BGH Beschluss v. - 1 StR 159/07

Leitsatz

[1] Behauptet der Transporteur von Betäubungsmitteln, sein Tatbeitrag habe sich darin erschöpft, die Betäubungsmittel im Auftrag eines Dritten zu transportieren, und individualisiert er seinen Auftraggeber nicht, so ist der Tatrichter nicht auf Grund des Zweifelssatzes gehalten, diese auf eine Beihilfe zum Handeltreiben abzielende Einlassung zugrunde zu legen, wenn keine zuverlässigen Anhaltspunkte für Auftrag und Person des Auftraggebers vorliegen.

Gesetze: BtMG §§ 29 ff.; StGB § 25; StGB § 27; StPO § 261

Instanzenzug: LG Nürnberg-Fürth vom

Gründe

Ergänzend bemerkt der Senat:

1. Das Landgericht hat den Angeklagten im Ergebnis zu Recht wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge und mit einer Waffe, verurteilt. Zwar ist die bewaffnete Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ein unselbständiger Teilakt des bewaffneten Handeltreibens in nicht geringer Menge, wenn sie im Rahmen ein- und desselben Güterumsatzes erfolgt; dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG: "wer ... ohne Handel zu treiben, einführt" (BGH NStZ 2003, 440; Urteil vom - 1 StR 25/03 jew. m.w.N.). Soweit das erworbene Heroin gewinnbringend verkauft werden sollte, ist hier deshalb die Tatbestandsalternative der Einfuhr ausgeschlossen. Der Angeklagte hat jedoch 40 g der erworbenen Menge (Wirkstoffgehalt 59,4 = 60 %) zum Eigenverbrauch bestimmt. Insoweit ist in Tateinheit zum Handeltreiben auch der Tatbestand der Einfuhr, jeweils in nicht geringer Menge und mit einer Waffe, erfüllt, da diese Teilmenge nicht von der Tatbestandsalternative des Handeltreibens erfasst wird (vgl. ; Beschluss vom - 2 StR 555/04).

2. Die Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltreibens und nicht wegen Beihilfe ist - auch im Lichte neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Kuriertätigkeiten (vgl. zusammenfassend BGH NJW 2007, 1220) - ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Angeklagte hat erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet. Er war unmittelbar mit Eigeninitiative am Erwerb beteiligt; insbesondere konnte er, nachdem ihm in Holland eine Kontaktaufnahme zu dem Drogenhändler "P. " nicht gelungen war, eigenverantwortlich entscheiden, das Heroin mit dem von seinem Auftraggeber zur Verfügung gestellten Geld bei einem "A. " zu erwerben. Er hatte auch darüber hinaus ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts, weil ihm für die Betäubungsmittelbeschaffung eine erhebliche Entlohnung in Form eines Schuldenerlasses in Höhe von 1.000 € in Aussicht gestellt war und er von den zu erwerbenden 300 g Heroin 40 g für den Eigenkonsum behalten sollte.

Im Übrigen wäre das Landgericht nicht gehalten gewesen, die Einlassung des Angeklagten, er habe die Betäubungsmittel lediglich im Auftrag eines Drogenhändlers, dessen Name er nicht nennen wolle, von Holland nach Bayern transportiert, den Urteilsfeststellungen als unwiderlegbar zugrunde zu legen. Die Strafkammer hat für einen solchen Auftrag und für die Person des Auftraggebers keine konkreten Anhaltspunkte festgestellt. Bei einer solchen Sachlage muss der Tatrichter nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses entscheiden, ob derartige Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen (vgl. BGHSt 34, 29, 34; BGH NStZ 2002, 48). Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden Anhaltspunkte erbracht sind (vgl. nur ; BGH NStZ-RR 2003, 371 LS; NStZ 2004, 35, 36). Dies führt auch hinsichtlich des insoweit schweigenden Angeklagten nicht zu einer mit dem Schuldprinzip kollidierenden Beweislastumkehr, sondern ist notwendige Folge der Verpflichtung des Gerichts, gemäß § 261 StPO seine Überzeugung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung zu schöpfen (BVerfG aaO).

Fundstelle(n):
NJW 2007 S. 2274 Nr. 31
MAAAC-46372

1Nachschlagewerk: ja