diese Rechtsfrage für die Beurteilung des Streitfalls entscheidungserheblich ist (u.a. , BFH/NV 1998, 729). Daran fehlt es im Streitfall.
a) Die Klägerin misst für den Fall, dass sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Abgrenzung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten von sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwendungen bei Vorliegen sog. anschaffungsnaher Aufwendungen (vgl. z.B. , BFHE 198, 85, BStBl II 2003, 574, und vom X R 9/99, BFHE 201, 256, BStBl II 2003, 596) „der Grundstückswert durch Aktivierung aller Umbaukosten zu den Anschaffungskosten ermittelt”, der Frage grundsätzliche Bedeutung bei, „welche Bedeutung der Tatsache zukommt, dass ein vergleichsweise nur kurze Zeit später von der Finanzbehörde selbst ermittelter Entnahmewert deutlich hinter diesem Wert zurückbleibt”. Damit hat sie keine in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähige Rechtsfrage aufgeworfen.
b) Die Antwort auf die Frage, ob die von der Klägerin im Jahr der Anschaffung des Gebäudes in Höhe von 316 306 DM und im folgenden Jahr 1998 in Höhe von 806 000 DM erbrachten Aufwendungen als Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten oder sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand zu behandeln sind, richtet sich auf der Rechtsgrundlage des § 255 Abs. 1 und 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) insbesondere danach, ob und in welchem Umfang durch die Aufwendungen eine wesentliche Erweiterung des Gebrauchswertes des Gebäudes (= wesentliche Verbesserung) bewirkt worden ist (vgl. , BFHE 200, 231, BStBl II 2003, 604). Der Gebrauchswert wird deshalb auch nicht durch einen später (hier: für das Jahr 2003) angesetzten Entnahmewert —unabhängig von der Art und Weise dessen Ermittlung— berührt. Infolgedessen kommt dem Entnahmewert keine Bedeutung für die zu beurteilende Streitfrage zu, wie anschaffungsnahe Aufwendungen steuerlich zu qualifizieren sind. Die von der Klägerin hypothetisch aufgeworfene Frage ist daher nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
2. Die Klägerin macht den Zulassungsgrund der Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO geltend.
a) Sie stützt sich darauf, dass „die Rechtsprechung in allen anderen Zusammenhängen des Bilanzsteuerrechts davon ausgeht, dass wertaufhellende Ereignisse auf den Bilanzstichtag zurückwirken”. Es kann offenbleiben, ob die Klägerin mit dieser Überlegung die Erfordernisse an die Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfüllt hat. Ihr Vorbringen kann schon deshalb die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen, weil die Streitfrage der Qualifizierung anschaffungsnaher Aufwendungen anhand der Auswirkungen der Baumaßnahmen auf den Gebrauchswert beantwortet wird, ohne dass es auf den Wertansatz in der Bilanz ankommt. Im Bilanzansatz schlägt sich die jeweilige Qualifizierung der Aufwendungen als Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten oder sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand nieder. Dagegen ist der Bilanzansatz nicht Grundlage dieser Qualifizierungsentscheidung. Infolgedessen kommt die behauptete Abweichung von vornherein nicht in Frage.
b) Das Vorbringen, die Revision sei auch deshalb nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen, „da in einer Prüfungsanordnung nach § 196 der Abgabenordnung (AO) der Umfang der Außenprüfung festgelegt werden müsse”, erfüllt nicht die Anforderungen an die Darlegung einer Divergenz. Dazu hätte die Klägerin die angeblich voneinander abweichenden Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil und der behaupteten Divergenzentscheidung (, BFH/NV 1989, 682) herausarbeiten müssen. Das hat sie unterlassen.
3. Die Rüge, es stelle einen materiell-rechtlichen Fehler dar, dass nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) das Wohnsitzfinanzamt für die Betriebsprüfung zuständig gewesen sei, genügt für die Darlegung des Zulassungsgrundes des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht.
a) Fehler bei der Anwendung des materiellen Rechts rechtfertigen grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 24).
b) Ob erhebliche Fehler eines FG bei der Auslegung revisiblen Rechts zur Zulassung führen können, kann im Streitfall dahingestellt bleiben. Mit der bloßen Bezugnahme auf den (BFH/NV 2003, 197) hat die Klägerin einen solchen Fehler jedenfalls nicht bezeichnet. Derartige Fehler können nur vorliegen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (BTDrucks 14/4061). Davon kann nur dann gesprochen werden, wenn die Entscheidung des FG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) als willkürlich zu bezeichnen wäre. Dies kann angenommen werden, wenn der angefochtene Richterspruch jeder Rechtsgrundlage entbehrt und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht (BVerfG-Entscheidungen vom 1 BvR 208/93, BVerfGE 89, 1, 14; vom 1 BvR 1934/93, BVerfGE 96, 189; , BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 68). Dies ist vorliegend offensichtlich nicht der Fall.
4. Keinen Erfolg hat die Rüge der Klägerin, das angefochtene Urteil leide an einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Sie ist der Ansicht, das Urteil sei entgegen § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO nicht erschöpfend begründet, weil der von ihr eingebrachte Gesichtspunkt, dass der durch die Aktivierung sämtlicher Umbaukosten als Anschaffungskosten ermittelte Grundstückswert um ungefähr 350 000 € über dem ermittelten Entnahmewert im Jahre 2003 liege, in den Urteilsgründen keine Erwägung finde.
a) Ein Revisionsgrund i.S. des § 119 Nr. 6 FGO liegt vor allem dann vor, wenn überhaupt jede Begründung der Entscheidung fehlt. Allerdings kann § 119 Nr. 6 FGO auch dann verletzt sein, wenn die Entscheidungsgründe nur zum Teil fehlen oder wenn das FG einen selbständigen prozessualen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat (vgl. z.B. , BFH/NV 2002, 80, m.w.N.; Senatsbeschluss vom X B 58/05, BFH/NV 2005, 2193). Unter selbständigen Ansprüchen und selbständigen Angriffs- und Verteidigungsmitteln sind nur die eigenständigen Klagegründe und solche Angriffs- und Verteidigungsmittel zu verstehen, die den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestalteten Rechtsnorm bilden (BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 80, m.w.N.).
b) Einen derartigen Begründungsmangel vermochte die Klägerin nicht darzulegen. Zum einen hat das FG im Tatbestand des angefochtenen Urteils das entsprechende Vorbringen der Klägerin wiedergegeben. Zum anderen handelt es sich bei den von der Klägerin angestellten Überlegungen nicht um ein selbständiges Angriffs- und Verteidigungsmittel, das den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestalteten Rechtsnorm bilden, sondern lediglich um ein Argument, mit dem sie ihre materiell-rechtliche Auffassung begründet, die Aufwendungen seien als Erhaltungsaufwand sofort abziehbar.
Fundstelle(n):
KAAAC-46915