BMF - IV C 3 -S 2342/07/0001 BStBl 2007 I S. 487

Einkommensteuerrechtliche Behandlung der Geldleistungen für Kinder in Kindertages- und Vollzeitpflege

Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für in der Kindertagespflege und in der Vollzeitpflege vereinnahmte Gelder Folgendes:

1. Kindertagespflege

Bei der Kindertagespflege nach § 22 Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) soll eine Tagespflegeperson ein einer Kindertagesstätte ähnliches Angebot im familiären Rahmen bieten. Die Kindertagespflege erfolgt im Haushalt der Kindertagespflegeperson, der Personensorgeberechtigten des Kindes oder in anderen geeigneten Räumen. Betreut die Tagespflegeperson Kinder verschiedener Personensorgeberechtigter im eigenen Haushalt oder in anderen Räumen eigenverantwortlich, handelt es sich um eine selbständige Tätigkeit, da sie vorrangig auf die Erzielung von Einkünften ausgerichtet ist.

Nach § 23 SGB VIII erhält die Tagespflegeperson eine laufende Geldleistung, die neben der Erstattung des Sachaufwands die Förderungsleistung der Tagespflegeperson anerkennen soll. Diese Geldleistung ist als steuerpflichtige Einnahme aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren. Dies gilt unabhängig von der Anzahl der betreuten Kinder und von der Herkunft der vereinnahmten Mittel; § 3 Nr. 11 und 26 EStG sind nicht anwendbar. Betreut die Tagespflegeperson ein Kind jedoch in dessen Familie nach Weisungen der Personensorgeberechtigten, ist sie in der Regel Arbeitnehmer, die Personensorgeberechtigten sind die Arbeitgeber.

Der Tagespflegeperson werden nachgewiesene Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie hälftig die nachgewiesenen Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung vom Träger der Jugendhilfe erstattet. Diese Erstattungen gehören zu den steuerpflichtigen Einnahmen.

Bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit wird aus Vereinfachungsgründen zugelassen, dass anstelle der tatsächlichen Betriebsausgaben von den erzielten Einnahmen 300 € je Kind und Monat pauschal als Betriebsausgaben abgezogen werden. Diese Pauschale bezieht sich auf eine Betreuungszeit von 8 Stunden und mehr pro Kind und Tag. Sie ist bei geringerer Betreuungszeit anteilig zu kürzen. Findet die Betreuung im Haushalt der Personensorgeberechtigten oder in unentgeltlich zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten als selbständige Tätigkeit statt, kann die Betriebsausgabenpauschale nicht abgezogen werden. Die Betriebsausgabenpauschale darf nur bis zur Höhe der Betriebseinnahmen abgezogen werden.

Der Tagespflegeperson bleibt es unbenommen, die tatsächlichen Aufwendungen nachzuweisen; dazu gehören zum Beispiel folgende tätigkeitsbezogene Aufwendungen für

  • Nahrungsmittel, Ausstattungsgegenstände (Mobiliar), Beschäftigungsmaterialien, Fachliteratur, Hygieneartikel,

  • Miete und Betriebskosten der zur Kinderbetreuung genutzten Räumlichkeiten,

  • Kommunikationskosten,

  • Weiterbildungskosten,

  • Beiträge für Versicherungen, soweit unmittelbar mit der Tätigkeit im Zusammenhang stehend,

  • Fahrtkosten,

  • Freizeitgestaltung.

2. Vollzeitpflege

Die Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII dient dazu, einem Kind zeitlich befristet oder dauerhaft im Haushalt der Pflegeeltern ein neues Zuhause zu bieten. Zwischen Pflegeeltern und Kind soll ein dem Eltern-Kind-Verhältnis ähnliches Band entstehen. Formen der Vollzeitpflege sind die Dauerpflege, die Kurzzeitpflege, die Bereitschaftspflege, die Wochenpflege sowie die Sonderpflege.

Im Rahmen der Vollzeitpflege wird nach § 39 SGB VIII Pflegegeld ausgezahlt, welches die materiellen Aufwendungen und die Kosten der Erziehung abdeckt. Zusätzlich werden anlassbezogene Beihilfen und Zuschüsse geleistet. Sowohl das Pflegegeld als auch die anlassbezogenen Beihilfen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln sind steuerfreie Beihilfen im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG, die die Erziehung unmittelbar fördern, sofern eine Erwerbstätigkeit nicht vorliegt.

Eine widerlegliche Vermutung für eine Erwerbstätigkeit ist dann gegeben, wenn die Summe der Erziehungsbeiträge pro Pflegehaushalt im Jahr 24.000 € übersteigt. Dabei ist ausschließlich von dem Anteil des Pflegegeldes auszugehen, der für die Kosten der Erziehung geleistet wird. Der Anteil am Pflegegeld für die materiellen Aufwendungen bleibt für die Vergleichsberechnung unberücksichtigt. Wird hiernach die Erwerbstätigkeit im Einzelfall festgestellt, unterliegen die vereinnahmten Gelder vollständig (gesamtes Pflegegeld) der Steuerpflicht nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Bestandteile der Vergütungen an Bereitschaftspflegepersonen, die unabhängig von der tatsächlichen Aufnahme von Kindern geleistet werden, fördern nicht unmittelbar die Erziehung. Diese sog. Platzhaltekosten und Bereitschaftsgelder sind steuerpflichtig.

Im Fall einer Steuerpflicht ist bei der Ermittlung der Einkünfte von den erzielten Einnahmen eine Betriebsausgabenpauschale in Höhe der im Pflegegeld enthaltenen Erstattung der materiellen Aufwendungen je Kind und Monat abzuziehen. Zusätzlich kann ein Betrag in Höhe der nach § 39 Abs. 3 SGB VIII gezahlten einmaligen Beihilfen und Zuschüsse als Betriebsausgabenpauschale abgezogen werden.

Im Falle einer Steuerpflicht sind auch die Erstattungen zur Unfallversicherung und Altersvorsorge zu versteuern. Werden in einem Monat sowohl steuerfreies Pflegegeld als auch steuerpflichtige Platzhaltekosten und Bereitschaftsgelder gezahlt, sind die Erstattungen zur Unfallversicherung und Altersvorsorge aus Vereinfachungsgründen nicht zu besteuern.

Dieses Schreiben ersetzt ab dem Veranlagungszeitraum 2008 die (BStBl 1984 I S. 134), vom (BStBl 1988 I S. 329) und vom (BStBl 1990 I S. 109). Das wird aufgehoben.

BMF v. - IV C 3 -S 2342/07/0001


Fundstelle(n):
BStBl 2007 I Seite 487
DB 2007 S. 1221 Nr. 22
DStR 2007 S. 993 Nr. 23
EStB 2007 S. 211 Nr. 6
EStB 2007 S. 407 Nr. 11
StB 2007 S. 247 Nr. 7
StBW 2007 S. 8 Nr. 12
StC 2007 S. 9 Nr. 7
FAAAC-46425