BFH Beschluss v. - VI B 139/06

In Aufrechnungsfällen erfolgt eine Ausgabe erst zum Zeitpunkt der durch die Aufrechnung bewirkten Leistung; Aufwendungen eines Gesellschaftergeschäftsführers aus familiären Gründen

Gesetze: EStG § 11; EStG § 9; BGB § 389

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Finanzgericht (FG) hat die Abweisung der Klage auf zwei jeweils tragende Gründe gestützt, nämlich zum einen, dass die als Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben nicht i.S. von § 11 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Streitjahr geleistet und zum anderen, dass die Aufwendungen nicht aus beruflichem, sondern privatem Anlass getätigt worden sind. Wird das Urteil des FG kumulativ auf mehrere Gründe gestützt, von denen jeder für sich das Entscheidungsergebnis trägt, muss hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend gemacht werden (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 28, m.w.N.). Das ist hier nicht geschehen.

2. Im Streitfall ging es darum, ob bei der Einkommensteuerveranlagung 1998 der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) —zusammen veranlagte Ehegatten— Werbungskosten zu berücksichtigen waren, weil der Ehemann als ehemaliger Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH mit dieser —vertreten durch die neue Geschäftsführerin und spätere Alleininhaberin, die Tochter der Kläger— am eine Vereinbarung getroffen hatte, wonach der Kläger dafür aufzukommen habe, dass mit einer ausländischen Kapitalgesellschaft zum Schaden der GmbH Geschäfte durchgeführt worden sind (vgl. hierzu auch , BFH/NV 1986, 270). Das FG kam aufgrund der Tatsache, dass diese Geschäfte über Jahre mit Billigung der Inhaber der GmbH erfolgten, dass die GmbH und die ausländische Gesellschaft jeweils nur Familienangehörigen der Kläger gehörten und dass der Kläger seinen hälftigen GmbH-Anteil noch im Folgejahr seiner Tochter übertragen hatte zu dem Ergebnis, die Vereinbarung vom und deren Durchführung habe nicht der Erfüllung einer vermeintlichen Schadensersatzpflicht des Klägers, sondern der Stärkung des Kapitals der GmbH gedient. Die Umsetzung der am vereinbarten Maßnahmen sei daher nicht durch das ehemalige Dienstverhältnis des Klägers, sondern durch private Überlegungen veranlasst gewesen.

Diese Wertung des Streitfalles beinhaltet nach Lage der Dinge keine Überraschungsentscheidung. Insbesondere ist dem angefochtenen Urteil nicht die von den Klägern unterstellte Rechtsauffassung zu entnehmen, das FG sei vom objektiven Bestehen eines Schadensersatzanspruches ausgegangen, dessen Erfüllung aber nicht aus Rechtsgründen, sondern wegen privater Rücksichtnahmen erfolgt sei. Da entgegen der Ansicht der Kläger keine Überraschungsentscheidung vorlag, ist auch der hieran anknüpfenden vermeintlichen Pflicht einer weiteren Sachverhaltsaufklärung die Grundlage entzogen. Die Kläger waren nicht gehindert, ihre Sicht der Verhältnisse durch unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptungen weiter zu untermauern. Das ist nicht geschehen. Soweit die Kläger zu anderen Tatsachen Beweis angetreten haben, u.a. darüber, dass die Beteiligten sich darüber einig gewesen seien, dass der Kläger den bei der GmbH entstandenen Schaden tragen solle, hat das FG diese als wahr unterstellt. Hiergegen sind mit der Beschwerde auch keine Rügen mehr erhoben worden.

3. Es besteht auch kein weiterer Klärungsbedarf, dass für das Merkmal des Zuflusses i.S. des § 11 EStG in Aufrechnungsfällen die zivilrechtliche Rückwirkung (§ 389 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) einkommensteuerrechtlich unbeachtlich ist. Steuerrechtlich kommt es nicht auf den Zeitpunkt der sog. Aufrechnungslage an, sondern auf den Zeitpunkt der durch die Aufrechnungserklärung bewirkten Leistung (, BFHE 175, 439, BStBl II 1995, 121 unter II. 3. c). Entsprechendes gilt für den gleichen Grundsätzen folgenden Abfluss (herrschende Meinung, vgl. Trzaskalik in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 11 Rz C 10, m.w.N.).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 1315 Nr. 7
NAAAC-46282